Gute und schlechte Patrioten
Die Plattform Heimat hat ein ernüchterndes Wahlergebnis eingefahren. Wie es für die Plattform nun weitergeht. Und: Wie die Plattform zu einer möglichen Koalition mit der Lega steht.
Tageszeitung: Herr Epp, die Wahlen sind für die Plattform Heimat sehr ernüchternd ausgefallen…
Michael Epp: Das stimmt, da brauchen wir uns gar nichts schönzureden. Aber ich muss schon noch einmal unterstreichen, dass das Projekt Plattform Heimat keine Wahlaktion war und wir deshalb auch nicht strategisch vorgegangen sind wie andere Parteien. Mit Daniel Alfreider hat es aber immerhin ein Kandidat, welcher der Plattform angehört, in den Landtag geschafft.
Warum konnte man mit volkstumspolitischen Themen bei den Wählern nicht punkten?
Dieses Phänomen hat ja nicht nur die Plattform Heimat getroffen, sondern auch Parteien wie die Süd-Tiroler Freiheit oder die Freiheitlichen. Ich denke, dass die Wähler das Thema Migration mehr berührt hat als wahre Heimatthemen und aus diesem Grunde haben einige sicher die Lega gewählt. Dieses Wahlverhalten ist nicht nur beeindruckend sondern gar besorgniserregend, da die Südtiroler lieber einer nationalen Partei ihre Vorzugsstimme schenken. Als Plattform wollten wir aber auf diese Schiene der Migrationsproblematik verzichten. Wir stehen für etwas und nicht gegen jemanden. Martin Federspieler hat das klipp und klar von Anfang an vorgelebt.
Also interessiert sich die moderne Gesellschaft für volkstumspolitische Themen einfach nicht mehr…
Ich bin der Meinung, dass in einer globalisierten, modernen Gesellschaft volkstumspolitische Themen sehr wohl für Interesse sorgen können. Lokale volkstumspolitische Themen wurden dieses mal allerdings von der Migrations- und der Sanitätsproblematik überschattet. Ein Schütze der vielleicht ein Bauer ist, wählt zuerst Bauernkandidaten. Martin Federspieler war definitiv nicht zu unsichtbar – er ist eben keiner, der im letzten Moment nur um einige Stimmen zu fischen mit populistischen Aussagen oder gar menschenverachtende Aussagen punkten wollte. Zudem kann man auch nicht sagen, dass er eine starke Unterstützung von der Partei bekommen hat.
Nicht nur die Plattform Heimat hat bei den Wahlen SVP-intern schlecht abgeschnitten. Auch andere Gruppierungen wie die Arbeitnehmer klagen über ihr Abschneiden. Ist die SVP überhaupt noch eine Sammelpartei?
Ich bin ein positiv denkender Mensch und sehe auch in diesem Falle das Glas halbvoll und nicht halbleer. Die SVP ist auf jeden Fall eine Sammelpartei: Arbeitnehmer, Landwirtschaft, Wirtschaft, Jugend, Senioren, alles ist vertreten – was will man mehr? Ich bin mir sicher, dass dieser Landtag und die Landesregierung gut arbeiten werden. Bis zum Schluss muss aber immer eines zählen: Südtirol! Südtirol zuerst! Und wenn es drauf ankommt, sind wir in diesem Land immer noch zusammen gestanden – das ist einfach eine Tiroler Tugend (lacht).
Von den anderen Parteien wurde die Plattform Heimat von Anfang an kritisiert. Wie geht es jetzt weiter?
Die Plattform Heimat wurde gegründet, um das Thema intern in der Partei wieder bewusster anzusprechen und nicht unbedingt nach außen, deshalb habe ich die Kritik der anderen von Anfang an nicht verstanden. Eigentlich müssten sie unsere Aktion ja begrüßen, wenn es ihnen ehrlich um die Sache geht. Mich stört es ja sowieso, wenn ich mitanhören muss wie gewisse „Patrioten“ in diesem Land einen richtigen Tiroler nach seinem Parteikartel einteilen. Bin ich kein Tiroler weil ich SVPler bin, mich jedoch seit meiner Jugend voll und ganz in verschiedenen Bereichen für unser Land und seine Traditionen einsetze? Ist ein Musikant, der Jahr ein Jahr aus das kulturelle Dorfleben mitprägt und mitgestaltet ein schlechterer Tiroler als ein Schütze? Ich kann diesen Sch… ehrlich gesagt nicht mehr hören. Wir sind ja fast schon schlimmer und zerstrittener als die italienischen Parteien in Südtirol. Bei dieser Wahl gab es die vom Strache – sowieso die dümmste Aussage die ich im Wahlkampf gehört habe – gewünschte Watschen für die gesamte Volkstumspolitik in Südtirol und nicht für die SVP.
Was passiert nun mit der Plattform Heimat? Ihre Kritiker warten nur darauf, dass jetzt alles zusammenbricht und sich die SVP erst in 5 Jahren wieder auf die Plattform besinnt…
Totgesagte leben bekanntlich länger und ich denke, dass die anderen vor der eigenen Haustür genug zu kehren haben. Vor den Wahlen ist nach den Wahlen. Unsere Arbeit beginnt jetzt. Jetzt erst Recht! Wir haben sehr positive Rückmeldungen vor den Wahlen erhalten und sogar nach den Wahlen haben sich Parteimitglieder an uns gewandt und ihre Mitarbeit angeboten. Wir werden uns demnächst zusammensetzen und uns strukturieren. Wir werden versuchen, Landtagsabgeordnete für das Projekt zu gewinnen, denn mit Vallazza, Kuenzer, Locher und einigen anderen haben wir immerhin Vertreter, die bereits des Öfteren bewiesen haben, dass sie zur Sache stehen.
Konkret heißt das?
Ich denke, dass es wichtig ist das Thema Heimat und Volkstumspolitik nicht zu vernachlässigen, auch wenn bei den Wahlen damit nicht viel zu holen war. Auch die mit der aktuellen Regierung in Rom verbundenen Risiken dürfen nicht unterschätzt werden. Wir sehen schon einige brisante Themen für die Plattform, vor allem wenn es – mangels Alternative – zur Koalition mit der Lega und damit zu einer gefährlichen Umklammerung durch die Lega in Italien, in der Region und auch in Südtirol kommt. Wir fordern, dass dem künftigen Koalitionspartner eine Zusicherung abverlangt wird, dass im Falle eines Europausscheiden Italiens, diese den Weg der Selbstbestimmung für Südtirol unterstützen. Wir verlangen, dass die gesetzliche Regelung der Toponomastik ins Koalitionsabkommen aufgenommen wird. Ebenso fordern wir die Zusicherung, die Einführung alter Tiroler Feiertage zu unterstützen und insgesamt sich zu einem Föderalismus in Italien im Sinne der Subsidiarität zu bekennen.
Interview: Lisi Lang
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