Niederschmetterndes Urteil
Große Niederlage für die Gemeinde Sterzing: Das Verwaltungsgericht hat den Rekurs der Aspiag großteils angenommen. Die Handelskette muss weder das Hotel errichten, noch kann die Gemeinde die 1,8 Millionen Euro für den Hotelbau kassieren.
von Erna Egger
Ein Streitpunkt, der seit Jahren die Gemüter in Sterzing erhitzt: Der Raumordnungsvertrag und die Zusatzvereinbarungen zwischen der Gemeinde Sterzing und der Aspiag haben von Anfang an für Kontroversen gesorgt. Dem Bürgermeister Fritz Karl Messner ist viel Kritik um die Ohren geflogen.
„Die Gemeinde hat sich von der Aspiag über den Tisch ziehen lassen.“ „Dieser Vertrag hat mehr Löcher wie ein Schweizer Käse.“ Das sind nur einige Vorwürfe, die die Opposition und die Kaufmannschaft in den letzten Jahren vorbrachten.
Das jetzige Urteil des Verwaltungsgerichtes gibt den Kritikern nun recht.
Aber von Anfang an: 2010 wurde der umstrittene Raumordnungsvertrag zwischen der Gemeinde Sterzing und der Aspiag vom Gemeinderat genehmigt.
Der Inhalt: Die Aspiag Service GmbH erhält die Genehmigung, den Despar im Ortszentrum um 300 Meter zu verlegen und die erweiterte Verkaufsstelle zwischen der Sterzinger Eishalle und der Staatsstraße anzusiedeln.
Im Gegenzug zur Genehmigung der Verlegung und Erweiterung hat die Aspiag als Gegenleistung vertraglich zugesichert, einen Spielplatz, Parkplätze und einen Kreisverkehr bei der Feuerwehrhalle – Kreuzung Staatsstraße mit Jaufenstraße zu errichten, sowie den Radweg von Wiesen Richtung Norden mit einer Fußgängerunterführung anzubinden.
Kernstück des Abkommens war jedoch die Errichtung eines Hotels der Kategorie Drei-Sterne-Superior mit 100 Zimmern bzw. 200 Betten in unmittelbarer Nähe der neuen Filiale.
Der Raumordnungsvertrag wurde besonders von der Kaufmannschaft und der Opposition im Gemeinderat kritisiert.
Effektiv hat die Aspiag mit dem Bau des neuen Eurospars sehr schnell begonnen. In der grünen Wiese wurde auf einer Verkaufsfläche von 1.250 Quadratmetern der neue Supermarkt errichtet, im Dezember 2013 war die neue Filiale fertiggestellt. Noch im Oktober 2012 dementierte die Aspiag Gerüchte, nachdem sie den Raumordnungsvertrag samt Hotelbau nicht einhalten wolle.
Der Kreisverkehr, der Radweg, die Unterführung zur angrenzenden Sportzone, sowie ein Kinderspielplatz wurden effektiv auch umgesetzt.
Nicht in Angriff genommen wurde aber der Bau des Hotels. Bürgermeister Fritz Karl Messner verweigerte deshalb die Ausstellung der Benutzungsgenehmigung für den Eurospar.
2013 verhandelten die Vertragspartner neu: Im Dezember wurde im Gemeinderat die umstrittene Vertragsänderung genehmigt.
Der Inhalt des Beschlusses: Die Aspiag darf den Eurospar eröffnen – erklärt sich im Gegenzug aber bereit, eine Bankgarantie von 1,8 Millionen zu hinterlegen. Dafür bekommt sie für den Bau des Hotels einen Aufschub von fünf Jahren. Für jedes Jahr, das der Gemeinde verloren geht, bekommt sie eine Entschädigung von 50.000 Euro. Sollte das Hotel auch in fünf Jahren noch nicht gebaut sein, bekommt die Gemeinde auch die volle Summe der Bankgarantie.
Die Benutzungsgenehmigung für den Eurospar wurde daraufhin ausgestellt, das Filiale ist seit 18. Dezember 2013 offen.
50.000 Euro kassierte die Gemeinde Sterzing im Februar 2014, weitere 100.000 Euro plus Zinsen in Höhe von 3.000 Euro im Juni 2016. Dann stellte die Aspiag die Zahlungen ein und beantragte beim Verwaltungsgericht die Annullierung der Zusatzvereinbarung, weil ein Hotel nicht Gegenstand eines Raumordnungsvertrages sein könne.
Mit dem Rekurs forderte sie zusätzlich die getätigten Zahlungen in Höhe von 153.000 Euro und die Bankgarantie zurück.
Ende dieses Jahres sind die fünf Jahre abgelaufen. Laut ursprünglichem Vertrag könnte die Gemeinde nun die Bankgarantie in Höhe von 1,8 Millionen Euro einlösen.
Daraus wird nun aber nichts. Das Gericht gab dem Rekurs der Aspiag großteils recht. Die Zusatzvereinbarung wurde annulliert. Die Gemeinde muss der Handelskette sowohl die 50.000 Euro, ausbezahlt im Februar 2014, und die 103.172,6 Euro, ausbezahlt am 14. Juni 2016, rückvergüten.
Zudem muss die Bankgarantie in Höhe von 1,8 Millionen Euro zurückgegeben werden. Das Gericht kam zum Schluss, dass das Hotel nicht verpflichtend gebaut werden muss. Es erachtete die bereits errichteten Infrastrukturen, wie den Kreisverkehr, den Spielplatz, den Radweg, sowie eine Fußgängerunterführung im Wert von rund 1,5 Millionen als Ausgleich für ausreichend.
Eine große Watschen für die Gemeinde Sterzing.
Hartmann Reichhalter, Anwalt der Gemeinde, will das Urteil ins rechte Licht rücken: „Es ist keine große Niederlage“, sagt er. „Ich betrachte den Urteilsspruch mit einem lachenden und einem weinenden Auge.“
Zwar müsse die Gemeinde die bereits ausbezahlten Summen rückerstatten. „Das ist bedauerlich“, kommentiert der Anwalt. Aber man müsse auch den Urteilsspruch zu den öffentlichen Leistungen betrachten: Für die Unterführung wurden seitens der Aspiag ursprünglich 250.000 Euro einkalkuliert. Schließlich schlug der Bau mit Kosten von 1,1 Millionen Euro zu Buche.
„Wir haben bestätigt bekommt, dass die Mehrkosten für die Unterführung in Höhe von 850.000 Euro die Aspiag übernehmen muss“, so Reichhalter.
Wird die Gemeinde das Urteil akzeptieren? „Ich hatte noch keine Gelegenheit mit meiner Mandantschaft Rücksprache zu halten. Es besteht die Möglichkeit, Berufung beim Staatsrat in Rom zu hinterlegen. Ich werde der Gemeinde empfehlen, in Berufung zu gehen. Bei Raumordnungsverträgen besteht nämlich eine derart komplexe Rechtslage, dass ein zweites Urteil sicherlich von Vorteil wäre. Die Gemeinde hätte dann Rechtssicherheit“, kommentiert der Anwalt.
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Kommentare (9)
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esmeralda
Dass der Anwalt den Rekursweg vorschlägt, war nicht anders zu erwarten.
tiroler
Warum kommt diese Nachricht just nach den Wahlen ans licht und nicht vor dem 21.Oktrober? Wäre doch eine Superwahlwerbung f die SVPD gewesen!
sepp
weil die wahlschafe nur kurz gedächnis haben und bis zu den nächsten wahlen alles vergessen du und ban letzten landesrat dieser dinge isch mehr gelaufen nett nur das
besserwisser
das hat mit wahlschafe nix zu tun. vertragsurbanistik muss man einfach abschaffen. punkt. und das haben auch die oppositionsparteien nicht vor.