Du befindest dich hier: Home » Kultur » I will fly again

I will fly again

Skulpturen von Michael Kucera in der Galerie Antonella Cattani: Vollgesogen mit Lebenswirklichkeit.

Exzess an Körperlichkeit: Michael Kucera stellt in der Galerie Antonella Cattani neue Skulpturen aus.

Michael Kuceras künstlerischer Weg war nie geradlinig. Anfang der 1990er Jahren malte er in altmeisterlicher Schichten- und Lasurmalerei Bilder von phantastischen Welten im Stil des Wiener Phantastischen Realismus. Fantastische Vision und realistische Dingbeschreibung, das Unbewusste und das Bewusste,  gingen wie bei seinem Lehrer Rudolf Hausner eine unauflösliche Einheit ein. Nach einer Phase nachmalerische Abstraktion, reliefartigen, in den Raum ausgreifenden Bildkonstruktionen und Faltungen, vollzieht er in den vergangenen vier Jahren einen veritablen body turn, eine wie aus dem Nichts kommende Hinwendung zur plastischen Figurendarstellung und zum menschlichen Körper.

Ein Exzess an Körperlichkeit tut sich in Kuceras neuen Skulpturen auf. Lebensgroße Abformungen aus Kunstharz nimmt er von seinem eigenen Körper in einem Akt bildhauerischen Verismus´ ab, um die Figur dem realen Künstlerkörper so exakt wie möglich anzugleichen. Die Plastiken sind qua Abdruck mit Lebenswirklichkeit quasi vollgesogen, sie evozieren oder suggerieren nicht bloß eine direkte Verbindung zur Künstlerperson, sondern stellen sie faktisch her.

So sehr Kuceras Skulpturen auf den ersten Blick wie Entblößungen persönlicher Wundmale wirken, sie bleiben nicht dabei stehen. Sein Körpermaterial ist nicht zuletzt Ausdruck der Gebrochenheit sozialer und politischer Ordnungen nach dem Börsencrash des Jahres 2008 und der darauf folgenden Wirtschaftskrise. Die Werte und Diskurse der ökonomischen und politischen Sphäre – Neid, Hass, Missgunst und Habgier – bilden sich in den hochgradig subjektiven Gefühlswelten des privaten Selbst ab.

Bei aller Klage über den Zustand der Welt und das versehrte Leben setzt sich am Ende doch der Lebenswille durch.  Die Skulptur „I will fly again“ handelt von der Freiheit des trotz allem. Wie mit der Fähigkeit barocker Heiliger zur Levitation begnadet, erhebt sie sich aller Schwerkraft entbunden über den Boden.

Termin: Eröffnung am 26. Oktober um 18.30 Uhr in der Galerie Antonella Cattani, Bozen (Rosengartenstraße 1/A). Bis 31. Dezember. 

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentar abgeben

Du musst dich EINLOGGEN um einen Kommentar abzugeben.

2024 ® © Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH/Srl Impressum | Privacy Policy | Netiquette & Nutzerbedingungen | AGB | Privacy-Einstellungen

Nach oben scrollen