Bischof trifft Kunst
Mit Kunstschaffenden hat sich Bischof Ivo Muser zum Fest des hl. Lukas, des Patrons der Künstler, in Klausen getroffen und dabei Parallelen zwischen Kunst und Glauben gezogen: „Beide zielen darauf ab“, so Muser, „hinter allem Sichtbaren eine andere, tiefere Wirklichkeit aufzuzeigen“.
Kunst und Kirche forderte der Bischof auf, miteinander zu reden und voneinander zu lernen.
Um das Verhältnis zwischen Kunst und Kirche ging es gestern Abend bei der Tagung „KunstKirche“ in der Kapuzinerkirche in Klausen, zu der Bischof Muser Kunstschaffende geladen hatte. Als Leitspruch hatte Muser ein Goethe-Zitat gewählt: „Die Kunst ist eine Vermittlerin des Unaussprechlichen.“ Darin, so der Bischof, liege der gemeinsame Nenner von Kunst, Glauben und Religion, gehe es doch stets um das Aufzeigen einer tieferen Wirklichkeit. „Einer Wirklichkeit, die nicht beschreibbar und nicht fassbar ist“, so Muser.
Der Bischof erinnerte zudem daran, dass die Kirche lange einer der größten Auftraggeber von Künstlern gewesen sei, allerdings habe sie auch meist die Inhalte vorgegeben, weshalb die Kunst nicht frei gewesen sei. „Aber die Rolle der Kunst hat sich im 20. Jahrhundert rasant gewandelt“, erklärte Muser. Sie seiautonom geworden und brauche die Kirche nicht mehr. „Kunst hat eigene Ansprüche, eigene Wahrheiten, die sich nicht mit denen der Kirche decken“, so der Bischof. Kunst wolle aufdecken, anecken, provozieren oder aufklären, sie wolle der Zeit voraus sein, eigene Maßstäbe vorgeben. „Die Kirche hingegen wird heute oft als schwerfällig, mühsam und konservativ gesehen“, sagte Muser.
Träfen Kunst und Kirche aufeinander, komme es oft zu Meinungsverschiedenheiten, zu Unstimmigkeiten und Streitfragen. Beispiele dafür gebe es auch in Südtirol, so der Bischof, der die Polemiken rund um den Kippenberger–Frosch am Kreuz unddie diesjährige Ausstellung in Karthaus nannte. Nirgends errege die Kunst so viel Widerstand – und zugleich mehr Aufmerksamkeit – als im kirchlichen oder religiösen Kontext, sagte Muser: „Aber ich bin überzeugt, dass gerade dort, wo Spannungen und Reibungen entstehen, auch das beste Umfeld für einen fruchtbaren Boden entstehen kann. Aber immer nur, wenn das Gespräch nicht verweigert, sondern von beiden Seiten gesucht, gewollt und geführt wird.“
Die Kirche brauche die Kunst in ihren breiten Facetten, so das Fazit des Bischofs, weil sie sich den Themen der Zeit stellen und sich öffnen müsse für Neues und Innovatives. Umgekehrt brauche die Kunst auch die Kirche, „denn Kunst ohne Wertehaltung, Kunst ohne Einfühlungsvermögen, Kunst ohne Rücksicht auf die Gefühle der Menschen funktioniert auf Dauer nicht“, so der Bischof. Sie müsse den Menschen leben helfen, gleich wie dies die Religion tue. „Wir Menschen brauchen mehr als nur das Vordergründige, das Funktionale, das Materielle, das, was wir haben und konsumieren können“, sagte Muser, „wir brauchen mehr, weil wir mehr sind“.
Am Ende der Veranstaltung formulierte der Bischof den Wunsch an Künstler und Kirche, miteinander zu reden und voneinander zu lernen. „Aus diesem Grund war mir dieses Treffen ein persönliches Anliegen“, so Muser, der den Austausch zwischen Kunst und Kirche zu einer regelmäßigen Veranstaltung machen will: stets am 18. Oktober, dem Fest des hl. Evangelisten Lukas, dem Patron aller Kunstschaffenden.
Neben Musers Rede standen zwei Vorträge auf dem Programm. Das Thema „Von Ahnungen und Sehnsüchten: Zum Verhältnis von Kirche und Kunst“ wurde von Jürgen Lenssen, Domkapitular des Bistums Würzburg und Leiter mehrererInstitutionen der Kunstpflege, beleuchtet: “Die Kirche war immer Trägerin von Kunst und Kultur, umgekehrt tut es der Kirche gut, sich von der Kunst inspirierenzu lassen: Kirche soll zeitgenössisch sein. Die Weite, die der Kunst eigen ist, sollteauch die Kirche auszeichnen“, so Lenssen. Don Gianmatteo Caputo, Architekt und Referent für Kulturgüter der Diözese Venedig, referierte zum Thema „Schön: Il belloillumina“.
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