„Mehr Mängel als Vorteile“
Die „Flat Tax“ würde weniger als ein Prozent der Südtiroler betreffen, sagt die Kammer der Wirtschaftsprüfer, die von stark verzerrenden Wirkungen spricht.
„Eine limitierte Flat Tax, mit mehr Mängeln als Vorteilen, die in Südtirol nach ersten Schätzungen nur wenig mehr als 4.200 Mehrwertsteuernummern betreffen würde. Weniger als ein Prozent der Bevölkerung also“, schreibt die Bozner Kammer der Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in einer Aussendung.
Auf nationaler Ebene, merken die Wirtschaftsprüfer an, würde die Erhöhung der Umsatzgrenze auf 65.000 Euro, um die begünstigte Pauschalregelung für Selbstständige mit niedrigem Einkommen anwenden zu können, maximal 593.000 Einzelunternehmen, wenig mehr als ein Prozent der Irpef-Zahler betreffen.
„Wenn man bedenkt, dass es in Südtirol 423.743 Steuerzahler gibt, würden also nur wenig mehr als 4.200 Personen von der Regelung profitieren. Wir empfehlen der Regierung und dem Parlament dringend, die Hürden zu beseitigen, die den Zugang zur Regelung erschweren und von denen stark verzerrende Wirkungen ausgehen, vor allem für die Kategorie der freiberuflichen Tätigkeiten“, sagt der Präsident der Kammer, Claudio Zago.
„Ohne die Beseitigung dieser Beschränkungen“, so Zago, „beispielsweise hinsichtlich der Beteiligung an Gesellschaften oder des Zusammenschlusses zu Sozietäten, hinsichtlich der Ausgaben für Angestellte und Mitarbeiter sowie der Ausgaben für Investitionsgüter, profitieren von der Erweiterung der Pauschalregelung, und das bei gleichem Umsatz, vor allem Kleinunternehmer und Klein-Freiberufler, die sich nicht zusammenschließen, die nicht einstellen, die nicht investieren, während solche, die dies tun, bestraft werden.“
Aber selbst wenn diese Beschränkungen beseitigt würden, gäbe es weiterhin schädigende Nebeneffekte, so die Auffassung der Wirtschaftsprüfer. Letztere haben errechnet, dass ein Freiberufler mit einem Umsatz von 65.000 Euro und pauschalisierten Kosten, die bei 22 Prozent seines Umsatzes liegen, 7.605 Euro Steuern zahlt, also 11,7 Prozent. Ein Freiberufler mit der gleichen Kostenstruktur aber mit einem Umsatz von 66.000 Euro (also knapp über der Schwelle) zahle Steuern in Höhe von 18.856 Euro, 27,4 Prozent, also zweieinhalb Mal so viel.
Die Flat Tax von 15 Prozent könnte jedoch, nach Auffassung des Nationalrats der Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, dazu dienen, der Staatskasse neue Einkünfte zu bringen. Der Regierung hat man daher einen Plan mit dem Titel „doppio 15“ vorgeschlagen: ein fester Steuersatz bei 15 Prozent für 15 Jahre für all diejenigen, die ihren Wohnsitz nach Italien verlegen, nachdem sie mindestens neun der vergangenen zehn Jahre im Ausland ansässig waren.
„Eine klare Regelung, die einfach umsetzbar ist“, kommentiert Claudio Zago. „So würden dann eben nicht nur Personen wie beispielsweise Cristiano Ronaldo profitieren, die in der ganzen Welt wirtschaftliche Interessen haben, sondern wir hätten ein wirksames Instrument, um Unternehmungen ins Land zu locken, samt der Verlagerung von Gesellschaften, Geschäftsführern und Angestellten.“
Wie der Präsident des Nationalrates Massimo Miani richtig bemerkt habe, brauche man nur an Finanzzentren wie die City of London zu denken, wo Manager mit Topgehältern sitzen. „Für ein Grenzland wie unseres würde eine solche Regelung eine noch größere Chance bedeuten. Wenn wir es schaffen würden, diese Einkommen nach Italien zu bringen, unter anderem durch die Flat Tax von 15 Prozent, würde das dem Staat enorme Einnahmen bringen. Einnahmen, die dann dazu dienen könnten, die Last aller Steuerzahler zu senken“, so Zago.
Ähnliche Artikel
Kommentare (4)
Lesen Sie die Netiquette und die Nutzerbedingungen
Kommentar abgeben
Du musst dich EINLOGGEN um einen Kommentar abzugeben.
guyfawkes
Typisch Freiberufler:
Immer schön den ruinösen Steuerwettbewerb nach unten befeuern.
andreas
Verstehe ich das jetzt richtig, dass die das Steuerdumping, welches die europäischen Staaten Milliarden kostet, jetzt nach Südtirol bringen wollen bzw. so eine Art Steueroase Südtirol möchten?
guyfawkes
Der Vorschlag würde schon ganz Italien betreffen. Offensichtlich stehen schon ganze Heerscharen von „Managern mit Topgehältern in der City of London“ bereit ihren Wohnsitz nach Italien zu verlegen…. 😉