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Die Klinkenputzer

Klinkenputzen für Wählerstimmen: Im Kampf um die Gunst der Wähler setzen SVP, Grüne und Süd-Tiroler Freiheit wieder verstärkt auf den klassischen Haustür-Wahlkampf – mit überraschend positiven Rückmeldungen.

von Matthias Kofler

Auf den ersten Blick ist es ein Anachronismus: In Zeiten des digitalen Wahlkampf-Booms mit Facebook, Twitter, Instagram und Co. haben die SVP, die Grünen und die Süd-Tiroler Freiheit entschieden, ihre Landtagskandidaten durchs Land zu schicken, um sie an den Haustüren fremder Menschen klingeln zu lassen.

Für viele Wähler in Südtirol ist es ein völlig ungewohntes Gefühl: Plötzlich stehen die Politiker vor der Tür, wollen sich vorstellen und für sich werben. Das Klinkenputzen – das klassische aller Wahlkampf-Instrumente – feiert im Jahr 2018 sein großes Comeback. Die Parteien suchen wieder das persönliche Gespräch mit dem Wähler – ob am Wahlkampfstand vor dem Supermarkt, in der Bürgersprechstunde oder eben an der Haustür.

Die Rückmeldungen der „Besuchten“ fallen bislang überraschend positiv aus. „Die Hausbesuche sind zwar immer sehr zeitaufwendig, aber sie kommen gut an“, freut sich Bernhard Zimmerhofer von der Süd-Tiroler Freiheit. Es werde von der Bevölkerung geschätzt, dass man sich im heutigen Computerzeitalter noch Zeit für ein persönliches Gespräch nehme. „Ab und zu trifft man dabei auch noch auf einen prominenten Zeitgenossen, der die Ideen der Süd-Tiroler Freiheit voll unterstützt, und das ist dann doppelt motivierend für unsere politische Arbeit“, verweist Zimmerhofer auf das jüngste Aufeinandertreffen mit dem bekannten Extrembergsteiger Hans Kammerlander in Ahornach.

Auch SVP-Wahlkampfmanager Thomas Widmann ist ein Fan des Klinkenputzens: Seit Mittwoch touren die 35 Edelweißkandidaten durchs Land und buhlen um Wählerstimmen. An insgesamt neun Tagen werden Arno Kompatscher, Philipp Achammer und Co. das ganze Land besuchen. „Sei auch du dabei, wenn wir in deinem Bezirk unterwegs sind“, wirbt Thomas Widmann für seine „Südtirol-Tour.

Die erste Station war am Mittwoch im Wipptal: Begleitet von Bürgermeistern, Vizebürgermeistern, Gemeindereferenten und Ortsobleuten machte das rund 25-köpfige Team (ein paar Edelweißler waren verhindert) in Wiesen, Pfitsch, Franzensfeste und Sterzing Halt. „Unsere Treffen mit den Leuten waren ganz sympathisch – die Stimmung ist super“, schwärmt der Unterlandler Kandidat Oswald Schiefer. Die Entscheidung, wieder stärker auf einen persönlichen Wahlkampf zu setzen, wird von den Kandidaten begrüßt. Sie bekommen dadurch die Möglichkeit, den Menschen den Puls zu fühlen und zu schauen, was den potentiellen Wählern besonders unter den Fingernägeln brennt. Die Top-Themen im Wipptal waren – wenig überraschend – die Sanität und das Sterzinger Kleinspital. „Es soll nicht heißen, dass die Leute zu uns kommen müssen. Deshalb kommen wir zu ihnen“, sagt Schiefer. Und hie und da springt für die Wähler auch „a Glasl” heraus, das ihnen die Kandidaten im Gasthaus spendieren.

Jasmin Ladurner ist bereits seit Mitte September auf Tour: „Auf an Ratscher … mit enk“, umschreibt die JG-Kandidatin ihren Von-Tür-zu-Tür-Wahlkampf. Ladurner versucht, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen, um zu hören, „wo der Schuh drückt“. Sie nennt es bewusst: „Politik von den Leuten für die Leute.“

Das Face-to-face-Prinzip finden auch die Grünen gut: Am Dienstag machten Brigitte Foppa und Co. in Neumarkt und in der Bozner Italienallee den Auftakt ihres Haustür-Wahlkampfs. „Wir haben uns hierzu bei den Tiroler Freunden informiert, die bei den vergangenen Wahlen sehr gut abgeschnitten hatten. Einen großen Anteil am Erfolg hatte der Haustürwahlkampf“, berichtet Frontfrau Foppa. Deshalb habe man die Idee nun für den Landtagswahlkampf übernommen.

Auch bei den Grünen sind die ersten Erfahrungen mit dem Klinkenputzen durchwegs positiv: „Es macht großen Spaß. Die Menschen sind zwar im ersten Moment etwas überrascht, wenn wir vor ihrer Tür stehen. Draußen auf der Straße haben die Leute ja meist ein ganz anderes Bild von den Politikern. Wir werden aber fast immer freundlich aufgenommen. Die Gespräche sind belebend.“

Als Werbegeschenk gibt es Kräutertee. Wenn zu Hause niemand anzutreffen ist, dann hinterlassen die Grünen einen Anhänger auf der Türklinke. Brigitte Foppa und Co. wollen den Haustür-Wahlkampf nun bis zum Urnengang am 21. Oktober durchziehen.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (13)

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  • erich

    Der Hauptgrund ist aber ein anderer, seit die Gehälter halbiert wurden, wurden auch die Werbung halbiert.

  • sepp

    normaler weise gehendie bettler hausieren

  • meintag

    Ganz nach dieser Art kam ich diese Woche zufällig an einer solchen Veranstaltung vorbei. Ein politisch sehr Motivierter des Ortes der sonst immer grüsst hatte im Beisein eines Politikers dabei zwar Notiz von mir genommen aber kein Interesse mich zu grüssen. Nach einem kurzen Augenkontakt hat Er es vorgezogen mit erwähntem Politker in der Menge zu entschwinden. Nun ich kanns verkraften.

  • asterix

    Ja dann putzt mal schön. Nach fünf Jahren gutbezahltem Dornröschenschlaf tut euch ein Bisschen Bewegung sicher gut. Bei mir braucht ihr aber nicht Putzen. Ich mache nicht jedem auf.

  • pingoballino1955

    Mein Gott wie naiv seid ihr SVPler,meint ihr wer ein „Glasl“ gratis spendiert kriegt,wählt euch???Vieleicht sagt er es bis er ausgetrunken hat und dann „bye bye“ Diese ALTMETHODEN von 1960 könnt ihr euch sparen,in Zukunft zählen positive Fakten für die Bürger/innen und nicht Skandale-wie Sanität-Post-Rentenskandal-Sel und viele andere Skandale und Skandälchen! Es scheint mir euer Wahlmanager ist in den 60igern hängen geblieben!

    • leser

      Pingopallino
      Schön wärs wenns so ware aber due mehrheit wählt duese pagliacci
      Die einbildung mit dem besitz einer stimme als wichtige wesen eine rolle zu spielen ist halt doch stärker als das realitätsbewusstsein

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