„Keine gute Figur“
Renate Gebhard rechtfertigt die Entscheidung der SVP-Parlamentarier, bei der Abstimmung zum Doppelpass die Aula verlassen zu haben – und lästert über Michaela Biancofiores peinlichen Showauftritt.
Tageszeitung: Frau Gebhard, warum haben die drei SVP-Kammerabgeordneten am Donnerstag die Aula verlassen, als das Parlament über die Anträge zum Doppelpass für Südtiroler abstimmte?
Renate Gebhard: Die SVP hat an den Abstimmungen nicht teilgenommen und geschlossen die Aula verlassen, dies um ein Zeichen zu setzen: Zum einen gegen die nationalistischen Töne, die vor allem seitens Forza Italia und Fratelli d‘Italia angeschlagen wurden. Aber auch, um zu zeigen, dass wir uns an diesen politischen Spielchen nicht beteiligen. Schlussendlich aber auch deshalb, und das haben wir immer wieder betont, weil es gar keinen offiziellen Vorschlag seitens Österreichs gibt, über den man inhaltlich diskutieren könnte.
Statt sich zu enthalten, hätten Sie aber auch mit Nein stimmen können …
Ja, das war durchaus auch eine Überlegung. Doch wir wollten hier – wie gesagt – ein Zeichen setzen. Es wurde ausschließlich aufgrund von Zeitungsartikeln diskutiert, da Österreich bislang keinen konkreten Vorschlag vorgelegt hat. Michaela Biancofiore hat aus reinen Wahlkampfzwecken diese Debatte angezettelt – und alle Fraktionen im Parlament sind ihr da aufgesessen. Wir als SVP wollten mit unserer Haltung aufzeigen, dass wir hier nicht mittun.
Die Doppelpass-Debatte in der Kammer war sehr laut und emotionsgeladen. Was war Ihr Eindruck: Waren die Wortmeldungen eher gegen die österreichische Regierung oder gegen Südtirol gerichtet?
Die Stimmung im Parlament war in erster Linie gegen Österreich gerichtet. Einzig die Abgeordneten von Fratelli d’Italia, die mit drei Prozent glücklicherweise nur eine verschwindend kleine Gruppe im Parlament bilden, machten auch gegen Südtirol Stimmung. Der Antrag der Regierungsmehrheit ist vergleichsweise moderat gehalten. Michaela Biancofiore zog zwar ihre Show ab, doch im Anschluss kamen Kollegen von Forza Italia zu mir, die Biancofiores Auftritt mit Kopfschütteln kommentierten. Biancofiore hat hier nicht die beste Figur abgegeben, doch das ist nicht weiter verwunderlich. Was aber sehr wohl bedenklich ist, ist die Tatsache, dass es nicht möglich zu sein scheint, dass zwei benachbarte europäische Staaten das Thema Doppelpass auf einer sachlichen Ebene diskutieren können.
Ihre Partei ist in der Doppelpass-Frage gespalten wie nie: Einige setzen sich – auch im Wahlkampf – offensiv für eine Doppelstaatsbürgerschaft ein, die anderen drücken auf die Bremse. Steht das Verhalten der SVP-Kammerabgeordneten am Donnerstag nicht sinnbildlich für diese Zerrissenheit?
Die Linie der SVP ist klar: Der Doppelpass ist nach wie vor ein Herzensanliegen von symbolischem Charakter im europäischen Geiste und im Sinne des Miteinanders und des friedlichen Zusammenlebens, wobei für uns ganz klar ist, dass ein eventueller Weg nur im Einvernehmen zwischen Österreich und Italien beschritten werden kann.
Interview: Matthias Kofler
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Kommentare (14)
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leser
Nach den wahlen spricht kein mensch mehr über den doppelpass
imago
Ein Einvernehmen in Sachen Doppelpass zwischen Österreich und Italien so wie es die SVP vertretet wird es nie geben. Ich glaube den Österreichern tut es jetzt schon leid.
criticus
Ihr Kommentar in Rom war so, als würden Sie den Politikern in Wien die Schuld für den Doppelpass zuschieben. Warum haben Sie die Abgeordneten nicht gefragt, weshalb Italien in anderen Ländern den Italienern einen Pass gegeben hat? Politik ist geben und nehmen, aber ein bisserl Mut hättets ihr (die SVP) schon zeigen können.
No a Piachl des dohoam manondlieg! (: