Du befindest dich hier: Home » News » „Bin nicht nachtragend“

„Bin nicht nachtragend“

Roland Tinkhauser (Foto: F)

Roland Tinkhauser wird mit keiner eigenen Liste zu den Landtagswahlen antreten und auch nicht für das Team Köllensperger kandidieren. Wie der Ex-Freiheitliche die politische Stimmung im Lande einschätzt.

von Artur Oberhofer

Die Entscheidung ist gefallen. Roland Tinkhauser wird nun doch nicht mit einer eigenen Liste bei den Landtagswahlen antreten. „Das Kapitel ist für mich abgeschlossen“, sagt der Ex-Freiheitliche. Er wolle sich jetzt voll und ganz auf seinen Betrieb konzentrieren.

Ist es ein Abschied für immer? Oder nur eine Auszeit von der Politik?

Roland Tinkhauser wagt diesbezüglich keine Prognosen. „Fünf Jahre vorauszudenken, ist immer schwierig, andererseits sollte man niemals nie sagen.“ Eine Rückkehr in die Politik mag Tinkhauser nicht kategorisch ausschließen. 

TAGESZEITUNG Online: Herr Tinkhauser, warum haben Sie das Projekt einer eigenen Liste fallengelassen?

Roland Tinkhauser: Es gab viele Leute, die mich dazu gedrängt haben und die mich auch tatkräftig unterstützt hätten. Aber die Zeit für ein solches Projekt wäre einfach zu knapp gewesen. Und nur auf Teufel komm raus eine Liste zu machen, das wollte ich nicht. Das wäre nicht seriös gewesen.

Sie gehen mit Verbitterung?

Nein. Ich nehme zur Kenntnis, dass mich die Freiheitlichen von der Liste gestrichen haben. Ich nehme das so an.

Also doch ein bisschen verbittert?

Nein, denn ich hatte zehn tolle Jahre in der Politik, wobei die Legislaturperiode 2008-2013 ganz anders war als die letzte.

Warum?

Weil man 2008-2013 voll Oppositionspolitik machen konnte. Ich denke da an den SEL-Skandal. In der abgelaufenen Legislaturperiode war das nicht mehr möglich …

Weil die Blauen nach dem Politikerrenten-Skandal und Penisring-Affäre zu sehr mit sich selbst beschäftigt waren?

Auch. Aber ich registriere doch mit Genugtuung, dass ich gar einige Sachen durchbekommen habe. Ich sehe jetzt beispielsweise, dass Parteien Wahlwerbung machen für die Sicherheit an den Bahnhöfen. Die Errichtung der Sicherheitsschleusen an den Bahnhöfen war meine Idee. Ich habe auch frühzeitig auf die Gefahren des „airbnb“-Phänomens hingewiesen und aufgezeigt, dass es für den Wohnungsmarkt und für die Hotellerie schwierig wird, wenn jeder Private Pension spielen kann. Diesbezüglich habe ich ebenfalls Beschlüsse durchbekommen. Ich will damit sagen: Die großen Aufreger waren es vielleicht nicht, aber ich habe viele kleinere Dinge durchgebracht. Und das erfüllt mich mit Genugtuung. Was die politische Arbeit angeht, bin ich also nicht verbittert …

Und was das Zwischenmenschliche angeht?

Ach, schauen Sie: Ich habe die Fähigkeit, Leute einfach „wegzulegen“, die mich enttäuscht haben. Ich bin nicht lange nachtragend. Das bringt mir nichts.

Roland Tinkhauser galt lange als der politische Ziehsohn und Kronprinz von Pius Leitner.

Ulli Mair (mit Roland Tinkhauser) auf der Rednertribüne

Diese Freundschaft ist zerbrochen.

Roland Tinkhauser war bereits nach dem Politiker-Rentenskandal auf Distanz zu Pius Leitner gegangen.

Als er dann parteiintern Aufklärung über bestimmte Geldflüsse begehrte, eskalierte die Situation – und der Ehrenobmann erwirkte bei der neuen Führung den Rausschmiss Tinkhausers.

Nach den Enthüllungen der TAGESZEITUNG zu den merkwürdigen Geldflüssen und Immobiliengeschäften hat auch Pius Leitner seine Kandidatur zurückgezogen.

TAGESZEITUNG Online: Herr Tinkhauser, warum sind Sie nicht Obmann der Blauen geworden?

Roland Tinkhauser: Ich habe mich nie als Kronprinz oder als prädestinierter Obmann gesehen. Ich wollte nie Obmann sein. Ich habe mich immer als Politiker gesehen, der bei den Freiheitlichen die wirtschaftsliberale Flanke abdeckt. Zwar glauben jetzt einige in der Partei, diese Flanke abdecken zu können. Man wird sehen, ob die WählerInnen das auch so sehen.

Warum ist die Freundschaft zwischen Ihnen und Pius Leitner in die Brüche gegangen?

Es stimmt: unser Verhältnis war eng und gut. Warum es zerbrochen ist? Ich denke, ich habe hinter den Kulissen zu klar ausgedrückt, dass das, was innerhalb dieser Partei abläuft, in krassem Widerspruch zu dem steht, was wir nach außen propagieren. Mehr möchte ich nicht sagen. Wer verstehen will, der versteht.

Wie beurteilen Sie die Stimmung rund um die Blauen nach dem Leitnerschen Finanzskandal?

Ich beobachte eine zweigeteilte Stimmung. Die großen Themen sprechen sicher für die Freiheitlichen …

Sie meinen die Themen Einwanderung und Sicherheit?

Richtig. Man wird jetzt sehen müssen, ob die WählerInnen es der Partei verzeihen, dass es wieder einmal einen internen Streit vor Wahlen gegeben hat. Viel hängt auch davon ab, wie die Kandidaten ab Listenplatz 4 draußen wahrgenommen und akzeptiert werden. Es kann durchaus sein, dass die Freiheitlichen ein gutes Wahlergebnis erzielen …

… weil die Blauen einen Stammwähler-Sockel haben, denen die Skandale egal sind?

Die Freiheitlichen haben einen Sockel, die – wenn auch im Zweifel – das Kreuz bei den Blauen machen.

Nun ist es so, dass auch andere Parteien – wie die STF und zum Teil auch die SVP – die Themen Einwanderung und Sicherheit fahren. Glauben Sie, dass es Wähler gibt, die diesmal vom Schmied zum Schmiedl wechseln könnten?

Wohl kaum. Ich denke, die meisten WählerInnen suchen das Original und nicht die Kopie. Die Freiheitlichen sind jetzt eine Marke, das Listenzeichen ist bekannt. Ich kann nur von mir sprechen: Ich habe damals ja auch Freiheitliche gewählt – trotz des Waldner-Mordes.

Die F-Wähler sind nicht nachtragend?

(lacht) Sie verzeihen viel!

Wie steht die SVP da?

Die SVP wird in den Umfragen mit knapp unter 40 Prozent gehandelt. Ich denke, da ist viel Kalkül mit dabei. Die SVP verhält sich auffällig ruhig. Ich glaube, dass die SVP zum Schluss das bessere Ergebnis einfahren wird, als dies die Umfragen jetzt glauben machen. Die Volkspartei könnte es ganz knapp nicht derpacken, aber sie wird am Ende sicher bei der Absoluten herumkratzen. Davon bin ich überzeugt.

Welche Chancen räumen Sie der Liste Köllensperger ein?

Die Chancen sind nicht schlecht. Köllensperger kann Wählerpotential der Freiheitlichen auffangen, und zwar jene aus dem Macht-braucht-Kontrolle-Lager. Bei den Ausländer-raus-Freiheitlichen hat er keine Chance. Um im Teich der Blauen zu fischen, muss Köllensperger aber noch Kandidaten finden, die für einen freiheitlichen Wähler wählbar sind. Bis jetzt sehe ich keinen einzigen Kandidaten.

Warum haben Sie ein Kandidaturangebot von Paul Köllensperger ausgeschlagen?

Weil ein Wechsel unter diesen Vorzeichen nicht sinnvoll wäre.

Ist Ihnen die Liste zu linkslastig?

Maria Kuenzer und Roland Tinkhauser

Sagen wir es so: Ich sehe die Liste nicht als wirtschaftsliberale Liste. Aber dennoch sage ich: Wenn es Köllensperger gelingt, ein paar Kandidaten zu finden, die auch potentielle F-Wähler ansprechen, dann hat er ein großes Potential.

Wie beurteilen Sie die Grünen?

Die Grünen sehe ich schwach. Bei den Grünen ist es ähnlich wie bei den Blauen: Ihnen bricht der liberale Hans Heiss weg – und übrig bleiben die Fundis.

Die Süd-Tiroler Freiheit ist stark unterwegs?

Die STF hat – gleich wie die Freiheitlichen – einen Stimmen-Sockel. Sie arbeiten nicht schlecht, sie haben keinen Stunk im eigenen Haus. Es kann durchaus sein, dass WählerInnen im volkstumspolitischen oder im Mitterechts-Lager diesmal sagen: Geben wir diesmal der STF eine Chance. Ich traue der STF gut und gerne zu, dass sie diesmal ein drittes Vollmandat, vielleicht sogar ein viertes Restmandat bekommen.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (14)

Lesen Sie die Netiquette und die Nutzerbedingungen

Kommentar abgeben

Du musst dich EINLOGGEN um einen Kommentar abzugeben.

2024 ® © Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH/Srl Impressum | Privacy Policy | Netiquette & Nutzerbedingungen | AGB | Privacy-Einstellungen

Nach oben scrollen