Im Tschumpus
Die dritte Auflage des Tschumpus-Sommers ist Geschichte: zu 30 Aufführungen kamen an die 4000 Besucher.
Nach 2016 und 2017 waren wir heuer gespannt darauf, ob das runderneuerte Programm 2018 ebenso gut ankommen würde wie die Vorgänger, schreibt Georg Käser.
Alle Erwartungen seien übertroffen worden:
Die Tschumpus-Festspiele hinter Gittern der Edition 2018 haben bewiesen, dass das Sommerfestival endgültig angekommen ist. Wer in Brixen ein spannendes und qualitätsvolles Sommerprogramm wünschte, kam im Tschumpus voll auf seine Rechnung. Der Anklang war groß: zu 30 Aufführungen kamen an die 4000 Besucher.
Dies galt vorab für das von Alex Liegl getextete und in der Regie von Gabi Rothmüller (Assistenz: Michaela Zetzlmann) aufgeführte 3-D-Stück „Degen, Dom und Delinquenten“, im bewährten Tschumpus Mix von Theater, Kabarett und Musik. Historische Vorlage und aktuelle Zeitbezüge wurden verschmolzen, das Frankreich Ludwigs XIII. und die Gegenwart gnadenlos verrührt, mit Brixner Zutaten wie einer Vorschau auf den Heller-Garten.
Das amüsierte Publikum stellte fest, dass manche Pointen noch schärfer waren als die Degenspitzen der Musketiere. Das All-Star- Ensemble (Georg Kaser, Miriam Kaser, Josef Lanz, Ingrid M. Lechner, Alexander Liegl, Victoria Obermarzoner, Peter Schorn, Patrizia Solaro) stach voll zu, das von Stephen Lloyd geleitete Musik-Trio (Martin Baumann, Markus Doggi Dorfmann, Ingo Ramoser) spielte zeitweilig wie ein großes Orchester auf.
Die Kostüme von Siglinde Michaeler und Walter Granuzzo verbreiteten höfisches Flair. Das Bühnenbild gestaltete Johanna Kiebacher mit Raffinesse vor dem Hintergrund der realen Gefängnismauern, bei einer oft genialen Funktionalität der Kulissen und Requisiten.
Den Jungen eine Chance! 2018 setzte der Tschumpus-Sommer auf dieses Motto, das überraschend aufging. Wer etwa die Südtiroler Kabarettgruppe Cababoz und ihr italienischsprachiges Programm Ende Juli erlebte und ihre scharfzüngige, Alltag und Politik aufspießende Revue, war erstaunt, welch große Talente hier ihre Slapsticks zwischen Reality-Show und Commedia dell’arte abzogen. Ein tiefgründiger Blick in die sprachlich und kulturell oft getrennten Welten unseres Landes, erfrischend ätzend.
Auch das Stück „Un/erwünscht“ (Regie: Nicola Benussi) war voller interkultureller Reibungsflächen, mit Variationen aus Shakespeares „Romeo und Julia“, bei denen das z. T. aus Afrika stammende, mit Geflüchteten besetzte Ensemble die Themen Gewalt, Flucht und Entfremdung wie Liebe anrührend aufbereitete.
Einen echten Paukenschlag bot „Und jetzt die Welt“ mit der Theatergruppe Binnen-I. Den sprachlichen Parforce-Ritt von Sybille Berg bewältigten die fünf jungen
Schauspielerinnen mit präziser Intensität, die man in dieser Form selten erlebt; Verdienst auch von Regisseurin Mona Kraushaar und ihrer kühnen Inszenierung.
Lukas Lobis war letztes Jahr im Tschumpus-Schauspiel dabei, heuer als Gast mit seinem süffigen „Voll des Lobis!“, das für brechend volles Haus sorgte.
Ein Klassiker in ungewohnter Fasson ist Goethes „Faust“ im Duo von Georg Kaser und Peter Schorn, der im historischem Umfeld eindrucksvoll zur Geltung kommt, seit Jahren in Südtirol und auswärts auf Erfolgskurs, so auch am 3. September in Brixens Patenstadt Regensburg im Degginger.
Schorn ist auch ein Virtuose des Impro-Theaters Carambolage, das mit den Partnerinnen Eva Kuen, Karin Verdorfer und Doris Warasin mithilfe des Publikums fulminante Szenen ablieferte.
Der jugendgerechte Zug im Programm wurde durch das Musiktheater für Kinder „Der Held im Labyrinth“ (Regie: Brigitte Knapp) unterstrichen, erst recht durch das Jugendtheater-Treffen „Sapperlot“, das schon Anfang Juni mit allen geladenen Ensembles aus verschiedensten Ländern im Tschumpus Eröffnung feierte und dort mit „Tell me Wilhelm“ des TPZ gastierte.
Kein Tschumpus Sommer ohne Musik, die reizvolle Kontraste bot: „Opas Diandl“ und Helga Plankensteiners Plankton bewiesen, mit welcher Bandbreite Südtirols Musikleben aufwartet. Die Gruppe Drip, die zwischen Brixen, Sterzing und Wien pendelt, sind innovative Pioniere unserer Musikszene. Die Drip- Atmosphären entfalteten im Tschumpus hohe Intensität.
Das Sommer-Kino am Montag, vom Tschumpus-Team mit dem Filmclub Brixen gestaltet, zudem eine Retrospektive auf 25 Jahren Theakos rundete das bereits dichte Programm perfekt ab. Die Gastronomie mit unserer freundlich-effizienten Truppe junger Frauen (Claudia Eichbichler, Maria Gamper, Vera Obexer, Laura Ritter unterstützt von weiteren Helferinnen), lief wie am Schnürchen.
Ein dickes Lob gilt dem Technik-Team mit Matteo Oliva, Karl Dander und Nicola Scantamburlo, die mit Lichtdesigner Werner Lanz keine Wünsche offen ließen. Die Fotodokumentation von Arnold Ritter fixierte die Tschumpus-Magie.
Das Fazit von Georg KaserDas Kulturprogramm im Tschumpus, dem früheren Bezirksgefängnis unmittelbar am Dom, bringt Farbe und frische Töne nicht nur in den Brixner Sommer.
Es lässt das Herz von Brixen neu vibrieren und zeigt die Stärken einer offenen Kulturszene.
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Kommentare (1)
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george
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