Das Masern-Risiko
Die WHO warnt angesichts des drastischen Anstiegs der Masern-Erkrankungen in Europa vor möglichen Epidemien. Wie konkret die Gefahr einer Masern-Epidemie in Südtirol ist.
von Lisi Lang
In den ersten sechs Monaten dieses Jahres haben sich europaweit mehr als 41.000 Menschen mit Masern angesteckt. Im gesamten Jahr 2017 waren es europaweit im Vergleich nur rund 24.000 Menschen. Auch 37 Todesfälle wurden heuer schon verzeichnet. „Das ist wirklich ein Problem, vor allem, da wir in einigen Ländern einen sehr starken Anstieg verzeichnen“, erklärt Dagmar Regele, Direktorin des Departments Gesundheitsvorsorge.
Die Weltgesundheitsorganisation warnt nun angesichts dieses dramatischen Anstiegs vor möglichen Epidemien. Damit sich das Masernvirus nämlich nicht weiter verbreiten kann, müssten mindestens 95 Prozent der Bevölkerung geimpft sein. Europaweit sind es nur 90 Prozent – in Südtirol sind es nur knapp 70 Prozent.
„Man muss eigentlich von Glück sprechen, dass bei uns in den letzten Jahren keine Masernepidemie ausgebrochen ist“, sagt Dagmar Regele angesichts der niedrigen Durchimpfungsraten. Auch in Südtirol treten jährlich sporadisch Masernfälle auf – eine Epidemie ist in den vergangenen Jahren allerdings nie ausgebrochen. Da die Durchimpfungsrate in Südtirol bekanntlich aber nicht besonders hoch ist, steigt jährlich die Gefahr einer Epidemie. „Wenn nur 70 Prozent der rund 5.000 Neugeborenen jährlich gegen Masern geimpft werden heißt das, dass rund 1.500 Kinder nicht geimpft werden. Wenn man diese Zahl dann jährlich aufsummiert, muss man nur von einer Frage der Zeit sprechen bis auch bei uns eine Epidemie ausbricht – das Risiko steigt jährlich an, da der Pool an nicht geimpften Personen jährlich wächst“, erläutert die Primaria.
In Italien sind im ersten Halbjahr 2018 insgesamt 2.029 Menschen an Masern erkrankt, vier Personen sind verstorben – im Vorjahr waren es knapp 5.500 Fälle. Damit ist Italien laut WHO eines jener sieben Länder, mit mehr als 1.000 Fällen im ersten Halbjahr. In Südtirol wurden im ersten Halbjahr 2018 vier Fälle gemeldet – im Jahr 2017 waren es 22 Fälle. „Bei Masern handelt es sich um eine meldepflichtige Krankheit und daher werden die Daten auch an das Gesundheitsamt übermittelt“, erklärt Dagmar Regele.
Die aktuellen Zahlen der WHO zeigen aber auch, dass von den Erkrankungen nicht nur Kinder betroffen sind. „Das Durchschnittsalter der Erkrankten liegt bei 25 Jahren“, erklärt die Primaria. Dementsprechend müssten nicht nur Kinder sondern auch Erwachsene, die bisher nicht geimpft wurden und auch nicht erkrankt sind, geimpft werden, damit die Krankheit ausgerottet werden kann. „Der Ausrottungsplan sieht vor, dass auch Erwachsene sich nachimpfen lassen“, erläutert Dagmar Regele.
Italiens neue Regierung hat das erst vor einem Jahr eingeführte Impfgesetz mit zehn Pflichtimpfungen wieder gelockert. Dabei hatte die Maßnahme vielversprechend begonnen und die Impfraten im Durchschnitt um rund 4 Prozent erhöht. „Natürlich besteht jetzt die Gefahr, dass sich einige Leute abwartend geben, aber wir versuchen mit Informationskampagnen weiterzuarbeiten“, betont die Direktorin des Departments für Gesundheitsvorsorge, die davon ausgeht, dass das Bewusstsein für die Pflichtimpfungen mittlerweile auch in Südtirol gestiegen ist.
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