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Die Generation Youporn

Internet-Pornos sind dank Smartphones, Tablets und Co. für jeden leicht erreichbar – auch für Kinder und Jugendliche. Häufig wird dabei ein falsches Bild von Sex vermittelt. Sexualpädagoge Hubert Fischer klärt über den richtigen Umgang auf.

TAGESZEITUNG Online: Herr Fischer, sind Internet-Pornos gefährlich?

Hubert Fischer: Das hängt davon ab, wer konsumiert. Die meisten Konsumenten von Pornos sind nämlich Erwachsene. Auch für pubertierende Jugendliche ist es normal, dass sie konsumieren. Wir als Sexualpädagogen warnen davor, dass Kinder diese Seiten besuchen, denn dann kann es problematisch werden.

Mit Smartphones haben Kinder und Jugendliche dauerhaft Zugang zum Internet und damit auch zu Porno-Seiten. Diese Gefahr ist also gegeben…

Ja, genau! Ich denke, dass es wichtig ist, dass man in der Schule das Fach Medienkompetenz einführt, damit man lernt, wie man Medien nutzt. Ich denke, wir müssen uns der Herausforderung stellen. Wir können nicht alles verbieten, das ist auch nicht der Sinn der Sache. Wir Erwachsene müssen aber mit den Kindern das Gespräch suchen und mit ihnen kommunizieren. Wenn ein Kind in der Grundschule ein Smartphone hat – was ohnehin nicht unbedingt nötig ist – muss mir als Elternteil bewusst sein, dass das Kind solche Seiten besuchen kann. Oft genug passiert das auch unabsichtlich. Da kann das Kind schon mal überfordert sein.

Sie haben gesagt, es ist für Jugendliche normal, Porno-Seiten zu besuchen. Kann das Auswirkungen auf das Sexual-Bild des Jugendlichen haben, wenn er zuvor noch keine Erfahrungen gesammelt hat?

Die meisten Nutzer sind zwar männliche Erwachsene, aber auch Jugendliche, die keine sexuelle Erfahrung haben, besuchen die Porno-Seiten. Wichtig ist aber, dass die Jugendlichen kritisch sind und Eigenreflexion haben. Das heißt, sie können es schon konsumieren, müssen sich aber auch bewusst sein, dass reelle Sexualität anders aussieht. Die Jugendlichen müssen also nicht unbedingt Erfahrungen gemacht haben. Es gibt aber auch Studien, die besagen, dass Jugendliche süchtig sein können.

Hat sich das Bild der Jugendlichen durch Internet-Pornos verändert?

Ja, natürlich. Zu unserer Zeit war es auch immer spannend, zu diesen Bildern oder Videos zu gelangen, nur war die Hürde viel höher. Das heißt, die Bilder kommen heute viel schneller. Die Frage ist, ob ich mich davon distanzieren kann. Hier sind alle gefordert: Die Eltern, die Schule und die Sexualpädagogen. Deshalb muss ich mich mit den Kindern auseinandersetzen und sie darüber aufklären, was in diesen Videos passiert.

Übernehmen die Porno-Seiten heutzutage die sexuelle Aufklärung der Jugendlichen?

Hubert Fischer

Nein, soweit würde ich nicht gehen. Ohnehin sind Pornos nicht immer falsch. Manchmal tragen Pornos – sofern sie nicht frauenverachtend oder gewaltverherrlichend sind – sogar zur Aufklärung bei. Irgendwann muss ich aber gesättigt sein. Es muss auch etwas anderes geben. Jungen schauen sich beispielsweise auch gemeinsam Pornos an, aber wenn ich mich jeden Tag einige Stunden damit beschäftige, entwickle ich eine psychische Abhängigkeit.

Man sollte Pornografie also enttabuisieren?

Ja, auf jeden Fall. Pornografie ist nicht unbedingt schlimm. Für viele ist es der einzige Zugang zu Sexualität. Wenn man aber darüber spricht, ist es in Ordnung, wenn man die Seiten besucht.

In vielen Filmen wird beim Sex auf Kondome verzichtet und Frauen werden diskriminiert. Ist das ein Problem?

Nun, normalerweise ist Pornografie die Darstellung von sexuellen Handlungen. Häufig wird dabei die Frau eben diskriminiert, der Mann hat einen großen Penis – das ist bei Jungs immer wieder ein Thema – und die Frau hat immer Lust. Wenn man das mit pubertierenden Jugendlichen bespricht, geht ihnen meistens auch ein Licht auf. Wenn man ihnen sagt, dass es nichts weiter als ein Film ist, löst sich das Risiko etwas auf, weil die Jugendlichen beginnen zu reflektieren. Deshalb ist es enorm wichtig, die Bilder zu Recht zu rücken. Man muss ihnen klar machen, dass es Risiken gibt. Grundsätzlich sind diese Arten von Pornos zu verurteilen, weil sie größere Risiken beinhalten.

In den Filmen wird die Frau als Hure, Bitch oder Schlampe bezeichnet. Sie sind als Sexualpädagoge in den Schulen tätig. Haben sich diese Begrifflichkeiten bei den Jugendlichen eingebürgert?

Was uns auffällt, ist, dass bei Grundschulkindern oft Fragen stellen, wo es eindeutig ist, wieso sie diese Fragen stellen: Das muss vom Internet-Konsum kommen. Die Wörter, die Ausdrücke und die Fragen kommen teilweise von der Internet-Nutzung. Kinder tun sich oft schwer herauszufinden, was dabei richtig ist. Wir müssen sie hier korrigieren. Das merkt man mittlerweile klar und deutlich.

Was sagen Sie den Jugendlichen bei Ihren Schulbesuchen, wenn Sie auf das Thema Pornografie zu sprechen kommen?

Die Kinder können immer anonyme Fragen stellen. Hier kommen häufig Fragen, mit denen man viel arbeiten und viel korrigieren kann. Ihnen ist es ein Anliegen darüber zu sprechen. Wenn man ihnen kindergerechte Antworten gibt, ohne ihnen alles zu verbieten, erreicht man viel. Wenn man ihnen klar macht, dass man weiß, dass sie es machen, aber sie zum Mitdenken auffordert, beginnen sie zu reflektieren.

Können sie eine konkrete Frage nennen?

Die meisten Fragen sind allgemeine Frauen zu Sex und Sexualität. Aber es gibt auch Fragen wie: Kann eine Frau mit einem Pferd? Oder: Gefällt es der Frau, wenn ich meine Faust in ihre Scheide stecke? In diesem Moment muss man den Jugendlichen unbedingt antworten.

Auf Porno-Seiten fällt auch das Befriedigen von Fetischen einfach. Ist es gut, wenn man diese Fetische auf diese Art befriedigt?

Wenn Kinder an das Thema herangeführt werden, kommen sie zu einer selbstbestimmten Sexualität. Dabei findet man heraus, was einem gut tut. Das ist dann auch in Ordnung. Ich muss aber die Möglichkeit haben, mich auszutauschen. Jeder muss seinen Weg finden, ohne dass man diskriminierend ist.

Interview: Markus Rufin

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