„Genug Tourismus“
Die Meranerin Eva Pföstl über ihre Plaketten-Initiative „Meran hat genug Tourismus“, die Reaktionen darauf und welche Art von Fremdenverkehr sie sich für die Kurstadt wünscht.
TAGESZEITUNG Online: Frau Pföstl, Sie verteilen seit einigen Wochen Plaketten mit der Aufschrift „Meran hat genug Tourismus“. Wie sind Sie auf diese Idee gekommen?
Eva Pföstl: Ich stamme selbst aus einer Hoteliersfamilie in Schenna und mir ist durchaus bewusst, dass der Fremdenverkehr Wohlstand und Arbeitsplätze schafft und obendrein Weltoffenheit mit sich bringt. Insofern habe ich überhaupt nichts gegen den Tourismus einzuwenden. Im Gegenteil: es braucht ihn. Nichtsdestotrotz bin ich der Auffassung, dass die Grenze der Ertragbaren in Meran erreicht ist. Es ist schlichtweg zu viel geworden.
Und da haben Sie sich die Aktion mit den Plaketten ausgedacht?
Ja. In meinem Bekanntenkreis wird seit Jahren über die überbordende Touristenflut diskutiert, aber niemand tut etwas dagegen. Mein Mann und ich haben uns daher überlegt, wie man die Menschen für dieses Thema sensibilisieren könnte und da sind wir auf diese Plaketten gekommen. Wir haben 300 Stück davon drucken lassen und diese auch selbst bezahlt.
Südtirol ist ein Tourismusland. Von Ihrer Aktion sind vermutlich nicht alle hellauf begeistert?
Die Reaktionen der Meraner Bürger sind fast ausnahmslos positiv, im Prinzip geben mir alle Recht. Einige meinten sogar, man solle „Meran“ mit „Südtirol“ ersetzen. Aber es gab natürlich auch einige weniger positive Reaktionen.
An wen verteilen Sie die Plaketten?
Im Bekanntenkreis, aber auch an Politiker wie Landeshauptmann Arno Kompatscher oder Bürgermeister Paul Rösch, der die Plakette übrigens nicht annehmen wollte.
Warum nicht?
Das weiß ich nicht.
Gerade in diesen Tagen lässt die Meldung aufhorchen, dass die Buchungslage in Südtirol derzeit verhalten ist. Wird sich das Problem „zu viel Tourismus“ irgendwann von selbst lösen?
Diese Meldung ist meiner Meinung nach zu hinterfragen, auch weil die Vergleichswerte sehr hoch angesetzt sind. Im Vorjahr gab es aus verschiedenen Gründen einen Nächtigungsboom. Außerdem ist es nachvollziehbar, dass nicht alle Betriebe ausgelastet sind. Schließlich werden ja immer neue dazu gebaut.
Welches sind die negativen Seiten von zu viel Tourismus?
In erster Linie die Preiserhöhungen für die Bürger und somit die hohen Lebenshaltungskosten. Dazu kommen der viele Verkehr, die Verbauung der Landschaft, die überrannten Ausflugsziele. Dabei reisen die Touristen ja vor allem wegen der schönen Landschaft zu uns; wenn wir diese zerstören, dann richtet sich das ja gegen uns selbst. Aber auch für die Touristen ist es nicht angenehm, wenn sie von Schenna bis Meran eine Stunde lang im Stau stehen. Und schließlich leiden auch die Tourismusbetriebe darunter, wenn die Konkurrenz immer größer wird. Der Druck steigt, die Preise sinken.
Welche Art von Tourismus schwebt Ihnen vor?
In Südtirol wird viel von Qualitätstourismus gesprochen, doch in der Praxis sehe ich davon wenig. Dabei wäre dies das beste Rezept. Es geht nur über den Preis, dann pendeln sich die Tourismuszahlen automatisch ein. Es gibt dafür genügend Beispiele, z.B. die Schweiz, die trotz hoher Preise vom Tourismus profitiert.
Was ist mit dem Zweitwohnsitz-Tourismus?
Auch diesem müsste man dringend einen Riegel vorschieben. Es ist fünf vor 12. Es gibt ausreichend Negativbeispiele wie Cortina, die Toskana oder das Tessin. Warum lernen wir nichts daraus?
Welche Maßnahmen wären aus Ihrer Sicht zu treffen?
Es bräuchte höhere Hotelpreise, die sich jedoch nicht auf die Lebenshaltungskosten der einfachen Bürger auswirken dürfen. Außerdem bräuchte es Abgaben für die Anfahrt mit dem Auto und für alle Motorräder beim Überqueren der Pässe. Wichtig wäre auch ein sofortiger Baustopp für weitere Hotelbauten wie es ihn an der Algarve in Portugal oder im Schweizer Saas-Fee schon seit Langem gibt. Vorteilhaft wäre weiters eine Art übergemeindliche Baukommission im Burggrafenamt, um touristische Baumaßnahmen abzustimmen.
Bleibt es bei den Plaketten oder denken Sie an eine Fortsetzung Ihrer Initiative?
Diese Initiative ist als Denkanstoß geboren, aber ich schließe nicht aus, dass wir sie in organisierter Form fortsetzen, beispielsweise als Plakataktion. Ich habe aufgrund der bisherigen Reaktionen festgestellt, dass das Bedürfnis danach durchaus vorhanden ist.
Interview: Karin Gamper
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Kommentare (14)
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andreas
Ist die Frau Pföstl „Meran“ oder warum glaubt sie, dass ihre Meinung Allgemeingültigkeit hat?
Eine für die heutige Zeit übliche Anmaßung anzunehmen, dass wenn man seine eigenen Meinung vertritt, für alle spricht, das hat sie wohl bei Roland Lang abgeschaut.
Lustig aber, dass Rösch das Plakat nicht wollte, der schikaniert wohl lieber die Einheimischen mit Tempo 30 oder damit, dass er Mac Donald verbieten wollte, da er meinte, über die Ernährung der Meraner entscheiden zu müssen.
george
Kritisiere doch einmal über die, welche das verursachen und leuchte einmal in Dich hinein, dann siehst Du, was Du an negativem hervorrufst. und unterstützt.
morgenstern
Meran braucht inzwischen die Massen, weil der zahlungskräftige Gast längst das Weite gesucht hat.
Diese Fehlentwicklung ist vergleichbar mit dem Südtiroler Wein in den 1970iger Jahren bei dem man inzwischen mühsam versucht sein negatives Image von damals loszuwerden.
schwarzesschaf
Liebe Frau Pföstl Ihre Familie macht es ja vor und auch der Rest von den Hoteliers in Schenna alle zusammen riesengroße Punker, und jeder muss jeden Übertreffen. Dann heißt es Qualität hat seinen Preis ja von August bis November denn unter der Zeit wird die Qualität preislich verschachert damit die Punker voll sind.
pingoballino1955
Frau Pföstl,alle Achtung,danke für Ihren WICHTIGEN Ansatz,schönen Abend an Sie und ihre Familie!
exodus
Wieso werden immer wieder Baukonzessionen für Hotelerweiterungen gegeben,
wenn anscheinend schon genug Bausubstanz existiert. Siehe Schenna und Tirol,
Quantität kann nie Qualität schaffen. In manchen Hotels, außer der Hauptsaison, lebt
man oft günstiger als im eigenen Heim und das all inclusive!
ostern
Die „Geldgierigen und geilen“ Hoteliere
haben nie genug. Ich sehe keine gute
Zukunft für uns Südtiroler und unseren
gepflegten Wiesen und Dörfer unserer Heimat.