„Doppelpass ist Blödsinn“
Der Extrembergsteiger Reinhold Messner will auch für italienischsprachige Südtiroler und die Trentiner, die Möglichkeit, die österreichische Staatsbürgerschaft zu erlangen. Im TAGESZEITUNG-Interview macht er seinen Standpunkt klar.
TAGESZEITUNG Online: Herr Messner, Sie haben sich in der Diskussion rund um den Doppelpass, für die Möglichkeit ausgesprochen, dass auch italienischsprachige Südtiroler und Trentiner diesen erlangen können sollten. Warum?
Reinhold Messner: Es handelt sich dabei um eine rein historisch-politische Aussage. Wenn man diese Doppelpass-Blödsinn weiter führt, dann muss klar allen sein – auch jenen Südtirolern, die den Doppelpass nutzen, um ihre Wähler zu fangen – dass die Trentiner und die italienischen Südtiroler das gleiche Recht an einer österreichischen Staatsbürgerschaft haben. Ansonsten sind wir völlig außerhalb unserer Historie.
Beispielsweise haben die Trentiner Südtirol, oder Tirol, oder eben das damalige Kaiserreich, auf dieselbe Weise im Krieg zwischen 1915 und 1918 verteidigt, wie es auch die Südtiroler Standschützen getan haben. Es geht in dieser Sache also um eine historische Angelegenheit, die wir kennen müssen. Wenn schon solche Vorschläge, wie nur die Deutschen und die Ladiner in den Doppelpass einzuschließen, gemacht werden, dann bringt das nur Unfrieden. Es zeigt auch, dass die Herrschaften, die diesen Vorschlag eingebracht haben, von Historie – der Basis der zukünftigen Politik – keine Ahnung haben.
Sind Sie grundsätzlich für die Einführung des Doppelpasses oder dagegen?
Ich halte die Einführung des Doppelpasses für einen Blödsinn. Wir brauchen ihn einfach nicht. Ich bin wie Landeshauptmann Kompatscher dafür, dass wir auf einen europäischen Pass hinarbeiten sollten.
Aber wenn dieser Blödsinn schon gemacht wird, dann muss man das Ganze historisch untermauern. Schließlich kann man nicht einfach hergehen und sagen, dass nur die Deutschsprachigen und die Ladiner die österreichische Staatsbürgerschaft beantragen können. Das klingt ja sonst nach einem Ahnenpass: Nur die Deutschen und die Ladiner, oder gar nur die, die im Kaiserreich Wurzeln haben.
Wo sind wir denn angekommen? Wir wollen doch nicht in die Dreißiger Jahre zurückkehren. In erster Linie geht es mir um ein friedliches Zusammenleben aller Südtiroler, egal ob deutscher, ladinischer oder italienischer Muttersprache. Allerdings war auch das Trentino Teil von Tirol – es war das sogenannte Welsch-Tirol.
Bis 1918 gehörte auch das Trentino zum damaligen Österreich-Ungarn. Außerdem haben auch die Trentiner für das damalige Kaiserreich gekämpft: Nicht nur an der Heimatfront, sondern vor allem in Galizien und in Russland. Dort haben der Kaiser und seine Generäle ja Tausende Trentiner verheizt.
11Was erhoffen Sie sich von den Verhandlungen zwischen Rom und Wien?
Man darf diese ganze Diskussion nicht so billig führen! Das ist reiner Populismus vonseiten der Freiheitlichen. Die Volkspartei hat ja bereits etwas zurückgerudert. Fakt ist, dass die ganze Angelegenheit nur Unfrieden stiftet. Vor allem werden wir uns doch nicht von ein paar österreichischen Rechtsradikalen sagen lassen, was wir zu tun haben.
Ich erwarte, dass Herr Kurz diesem Drängen der Freiheitlichen, die ja anscheinend diejenigen sind, die in Österreich das Sagen haben, Stand hält und diese Thematik hintergründig diskutieren lässt.
Sollte die SVP in dieser Angelegenheit einen schärferen Kurs einschlagen?
Nein, die SVP hat einfach einen anfänglichen Fehler begangen. Diesen Fehler hat die Partei auch schon lange bereut. Einen schärferen Kurs der SVP braucht es nicht. Was es braucht, ist ein Einschreiten vom österreichischen Bundeskanzler Sebastian Kurz: Er sollte klar stellen, dass ein Doppelpass für Südtiroler nicht notwendig ist. Die Südtiroler-Frage lösen die Südtiroler schon selbst. Wenn Südtirol schon so eine Herzensangelegenheit in Österreich ist, wie immer betont wird, dann sollen sie endlich in diesem Punkt schweigen und einfach nie wieder mit einer Schließung der Brennergrenze drohen.
Interview: Julian Righetti
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