Irreversibler Gehirnschaden
Der schwerste Fall, mit dem die Schlichtungsstelle zu tun hatte: Ein Kind, das bei seiner Geburt im Krankenhaus Sterzing nicht rechtzeitig mit Sauerstoff versorgt wurde.
Von Thomas Vikoler
Der Fall ereignete sich vor rund drei Jahren in der Geburtenabteilung des Krankenhauses Sterzing, die inzwischen geschlossen ist.
Passiert ist Folgendes: Ein Kind bekam bei seiner Geburt zu wenig Sauerstoff, doch es war kein Anästhesist zugegen, der es damit hätte versorgen können.
Die Folge: Das Kind überlebte zwar, erlitt aber einen irreversiblen schweren Gehirnschaden.
Ein Gutachten, das die Schlichtungsstelle für Arzthaftungsfragen in Auftrag gab, kam zu einem eindeutigen Ergebnis:
Bei einem rechtzeitigen Einschreiten eines Anästhesisten und eines, in der Folge, durchgeführten Kaiserschnitts, wäre das Kind heute gesund. Stattdessen ist es ein schwerer Pflegefall ohne Aussicht auf Genesung.
„Es war eindeutig das Ergebnis einer Fehl-Organisation im Krankenhaus, die Anästhesistin, die später in den Operationssaal gekommen ist, trägt keine Schuld“, betont Edoardo Mori, neben Hans Zelger einer der beiden Vorsitzenden Richter der Schlichtungsstelle.
Die Eltern des Kindes forderten vom Sanitätsbetrieb bzw. deren Versicherung fünf Millionen Euro Schadenersatz. Das von der Schlichtungsstelle in Auftrag gegebene Gutachten ergab einen Schaden von mindestens einer Millionen Euro.
Wegen des großen Unterschieds zwischen den beiden Beträgen konnte der Fall, laut Mori der eklatanteste seit Existieren der Schlichtungsstelle, vor dieser nicht einvernehmlich gelöst werden. Es behängt ein Zivilverfahren, das voraussichtlich Jahre dauern wird.
Bei kleineren Beträgen stünden die Chancen auf eine gütliche Einigung wesentlich besser, auch weil die Versicherungen eher bereit seien sofort zu zahlen, berichtet Richter Mori, bis zu seiner Pensionierung Konkursrichter am Landesgericht Bozen. „Es ist unsere Aufgabe, die Versicherungen dazu zu drängen, eine Zahlung zu leisten“, betont Mori.
Bei einem falsch diagnostizierten Tumor, was nicht selten vorkomme, sei dies aber schwer möglich. Zumeist ein Fall für das Zivilgericht.
Richter Mori äußerte sich gestern auch zur jüngsten Polemik um die Patientenschutz-Broschüre der Volksanwaltschaft.
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