Die Zerschlagung
Von der Firma Oberosler Cav. Pietro Srl bleibt im laufenden Ausgleichsverfahren nicht mehr viel übrig. Der Hauptbetriebszweig wurde ebenso verkauft wie die Forderungen. Was bleibt für die Gläubiger übrig?
von Thomas Vikoler
Wer ein Ausgleichsverfahren laut Konkursgesetz anstrebt, muss fleißig Bericht erstatten. Die Firma Oberosler Cav. Pietro Srl aus St. Lorenzen hat kürzlich ihren insgesamt neunten Bericht zur eigenen wirtschaftlichen Situation vorgelegt. Unterzeichnet von Stefano Oberosler, dem aktuellen Vorsitzenden des Verwaltungsrates.
Die wirtschaftlichen Aussichten des angeschlagenen Unternehmens, das auf Straßen- und Tunnelbauten spezialisiert ist, sind weiter prekär. Voraussichtlich am 15. September wird Konkursrichterin Francesca Bortolotti entscheiden, ob der Vergleichsantrag angenommen oder der Konkurs eröffnet wird.
Einiges hat sich in den vergangenen Wochen dennoch getan: Gemäß dem von Oberosler vorgelegten Sanierungsplan wurden zwei Versteigerungen durchgeführt, die insgesamt 14,5 Millionen Euro einbrachten. Faktisch bedeuten sie die Zerschlagung des traditionellen Unternehmens aus dem Pustertal, das seinen Betriebssitz inzwischen in der Bozner Schlachthofstraße hat.
Anfang Juni sicherte sich das römische Unternehmen Pessina Costruzioni SpA zu einem Preis von 5,5 Millionen Euro den Hauptbetriebszweig von Oberosler: Dazu gehören aktive Baustellen wie jene der privaten Eisackwerk GmbH für den Bau eines Pumpspeicherkraftwerks zum Kraftwerk St. Anton bei Bozen und größere Straßenbauprojekte der ANAS in Süditalien sowie die Anteile an Bietergemeinschaften, die Arbeiten an drei Teilstücken von drei italienischen Autobahnen ausführen.
Bemerkenswert: Mit den Baustellen gehe gleich auch 51 Oberosler-Angestellte und die eingesetzten Baumaschinen an den Käufer Pessina Costruzioni SpA über. Für die Firma, der die 2017 eingestellte ehemalige kommunistische Parteizeitung „L`Unità“ gehört, auch in dieser Hinsicht eine wirtschaftlich interessante Operation: Nach dem Jobs-Act-Gesetz ist sie für die von Oberosler übernommenen Angestellten für einen längeren Zeitraum von den Sozialabgaben befreit.
Von Oberosler bleibt hingegen nicht mehr viel übrig. Denn auch Forderungen des Unternehmens, vornehmlich gegen öffentliche Auftraggeber, im Ausmaß von knapp neun Millionen Euro wurden kürzlich am Landesgericht Bozen versteigert. Den Zuschlag erhielt ein Fonds namens Apollo Delos Investments SCSp mit dem juristischen Sitz in Luxemburg und Hauptsitz in New York. Der Fonds wird sich nun darum bemühen, die ehemaligen Oberosler-Gutachten einzutreiben.
Einstweilen fließen also 14,5 Millionen Euro in das Verfahren zum behängenden Ausgleichsantrag. Geld für einige der Gläubiger.
In den monatlichen Berichten hatte das noch existierende Unternehmen das ausgebliebene Inkasso von eingeplanten Guthaben, insbesondere bei öffentlichen Auftraggebern, als Grund für die wirtschaftliche Schieflage bezeichnet. Das Unternehmen beantragte deshalb am 21. Oktober 2017 beim Bozner Konkursgericht ein Ausgleichsverfahren. Der Bozner Anwalt Marco Pojer und der Wirtschaftsprofessor Luca Mandorlini wurden als kommissarische Verwalter eingesetzt.
Zum Zeitpunkt des Antrags wies die Firma Schulden in Höhe von 122.719.432 Euro auf, darunter 25.816.573 Euro gegenüber Banken (davon alle größeren Südtiroler Banken), 26.715.229 gegenüber Lieferanten, 7.403.528 Euro gegenüber dem Steueramt und dem nationalen Führsorgeinstitut INPS und stolze 45.950.112 Euro gegenüber anderen Firmen der Oberosler-Gruppe.
Vom Vergleichsantrag bis zum 30. Juni dieses Jahres hat Oberosler auf fünf größeren Baustellen Guthaben von 13.347.284 Euro angehäuft – auch hier haperte teilweise es mit dem Inkasso. Ein Teil dieser Forderungen sind nun allerdings an den Apollo-Delos-Fonds versteigert worden.
Am 20. Oktober 2017 hatte das Unternehmen 19.003.016 Euro an Forderungen gegenüber Kunden ausgewiesen. Unklar ist, wie viele von diesen nun dem Fonds gehören.
Was bleibt nach den beiden Versteigerungen übrig von Oberosler?
Im jüngsten Betriebsbericht, der in der Handelskammer einsehbar ist, wurde ein Immobilienvermögen von zehn Millionen Euro genannt: Dazu gehören etwa der ehemalige Firmensitz in St. Lorenzen (Buchwert: 2,3 Millionen Euro), Grundstücke ebendort (1.870.000 Euro). Der größte aktuelle Wert in der Aktiva – 31.468.469 Euro – bilden an Land gezogene, auszuführende Bauaufträge.
Hier stellt sich Frage, wer diese angesichts der Verkaufs des Hauptbetriebszweiges übernehmen soll.
Für die Gläubiger sieht es also eher düster aus. Am 17. Juli fand vor Konkursrichterin Bortolotti eine Zwischenverhandlung statt, am 15. September soll, wie gesagt, die definitive Entscheidung über die Zukunft der Firma Oberosler Cav. Pietro GmbH fallen. Es heißt, etliche Gläubiger müssen bereits jetzt einen Großteil ihrer Forderungen abschreiben.
Ähnliche Artikel
Kommentar abgeben
Du musst dich EINLOGGEN um einen Kommentar abzugeben.