„Das ist Verrat“
Die Ärzte und das nichtärztliche Personal gehen auf die Barrikaden, weil der Sanitätsbetrieb eine Broschüre unterstützt hat, in der Patienten aufgerufen werden, gegen Ärzte strafrechtlich vorzugehen.
Volksanwältin Gabriele Morandell hat am Dienstag eine Informationsbroschüre („Wurde ich richtig behandelt?“) zu den Patientenrechten vorgestellt.
„In dieser Broschüre für Patienten sind alle Informationen zu den rechtlichen Möglichkeiten für Patienten bei Behandlungsfehlern erstmals gebündelt verfügbar, bisher musste man sie sich zusammensuchen“, erklärte die Volksanwältin bei der Vorstellung im Landtag.
Gut gemeint. Aber offenbar schlecht getroffen!
Denn gegen diese Broschüre gibt es jetzt geharnischte Proteste der Ärzte, der Pflegekräfte und der Gewerkschaften.
Der Grund: Diese Broschüre wurde vom Sanitätsbetrieb unterstützt.
„Dass der eigene Betrieb hergeht und die Menschen aufhetzt und ihnen Informationen gibt, wie sie zu Geld kommen, ist schon ein starkes Stück“, sagt der Brunecker Arzt und Gewerkschafter Iwan Simioni (BSK-VSK/AAROI/SIVEMP). Die Aufregung in Ärzte- und Pfleger-Kreisen sei groß.
Sogar von Streik sei die Rede.
Iwan Simioni bringt die Kritik am Sonntag gegenüber TAGESZEITUNG Online auf den Punkt:
„Wir haben nichts gegen die Volksanwältin und gegen die Broschüre. Die Volksanwältin kann tun, was sie will.
Aber es ist schon eigenartig, dass der Sanitätsbetrieb, dessen Direktion vor einem Monat die Haftpflichtversicherung für uns Ärzte und Pfleger verschlampt hat, jetzt hergeht und die Patienten aufhetzt, gegen uns zu klagen und strafrechtlich vorzugehen. Das ist Populismus pur! Da werfen wohl die Wahlen ihre Schatten voraus.
Die Direktion hat, wie gesagt, die direkte Haftpflichtversicherung für Ärzte und für das nichtärztliche Personal fast verschlampt, dieselbe Direktion hat bis heute die elektronische Krankenakte nicht auf die Reihe bekommen, die Wartezeiten ebensowenig. Und jetzt geht man her und ruft die Patienten auf, gegen die Ärzte vorzugehen.
Wir Ärzte erleben dies als Verrat, denn mit dieser Initiative wird suggeriert, dass im Sanitätsbetrieb schlampig gearbeitet wird.
Die Kritik gilt also nicht der Volksanwältin, auch wenn die Auswahl einiger Karikaturen äußerst fragwürdig ist – etwa wenn in einem Fall suggeriert wird, dass ein Fuß statt einer Hand behandelt wurde. Unsere Kritik gilt dem Sanitätsbetrieb, der diese Broschüre unterstützt, wobei die Thematik Kunstfehler sehr komplex ist. Bei Kunstfehler geht es um wissenschaftlich-medizinische Aspekte und nicht um Befindlichkeiten. In dieser Broschüre sind – obwohl sie vom Sanitätsbetrieb unterstützt wurde – keine Ärzte zu Wort gekommen.
Anstatt solche Projekte zu unterstützen und sich gegen die eigenen Mitarbeiter zu stellen, sollte der Betrieb dafür Sorge tragen, dass Ärzte und Pfleger und alle anderen Mitarbeiter im Betrieb in einem rechtssicheren Rahmen arbeiten können.
Für die Arzt-Patienten-Beziehung sind solche Aktionen kontraproduktiv, denn das Verhältnis wird fortan von gegenseitigem Misstrauen geprägt sein.“
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Kommentare (12)
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andreas
Wenn die Statistik der „Kunstfehler“, wie Ärzte ihre Schlampereien nennen, an die Öffentlichkeit kommen würden, würde keiner mehr ohne Anwalt ins Krankenhaus gehen,
Dies war das Fazit einer Reportage auf ZDF oder ARD vor ein paar Jahren. War zwar für Deutschland, in Südtirol wird es aber nicht anders sein.
Vor ca. 25 Jahren war es so gut wie unmöglich einen Arzt zu verklagen, da im Umkreis von 1.000 km kein Arzt ein Gutachten erstellt hätte.
Wobei ich es für falsch halte das Vertrauen der Patienten in die Ärzte in dieser Form zu torpedieren.
Es bringt niemanden etwas, wenn Patienten schon mit der Annahme ins KH gehen, dass voraussichtlich etwas schief läuft.
erich
So kann die Sanität nie funktionieren, Patienten die mögliches und unmögliches fordern, dann die Politik die nur nach Stimmung entscheidet. Wie soll ein neuer Direktor das lenken, da ist die nächste Katastrophe schon programmiert.