Wilder Weckruf
Foto: Facebook/Stephan Niederegger
Sonntag, 6.30 Uhr in St. Lorenzen: Die Musikkapelle marschiert musizierend durchs Dorf – und zieht so den Zorn eines Gastes auf sich. Letzterer will Anzeige wegen Ruhestörung erstatten. Das Dorf lässt sich aber nicht aus der Ruhe bringen.
von Silke Hinterwaldner
Die Uhrzeit für einen lautstarken Auftritt ist zugegebenermaßen ungewöhnlich: Am Sonntag um 6.30 Uhr hatten 66 Musikantinnen und Musikanten bereits Aufstellung bezogen. Es sollte gleich losgehen.
In schönster Südtiroler Tradition zog die Musikkapelle los. Munter musizierend führte sie der Weg durch die Straßen im Hauptort St. Lorenzen – einmal vor und wieder zurück. Aber auf dem Rückweg von ihrem Weckruf versperrte jemand den Weg. Ein Gast hatte sich offenbar in seiner Bettruhe gestört gefühlt und wollte die Musik in den frühen Morgenstunden verbieten lassen.
Philipp Kofler, Obmann und Stabmeister der Musikkapelle St. Lorenzen, versuchte den empörten Mann galant darauf hinzuweisen, dass er den Weg freimachen sollte. Aber als dieser nur noch empörter mit dem Zeigefinger auf seine Armbanduhr verwies, marschierten die Musiker einfach an ihm vorbei, die eine Hälfte links, die andere rechts.
Der Gast schimpfte weiter. Er und seine Kinder seien vom Lärm am Sonntagmorgen geweckt worden. Deshalb wolle er wegen Ruhestörung Anzeige bei den Carabinieri erstatten.
Aber seine Empörung konnten in St. Lorenzen nur sehr wenige teilen. Die Musikkapelle feiert heuer immerhin ihr 200-jähriges Bestehen und hat zu diesem Anlass ein umfangreiches Programm zusammengestellt. Der Weckruf am Sonntagmorgen war erst der Anfang.
„Der Weckruf“, sagt Obmann Philipp Kofler, „hat Tradition. Und Traditionen soll man weiterführen.“ Überall im Land feiern demnach Musikkapellen einen runden Geburtstag mit einem Konzert in den frühen Morgenstunden. Damit alles seine Ordnung hat, musste die Musikkapelle denn auch in der Gemeinde um eine Lizenz ansuchen. Martin Ausserdorfer hat diese Genehmigung gern ausgestellt und gleichzeitig die Straße für den Verkehr gesperrt.
„Diesen Weckruf“, sagt der Bürgermeister, „würde ich jederzeit wieder genehmigen. Schließlich müssen wir unsere Kulturvereine und ihre Traditionen und Werte unterstützen.“ Der Weckruf selbst sei bei den allermeisten Menschen gut angekommen, „sehr imposant und beeindruckend“.
Auf Facebook bekommt die Musikkapelle St. Lorenzen denn auch große Unterstützung. Niemand beschwert sich über die Ruhestörung, aber viele wollen die Südtiroler Traditionen hochhalten. Eine Userin schreibt über den empörten Feriengast: „Wenna sich gstört gfühlt hot, solla hingian woa herkimmb.. und sem a bleibm.. sem stört ER wenigschtns net.“
„Viele Leute haben Fotos gemacht und sich über den Weckruf sichtlich gefreut“, sagt auch Philipp Kofler. Nachdem jetzt der Startschuss für die Jubiläumsfeierlichkeiten gefallen ist, geht es mit einem großen Fest Anfang August weiter. Der empörte Urlauber wird dann wohl längst abgereist sein.
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Kommentare (35)
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carlotta
glab do wirklich jemand, dass des a URLAUBER(!) isch… wobei so kannt men de Menschen a bezeichnen.. de do gratis leben, die Kinder werden a durchgfiatert und de insere Kultur nit megen, lai es Geld… jo,,, stimmt eigentlich.. Turisti per sempre
andreas
@Redaktion
Warum lässt ihr es zu, dass goggile sich selbst so vorführt?
adobei
Da können sich wieder einmal einige superschlaue Rechte über die Migranten austoben. Leider war es kein Migrant sondern ein Urlauber aus dem Süden.