Geschützte Trauben
Nach den verheerenden Hagelschäden im Überetsch und Unterland sagen Experten: Auch im Südtiroler Weinbau werden Hagelschutznetze bald Standard sein.
von Lisi Lang
Gebietsweise rechnen wir mit einem Ernteausfall von einhundert Prozent.“ Diese Aussage hat man in den letzten Jahren nach schweren Hagelschlägen immer wieder gehört. Erst letzte Woche hat ein intensiver Hagelschlag im Überetsch und Unterland zahlreiche Bauern getroffen. Dieses Mal vor allem Weinbauern.
Es kommt daher nicht von ungefähr, dass sich auch Weinbauern immer häufiger Gedanken darüber machen, wie sie ihre Ernte vor derartigen Hagelschlägen schützen können. Während im Obstbau schon seit Jahren Anlagen mit Hagelschutznetzen ausgestattet werden – in den letzten Jahren immer häufiger – rüsten nun auch immer mehr Weinbauern auf und schützen ihre Reben mit Hagelschutznetzen. „Jeder Landwirt will seine Ernte sichern und da die Hagelschläge in den letzten Jahren große Schäden verursacht haben, denken natürlich auch immer mehr Weinbauern über Hagelschutznetze nach“, bestätigt Hannes Baumgartner, Präsident der Freien Weinbauern in Südtirol.
Hagelschutznetze bei Reben sehen aber anders aus, als im Obstbau. Während im Obstbau über den Gipfeln der Pflanzen Netze gespannt werden, um so die darunterliegenden Bäume zu schützen, werden die Reben eingenetzt. „Die Netze werden praktisch nicht über die Pflanzen gespannt sondern es handelt sich um eine seitliche Einnetzung: zwei Drittel der Laubzone und die Trauben werden praktisch links und rechts eingenetzt“, erklärt Barbara Raifer Leiterin des Bereichs Weinbau vom Versuchszentrum Laimburg.
In Waldnähe oder zum Schutz vor Vögeln werden derartige Netze in Südtirol zum Teil schon eingesetzt, nun könnte deren Verbreitung noch weiter zunehmen, eben um die Weinreben vor Hagelschlägen zu schützen. „Die Verbreitung wird sicher zunehmen“, so Barbara Raifer, „vor allem auch, weil eine Hagelschutzversicherung nur den einjährigen Ausfall bewertet, Hagelschläge oft aber auch Pflanzen und Triebe beschädigen, was das Wachstum der Rebe auch im Folgejahr beeinträchtigen kann.“
Aktuell wird nur ein kleiner Teil der Weinbaufläche in Südtirol mit Hagelnetzen geschützt – in Zukunft könnten es aber weit mehr Flächen sein. „Erfahrungsgemäß ermutigen Genossenschaften ihre Mitglieder nach Ereignissen wie dem Hagelschlag im Überetsch auch über Schutzmaßnahmen nachzudenken“, so Barbara Raifer.
Kostentechnisch ist das Anbringen von Hagelschutznetzen im Weinbau zwar etwas günstiger als im Obstbau, dennoch müsse man von Kosten von 10.000 bis 15.000 Euro pro Hektar ausgehen, erklärt Hannes Baumgartner. „Für das Netz spricht sicher, dass es die Ernte vor Hagelschlägen schützt, Nachteile sind unter anderem die hohen Kosten und der steigende Arbeitsaufwand, da die Netze vor den Arbeitsschritten geöffnet und danach wieder geschlossen werden müssen“, erläutert der Präsident der Freiein Weinbauern.
Gegen die Kirschessigfliege helfen Hagelnetze nicht, da sie zu grobmaschig sind. „Es wird auch gegen die Kirschessigfliege mit Netzen gearbeitet, aber mit sehr feinmaschigen, die dann auch noch besonders gut verschlossen werden müssen“, so Barbara Raifer. Da man die Hagelnetze im Laufe des Sommers zudem mehrmals für die Bearbeitung der Reben öffnen muss, wäre es zu aufwändig Hagel- und Kirschessigfliegenetze zu kombinieren.
Diskussionen über den optischen Aspekt, wie bei den Hagelnetzten im Obstbau, gibt es kaum. „Vor allem in der Hauptsaison, also sobald die Netze normalerweise aufgespannt sind, sieht man sie kaum, da die Blätter das Netz abdecken“, so Hannes Baumgartner. Zudem sei der obere Bereich der Rebe nicht eingenetzt und das Laub frei. Auch daher sei die Diskussion über die optische Beeinträchtigung geringer. „Die Netze stören das Landschaftsbild nur, wenn sie zu früh aufgespannt werden, sprich, wenn die Reben noch keine Blätter tragen, dann sieht man schwarze Streifen, die störend wirken könnten“, erklärt Barbara Raifer. Normal werden Hagelschutznetze im Weinbau aber nur während der Hauptzeit aufgespannt, die restliche Zeit rollt man sie zusammen.
Auch die Auswirkungen für die Weintrauben sind minimal. „Man hat weder größere Probleme mit dem Pflanzenschutz noch wird die Traube im Wachstum beeinträchtigt“, so Barbara Raifer über die Versuchsergebnisse der Laimburg.
Auch beim Südtiroler Beratungsring ist man sich sicher: „Hagelnetze im Weinbau werden in vielen Gebieten zum Standard werden, da es einfach nicht mehr anders geht“, weiß Hansjörg Hafner, Bereichsleiter Weinbau vom Südtiroler Beratungsdienst. Aufgrund der Hagelschläge der letzten Jahre sehe man bereits jetzt eine Zunahme, die in den nächsten Jahren noch stärker sein wird.
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