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„Eine Schweinerei“

Anna Vikoler, Vorstandsmitglied der Freiheitlichen, rechnet mir ihrer eigenen Partei ab: „Wer aus den Reihen tanzt, wird fristlos entfernt.“ Und bricht eine Lanze für die Volkspartei.

Tageszeitung: Frau Vikoler, zunächst der Ausschluss von Roland Tinkhauser, dann die Aufregung um die Quereinsteiger auf der Landtagsliste und schließlich der Austritt von Arno Mall: Wie erleben Sie die Turbulenzen innerhalb Ihrer Partei? 

Anna Vikoler: Ich wurde vor anderthalb Jahren mit einem großen Stimmenanteil in den Vorstand der Freiheitlichen gewählt. Damals wurde ich von Reinhard Gaiser vorgeschlagen, der als Urgestein der Freiheitlichen bezeichnet wird. (Klammer auf: Ich frage mich, wie jemand nach 25 Jahren noch immer an derselben Stelle sitzt und keinen Millimeter weitergekommen ist. Klammer zu.) Als neues Mitglied im Vorstand habe ich eine gewisse Zeit gebraucht, um zu durchschauen, was sich da abspielt. Es ist nicht das, was nach außen dringt.

Wie meinen Sie das?

Ich sage Ihnen: Da sitzt ein Herr Stocker (Sigmar Stocker, A.d.R) im Vorstand, der sich nur mit persönlichen Anliegen befasst und keine eigene Meinung hat. Er ist der Schoßhund von Ulli Mai, die für mich die Eislady mit dem Zepter ist. In der Partei kann keiner überleben, der sich ihr nicht unterwirft. Sie stellt die Leute an die Front und treibt sie weiter nach vorne, ohne dafür auch die Verantwortung zu übernehmen. Ulli Mair schreibt auf Facebook: ,Lieber Tomaten auf den Augen als keine Eier in der Hose.“ Diese vulgäre Sprache zeugt nicht von Stil und Klasse. Sie schreit ständig in die Mikrofone und hüpft in die Kameras. Was hat das mit den politischen Prinzipien der Freiheitlichen zu tun? Und dann – Eins, zwei, drei – schlüpft auch noch der Ach (Generalsekretär Florian von Ach) aus dem Ei. Seitdem haben wir bei den Freiheitlichen ein Dreierrennen, bei dem kein anderer mehr einen Platz finden soll. ich habe das in den Sitzungen oft angeprangert: Das ist wie ein Völkerballspiel, bei dem man von Anfang an versucht hat, Tamara Oberhofer, Walter Blaas und Roland Tinkhauser abzuschießen.

Die neue Parteiführung will sich unliebsame Konkurrenten für die Landtagswahlen vom Leib schaffen?

Genau. Die drei durften sich nie öffentlich äußern – und taten sie es doch, wurden sie intern abgekanzelt und an den Pranger gestellt. Dabei stehen Tamara Oberhofer, Walter Blaas und Roland Tinkhauser für Bescheidenheit, Professionalität und Einsatzwillen. Sie haben Stil und Klasse und hüpfen bei Events nicht ständig in die Kameras, sondern sitzen im Büro und arbeiten. Sie beschäftigen sich mit den Problemen der Bevölkerung. Sie operieren nicht mit einfachen Schlagwörtern wie „Krankenhaus“ oder „Migration“, sondern haben echte Lösungsvorschläge.

Was sagen Sie zur Kritik des zurückgetretenen Arno Mall an der Kandidatenliste?

Ich sage ein und dasselbe. Tinkhauser wurde ohne Grund beseitigt. Dafür wurde mit Kathrin Niederbacher, die ich persönlich nicht kenne, eine tätowierte Lady auf die Liste gesetzt, die Nacktfotos jeder Art auf Facebook stellt und mit Schlangen tanzt. Sie ist sogar einen Platz weiter vorne gereiht als Tamara Oberhofer. Damit will man eine Attraktion für die Wahlen schaffen. Obmann Andreas Leiter Reber sagt, die Liste vertrete die normalen Leute aus dem Volk. Sagen Sie mir: Wie viele normale Südtiroler tanzen mit Schlangen und stellen Nacktfotos ins Netz? Ich sage Ihnen: Von zehn Südtirolern haben elf einen anderen Lebensstil wie diese Kandidatin.

Was sagen Sie zur Kandidatur des Ehrenobmanns?

Bei Pius Leitner kann von Bescheidenheit keine Rede sein. Er hat bei seinem Abschied aus dem Landtag Krokodiltränen geweint. Die Tränen erinnern mich an die Ministerin Fornero, die vor allem den armen Leuten die Taschen geräumt und gleichzeitig mit der Äußerung „Armes Volk“ geweint hat! Zuerst hat Leitner jahrelang öffentliches Geld abgeräumt, dann tritt er ab und jetzt tritt er wieder an, um weiteres Geld abzuräumen. Ich glaube auch nicht an die Geschichte vom Justizopfer, das sich nichts zuschulden hat kommen lassen. Wenn jemand von einem italienischen Gericht verurteilt wird, dann muss zumindest eine kleines bisschen Wahrheit dahinter stehen.

Warum haben Sie nicht im Vorstand gegen die Kandidatenliste protestiert?

Ich habe mir Urlaub genommen und konnte nicht zur Sitzung erscheinen. Ohnehin habe ich vor kurzem erfahren, dass man mich aus dem Vorstand schmeißen will. Bei den Freiheitlichen erfährt man das alles im Hintergrund; dort greift man immer von hinten an, weil man keine Argumente hat.

Werden Sie sich dagegen wehren? 

Wenn sie mich ausschließen, werde ich das mit einem Lächeln genießen. Es wäre mir zu viel Arbeit, ein Rücktrittsschreiben zu verfassen. Ich hätte für diese Liste sowieso nie kandidiert, weil ich mich nicht mit einer Schlangenlady in die Reihe stelle. Ich habe ein Image und eine Würde. Zudem konnte ich einen Blick hinter die Kulissen dieser Partei werfen. Ich kann authentisch darüber sprechen, was da abgeht. Herr Reber versucht nur mehr, die Decke über den Brandherd zu werfen, doch es wird ihm nicht gelingen, alles zu verdecken. Bei den Freiheitlichen gibt es noch weit größere Skandale als den Penisring-Skandal. Deshalb will ich der Volkspartei ein großes Lob aussprechen. Auch in der SVP ist nicht alles perfekt. Ich bin vor fünf Jahren ausgetreten, weil ich die rasche Einbürgerung der Schwedin auf der Landtagsliste nicht akzeptieren konnte. Die SVP ist aber — im Gegensatz zu den Freiheitlichen — eine seriöse Partei mit kompetenten Kandidaten. Der LH ist ein Mann von großer Intelligenz. Auch Tamara Oberhofer ist eine hervorragende Politikerin, die sich eine weitere Legislatur im Landtag verdient hat. Doch wer bei den Freiheitlichen aus den Reihen tanzt, wird fristlos entfernt.

Wer macht bei den Wahlen im Herbst das Rennen?

Hoffentlich nicht von Ach. Er will groß werden, auf Kosten der anderen. Wenn freiheitliche Politik nur ein Rennen um die Sessel ist, dann frage ich mich, was das für eine Politik ist. Ich habe mit sehr vielen Menschen sondiert, die sich — als sie meine Schilderungen hörten — die Hände über den Kopf zusammengeschlagen haben. Viele sagten mir, dass sie sich nicht mehr an den Wahlen beteiligen wollen. Doch ich halte das für falsch. Damit gibt man jenen die Stimme, denen man sie eigentlich nicht geben will. Ich weiß noch nicht, wen ich wähle. Wer die Freiheitlichen wählt, dem empfehle ich, Tamara Oberhofer und Walter Blaas die Vorzugsstimmen zu geben. TInkhauser ist ja nicht mehr möglich. Dass man eine Person ohne Grund so in die Ecke stellt, ist eine Schweinerei!

Interview: Matthias Kofler

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