Verkaufte Klinik
Nach 128 Jahren hat die Privatklinik Dr. von Guggenberg in Brixen den Kurbetrieb eingestellt. Die Einrichtung steht zum Verkauf.
von Erna Egger
Auf der Homepage der Privatklinik Dr. von Guggenberg in Brixen erscheint folgende Mitteilung: „Unsere Privatklinik bleibt vorübergehend bis zu einer Neuausrichtung des Hauses geschlossen. Die Kur-Abteilung (Rehabilitation und Physiotherapie) unter der bewährten Leitung von Helmuth Seyr bleibt weiterhin für Sie geöffnet.“
Was steckt hinter dieser Nachricht und wie soll die Neuausrichtung erfolgen?
Das Traditionsunternehmen hat im Dezember 2017 den Kurbetrieb eingestellt.
Die italienische Bezirkszeitung „Isarco News“ vermeldet nun in ihrer jüngsten Ausgabe, dass die Privatklinik zum Verkauf steht.
Als Liquidatoren wurden die beiden Steuerberater Gerd Baumgartner aus Bruneck und Alexander Tauber aus Brixen eingesetzt.
„Es stimmt, die Privatklinik steht zum Verkauf“, bestätigt Tauber, der gleichzeitig aber klarstellt: „Von einem Konkurs oder von Zahlungsunfähigkeit kann aber nicht die Rede sein. Es gibt zwar Bankschulden, aber der Wert des Areals übersteigt die Schulden um ein Mehrfaches. Sämtliche Lieferanten und auch alle Mitarbeiter wurden bezahlt.“
Die Klinik hat eine wechselhafte Geschichte hinter sich, nach 128 Jahren schließt sie somit definitiv ihre Tore. 1890 wurde die Betreuungseinrichtung von Otto von Guggenberg gegründet, der sich Sebastian Kneipps Kurmethode aneignete.
Die Leitung des Kurhauses stand immer wieder vor existenziellen Schwierigkeiten, ein Fortbestand stand oft auf der Kippe: Ein schwerer Einschnitt war der Tod von Otto von Guggenberg im Jahre 1914 und der Ausbruch des Ersten Weltkrieges.
Während des Zweiten Weltkrieges wurde das Haus als Erholungsheim für Offiziere des italienischen Heeres zweckentfremdet, später als Hilfsspital der Stadt Brixen genutzt.
Der Neustart der Kuranstalt in den Jahren 1948 bis 1959 erforderte große Anstrengungen.
Mehrmals wurde das Haus grundlegend saniert und auf den neuesten Stand gebracht.
Die erfolgreiche Kuranstalt konnte namhafte Persönlichkeiten aus Politik und Gesellschaft begrüßen.
Die Entwicklungen der letzten Jahre haben nun aber die Familie gezwungen, das Kurhaus zu verkaufen. Verschiedene Gründe hätten diesen Schritt herbeigeführt: „Das bisherige Geschäftsmodell des Kurhauses ist aufgrund der geänderten Marktbedingungen nicht mehr zeitkonform, es konnte nicht mehr kostendeckend gearbeitet werden“, so Tauber.
Mit der Privatklinik Brixsana wurde ein Konzept ausgearbeitet, dieses ging jedoch nicht auf.
Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten wurden in den letzten drei bis vier Jahren immer größer, die Gewinne blieben aus.
Die Eigentümer haben deswegen beschlossen, die Tätigkeit einzustellen, auch aufgrund von Nachfolgeproblemen: Das Kurhaus gehört historisch zwei Familien zu gleichen Teilen. 50 Prozent der GmbH waren im Besitz von Dr. Markus von Guggenberg. Seine Witwe Edeltraud Mitterrutzner führte den Betrieb bis vor Kurzem operativ weiter und es war zweifelsohne ihr Verdienst, dass das Kurhaus über die Jahre hinweg erfolgreich tätig war. Die weiteren 50 Prozent gehören der Mailänder Familie um Ingenieur Eberhard von Guggenberg. Letzterer war jedoch letztlich nur stiller Gesellschafter.
In der Brixner Familie gibt es keinen Nachfolger, der die Voraussetzungen für die Fortführung der Klinik hätte und auch die Mailänder Familie hat dazu kein Interesse.
Aus diesen Gründen haben sich die Eigentümer zum Verkauf entschlossen.
„Weiter geführt wird zurzeit bis mindestens Jahresende noch die Physiotherapie- und Reha-Abteilung. Diese arbeitet gut“, sagt Tauber. „Was mit dieser Abteilung jedoch nach einem eventuellen Verkauf passiert, ist offen und hängt vom Investor ab.“ Helmuth Seyr gilt auf seinem Gebiet als Koryphäe.
Die Liquidatoren suchen nun nach Investoren. Geschätzt wird die Immobilie auf mindestens zehn Millionen Euro.
Gerüchte um Interessenten gibt es in Brixen en masse.
Sogar Ex-Premierminister Silvio Berlusconi, der von den Ärzten der Klinik vor geraumer Zeit behandelt wurde, wird als Kaufwilliger kolportiert. „Das ist mir nicht bekannt“, lacht Tauber. „Zumindest hat er bislang nicht bei uns angeklopft. Das sind Märchen.“
Es soll auch Investoren aus Russland geben. Tauber dementiert ebenfalls.
„Isarco News“ nennt des Weiteren einen Lüsner Hotelier und die Stiftung Südtiroler Sparkasse.
„Wir führen Gespräche mit möglichen Interessenten aus verschiedenen Sparten, die in Südtirol und Deutschland ansässig sind. Mit einigen Investoren führen wir nach wie vor Verhandlungen, andere haben abgesagt“, so Tauber. Namen will er aber keine nennen. „Aufgrund der beruflichen Schweigepflicht. Aber in einem Fall sind wir schon auf einem guten Punkt, in zwei bis drei Monaten könnte es Neuigkeiten geben.“
Auf Wunsch der derzeitigen Besitzer soll eine Bauspekulation verhindert werden. „In diesem Fall wäre das Gebäude schnell verkauft“, ist sich Tauber sicher. Der Mehrheit der Familie ist es ein Anliegen, dass die Struktur im Geiste der Gründerväter fortgeführt wird. Ob eine Klinik, ein Altenheim, betreutes Wohnen oder eine Mensa: Die Struktur soll als soziale Einrichtung weiterbetrieben werden. „Wenn sich die jetzigen Gespräche konkretisieren sollten, wird eine Struktur zur Altenbetreuung auf dem Areal errichtet. Dann könnte auch die Tätigkeit der Physiotherapie dauerhaft fortgeführt werden“, kündigt Tauber an.
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Kommentare (4)
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robby
Schade, mich verbinden schöne Kindheitserinnerungen an dieses Haus. Im Schwimmbad habe ich das Schwimmen erlernt. Ich habe noch den Geruch des von der Sonne aufgeheizten Holzes in Erinnerung.