„Haben einen Notfallplan“
In Südtirol hat kaum jemand so einen Überblick zur Thematik wie der Bürgermeister der Gemeinde Brenner, Franz Kompatscher. Wie er auf die drohende Grenzschließung in Deutschland reagiert.
Tageszeitung: Herr Kompatscher, beunruhigt Sie die derzeitige Situation in Deutschland?
Franz Kompatscher: Nein, wieso?
Innenminister Horst Seehofer hat angekündigt, Deutschlands Grenzen notfalls dicht zu machen. Auch Österreich will die Flüchtlinge dann nicht im Land behalten. Das bedeutet, viele würden wieder am Brenner landen.
Schauen Sie, wenn wir bei jeder ähnlichen Aussage eines Politikers nervös werden würden, kämen wir gar nicht mehr aus dieser Nervosität heraus. Fakt ist, dass die derzeitige Situation ruhig ist, es sind nur ganz wenige Flüchtlinge unterwegs. Es werden sogar einige zurückgeschickt und dieser Faktor ist nicht unwesentlich.
Trotz der ruhigen Situation pochen verschiedenste Parteien auf eine Lösung der Flüchtlings-Problematik…
Und die muss auch gefunden werden. Es wird ganz viel geredet und wenig getan. Ich habe bereits vor zwei Jahren gesagt, dass man in Afrika Asylgewährungszentren einrichten müsste. Die EU war in den letzten Jahren in der gesamten Problematik nahezu inexistent. Wenn jetzt gewisse Herren laut nachdenken, sollten sie eigentlich dazusagen, dass auch sie Teil der EU sind und nichts zu einer Lösung beigetragen haben. In Deutschland gibt es beispielsweise seit mehreren Jahren die gleiche Regierung. Aber niemand – auch nicht der Seehofer – hat etwas Konkretes unternommen. Der Ansatz, Einrichtungen zu schaffen, die Mittelmeerroute zu schließen und legale Korridorwege zu schaffen, wäre dabei kein schlechter.
Die Lage in Deutschland wirkt dennoch instabil. Wäre man auf den schlimmsten Fall – dass Deutschland und Österreich ihre Grenzen schließen – vorbereitet?
Wir haben mit dem Landeshauptmann bereits vor einigen Jahren einen Notfallplan erstellt. Aber momentan sehe ich keinen Grund, diesen in Kraft treten zu lassen. Auch nicht im schlimmsten Fall.
Wie sieht dieser Notfallplan aus?
Wir haben das noch nie bekannt gegeben und werden das auch weiterhin nicht tun. Ich kann nur so viel sagen, dass wir die passenden Orte hätten, um provisorische Einrichtungen zu bauen.
Sie kennen aufgrund Ihres Bürgermeisteramtes die Situation der Flüchtenden in Südtirol bestens. Wie geht es den Flüchtlingen?
In Südtirol geht es den Flüchtlingen genauso wie im Rest der EU sehr gut. Es gibt weltweit weitaus schlimmere Zustände. Hier wird aber jeder ordentlich behandelt. Dennoch ist nicht alles optimal. Die größte Herausforderung der Zukunft wird es sein, Systeme zu finden, die Asylanträge schneller zu bearbeiten. Immer vorausgesetzt, man setzt den angedachten Weg um, die Mittelmeerroute zu schließen und nur mehr legale Korridorwege zuzulassen. Das ist auch wichtig, um den Flüchtlingen schwere Schicksale zu ersparen. Denn die Schlepperbanden spielen mit den Menschenleben und ihnen muss das Handwerk gelegt werden.
Also wäre eine Grenzschließung aus humanitären Gründen der richtige Weg?
Ja, zum einen aus dem zuvor genannten Grund, zum anderen aber auch, weil wir nicht alle reinlassen können. Wir dürfen nur Flüchtlinge reinlassen, die die Voraussetzungen haben. Also nur Kriegsflüchtlinge und keine Wirtschaftsflüchtlinge. Hierfür sind vor allem die Asylgewährungszentren enorm wichtig. Aber auch eine schnellere Abwicklung des Asylantrages muss eben erfolgen.
Die Betreuung der Flüchtlinge hängt vielerorts stark mit der Freiwilligenarbeit zusammen. Gibt es immer noch so viele Freiwillige wie 2015, zum Beginn der Flüchtlingskrise?
Die Freiwilligenarbeit ist in der Tat wichtig für die Bewältigung der Flüchtlingskrise. Mittlerweile hat diese aber etwas nachgelassen, auch weil es nicht mehr so notwendig ist. Anfänglich wurde in unserer Gemeinde sehr viel auf freiwilliger Basis geleistet. Die Bürger haben damit ein großes Beispiel an Menschlichkeit gegeben. Jetzt ist die Notwenidigkeit aufgrund der relativ ruhigen Situation nicht mehr so groß. Es gibt aber nach wie vor Menschen, die den Flüchtlingen helfen.
Interview: Markus Rufin
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Kommentare (36)
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andreas
Verliert Seehofer den Machtkampf mit Merkel, ist er weg, gewinnt er ihn, ist er auch weg.
Es lohnt sich also nicht großartig auf den Schwätzer aus Bayern zu hören, welcher Salvini in nichts nachsteht, welcher sich 2006 bei der WM mit einem T-Shirt „Auf geht´s Deutschland“ ablichten lies und 30 Tage in Haft saß, weil er ein Ei auf Massimo d´Alema geworfen hat.
Innenminister neigen momentan anscheinend dazu, allein die Welt retten zu wollen. 🙂
noando
womit sich die quadratur des kreises schließt – 😀