„Bin kein Verräter“
Ist Roland Tinkhauser in der falschen Partei? Der F-Abgeordnete erklärt, warum er Gert Lanz für einen guten Kandidaten hält. Warum er die SVP-Wirtschaftspolitik zu 80 Prozent mitträgt. Und unter welchen Voraussetzungen er zu einer Kandidatur bereit ist.
TAGESZEITUNG Online: Herr Tinkhauser, warum kandidieren Sie eigentlich nicht für die SVP?
Roland Tinkhauser: Das ist ganz einfach: Ich habe vor zwölf Jahren angefangen, bei den Freiheitlichen Politik zu machen, weil ich davon überzeugt bin, dass es in diesem Land ein starkes Gegengewicht zu einer übermäßig starken Partei braucht. Das ist meine Grundeinstellung. Ich mache hauptsächlich Wirtschaftspolitik. Und so ehrlich muss man sein, anzuerkennen, dass die Wirtschaftspolitik der Freiheitlichen bzw. meine Wirtschaftspolitik in sehr vielen Bereichen deckungsgleich ist mit jener der SVP. Ich würde sagen zu 80 Prozent. Das heißt aber nicht, dass ich nicht in einigen Bereichen andere Ideen und Vorschläge hätte.
Diese Deckungsgleichheit ist in Ihrem Fall beim Flughafen-Thema sehr klar zum Ausdruck gekommen …
Ja, wobei man aber auch sagen muss, dass beim Thema Flughafen auch Trennlinien durch die SVP gingen.
Ihr Ja zum Flughafen wurde in Ihrer Partei sehr kontrovers diskutiert …
Das ist richtig.
Zurecht?
Wenn man in parteipolitischen Kategorien denkt, war die Kritik an meiner Position zum Flughafen gerechtfertigt. Wenn ich aber an meine wirtschaftsliberale Einstellung denke, habe ich diesen Weg gehen müssen. Alles andere wäre nicht kohärent gewesen.
Wie viel SVP steckt in Roland Tinkhauser?
In der Wirtschaft ist es wichtig, dass unterm Strick ein Plus herauskommt. Ich habe kein Problem damit zu sagen, dann in Südtirol in den letzten Jahre keine schlechte Wirtschaftspolitik gemacht worden ist. Die Exporte steigen, die Arbeitslosenzahlen sinken, in die Innovation wird investiert. Sogar mein Betrieb wächst. Ich kann also nicht sage: Alles, was gemacht wurde, ist schlecht. Freilich: Es gibt einige Punkte, die man kritisieren kann, beispielsweise die Verwaltungsabläufe für Gewerbetreibende. Es wird viel von Bürokratieabbau gesprochen, daher wäre es wichtig, Verfahren wie Blockchain …
… ein dezentral geführtes Buchungssystem …
… anzudenken. Die Digitalisierung in Südtirol muss so schnell wie möglich abgeschlossen werden. Und ganz wichtig: Die Infrastrukturen müssen angepasst werden, denken Sie nur an die prekäre Situation auf der Pustertaler Straße.
Zuletzt haben Sie mit der Aussage in der TAGESZEITUNG, Gert Lanz sei ein guter Kandidat für die SVP für Furore gesorgt. Warum ist Lanz in Ihren Augen ein guter Kandidat?
Ich nenne Ihnen ein Beispiel: Wir haben letzte Woche das Raumordnungsgesetz gemacht. Die freiheitlichen Landtagsabgeordneten Tinkhauser, Blaas, Oberhofer und Zingerle waren fast drei Stunden lang am Sitz des LVH und haben gemeinsam mit Gert Lanz das Gesetz durchgekaut, wobei viele unserer Vorschläge übernommen wurden. Wir haben 35 Abänderungsvorschläge eingebracht, die wir zuvor mit dem LVH diskutiert haben …
Sie wollen damit sagen?
Wenn ich gefragt werde, was ich vom Kandidaten Lanz halte, dann kann ich nicht sagen, dass er inhaltlich nichts versteht. Gleichwohl sage ich aber auch, dass Gert Lanz jetzt als Kandidat der SVP als LVH-Chef zurücktreten muss. Denn er kann nicht den LVH-Apparat hernehmen, um Werbung für den Wahlkampf zu machen.
Aber können Sie nachvollziehen, dass Ihre Sympathiebekundung für Gert Lanz vielen in Ihrer Partei sauer aufgestoßen ist?
Das kann ich verstehen, aber meine Grundeinstellung ist: Ich habe seit jeher vom Verkauf gelebt, ein guter Verkäufer lobt seine Waren und macht nicht andere schlecht.
Es ist ein offenes Geheimnis, dass Sie stark am Überlegen sind, die Politik aufzugeben, um unternehmerisch noch einmal voll durchstarten können …
Das stimmt.
Ihr Obmann Andreas Leiter Reber hat Ihnen über das Radio ausgerichtet, dass Sie ruhig Ihre privaten Geschäften nachgehen sollten, wenn Sie das lieber tun …
Diese Aussage habe ich selbst nicht gehört, ich habe aber viele Rückmeldungen bekommen.
Klingt nicht so, wie wenn Leiter Reber mit Ihnen rechnen würde …
Schauen Sie: Es wäre für Südtirol sehr wichtig, wenn sich viele Unternehmer bereiterklären würden, in der Politik mitzuarbeiten, aber weiterhin in ihren Unternehmen bleiben. Ich kann ja nicht von einem Hotelier verlangen, dass er sich – wenn er in den Landtag gewählt wird – nicht mehr um sein Hotel kümmert. Gleichwohl kann ich von einem Bauern, der im Landtag sitzt, nicht verlangen, dass er die Äpfel auf dem Baum oben lässt.
Sie plädieren für Wirtschaftspolitiker, die mit einem Bein in der Politik und mit dem anderen in ihren Unternehmen stehen?
Ja, weil das sogar ein Vorteil ist, weil man dann weiß, welche die reellen Schwierigkeiten und Probleme sind. Ich sehe das auch bei mir: Ich will meinen Betrieb erweitern, erlebe aber am eigenen Leib, mit welchen Hürden dies teilweise verbunden ist und wie lange solche Verfahren dauern. Ich weiß auch, wie schwierig es ist, Fachkräfte zu finden und wie es um unsere Konkurrenzfähigkeit aufgrund der staatlichen Steuern steht.
Ein anderer Aspekt: Mit Tobias Weger haben Sie einen SVP-Gemeinderat aus Rodeneck zu ihrem persönlichen Sekretär im Landtagspräsidium ernannt …
Der Tobias ist ein loyaler Bursche und sehr, sehr fähig. Ich bin sehr froh, dass ich ihn habe.
Aus Ihrem engsten Umfeld heißt es, Sie hätten sich dafür entschieden, im Herbst nicht mehr zu kandidieren …
(lacht) Ein Politiker muss solche Spekulationen aushalten können.
Was ist Sache?
Ich war am letzten Wochenende und auch in den letzten Tagen mit Kollegen unterwegs, ich wurde von vielen Menschen angesprochen. Der Tenor war: Ja, spinnst du jetzt total?
Treten Sie an oder nicht?
Ich warte, bis ich die Liste sehe, dann entscheide ich. Wir amtierenden Landtagsabgeordneten wurden vor fünf Monaten gefragt, ob wir wieder kandidieren möchten. Alle Abgeordneten haben ihr grundsätzliches Interesse bekundet, erneut zu kandidieren. Es wurde ein Ausschuss eingesetzt, der die Liste zusammenstellt, der Vorstand wird die Liste dann beschließen. Und diese Liste will ich mir anschauen.
Es geht Ihnen um die Reihung?
Nein, ich möchte sehen, wie das Team aussieht. Einen guten Wahlkampf kann man nur mit einem guten Team machen. Ich muss wissen, ob die Harmonie gegeben ist und ob bärige Typen auf der Liste sind, mit denen man wahlkämpfen kann.
Es heißt, die Freiheitlichen wollten mit einem Trio – Andreas Leiter Reber, Ulli Mair und Florian von Ach – in den Wahlkampf ziehen?
Das liegt in ihrer Entscheidung, da mische ich mich nicht ein.
Wenn alle Stricke reißen, können Sie immer noch mit Gert Lanz auf der SVP-Liste kandidieren.
Das kommt für mich nicht in Frage. Ich bin kein Verräter.
Interview: Artur Oberhofer
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Kommentare (10)
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erich
Tinkhauser wäre der einzige Grund die FH zu wählen, alle anderen haben keine Strategie. Erst treffen sie sich jahrelang in Verona mit der Lega, dann kneifen sie vor den Wahlen zum Parlament und um die Tür komplett zu schließen bringt Leitner genau in dieser Phase seinen Plan zum Freistaat. Die SVP kann sich bedanken für diesem Türöffner zur Lega.
andreas
Es spricht für Tinkhauser, dass ihn das parteipolitische Geplänkel egal ist und er lösungsorientierte Politik machen möchte.
Wenn ein Vorschlag gut ist, sollte es egal sein, von wem er kommt. Dies gilt aber auch für die SVP.
Der beste Satz ist aber „Ich habe seit jeher vom Verkauf gelebt, ein guter Verkäufer lobt seine Waren und macht nicht andere schlecht.“
Den Satz sollten sich die Freiheitlichen, insbesondere die 3 Musketiere, Andreas Leiter Reber, Ulli Mair und Florian von Ach, auf die Stirn pappen. 🙂
leser
Ja aber was machst du wenn du nichts anderes gelernt hast
george
Tinkhauser ist ein typischer Opportunist,schaut nur auf den eigenen Sack. Solche laufen heutzutage leider sehr viele herum und viele fallen darauf ein ( wwie z. B. ‚andreas‘). Was an solcher Egomanie lösungsorientiert ist, ist es meist nur gut getarnt für sich selbst, so dass es andere nicht merken sollten.