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Die Schwergeburt

Giuseppe Conte (Foto: Quirinale)

Staatspräsident Sergio Mattarella wird am Freitagvormittag die Regierung Giuseppe Conte angeloben. Paolo Savona wird Europaminister.

Aus Rom ist wieder einmal ein Durchbruch bei den Verhandlungen zur Bildung einer Regierung zu vermelden: Giuseppe Conte hat am Donnerstagabend nach stundenlangen Verhandlungen zwischen der 5-Sterne-Bewegung und der Lega von Staatspräsident Sergio Mattarella einen Regierungs­auftrag erhalten.

Bereits zum zweiten Mal.

Bereits vergangene Wocheersuchte der parteilose Rechtsprofessor, eine Exekutive der Populisten auf die Beine zu stellen. Doch dann war diese in letzter Sekunde noch geplatzt: Lega-Chef Matteo Salvini hatte darauf bestanden, dass der höchst umstrittene Euro-Gegner Paolo Savona Finanz- und Wirtschaftsminister wird – und Staatspräsident Sergio Mattarella stellte sich quer.

Der 81-jährige Ökonom Savona soll nun Europaminister werden. Für das Amt des Finanz- und Wirtschaftsministers schlagen die Koalitionspartner Giovanni Tria vor, Wirtschaftsprofessor an der römischen Tor-Vergata-Universität.

Von Tria heißt es, wer würde die von der Lega versprochene «Flat Tax» gut finden, ebenso das von den Cinque Stelle propagierte „bedingungslose“ Grundeinkommen. Lega-Führer Matteo Salvini wird – wie erwartet – Innenminister und Vizepremier, der politische Chef der Cinque Stelle, Luigi Di Maio, wird Sozialminister und ebenfalls Vizepremier.

Unterstaatssekretär im Ministerratspräsidium wird Giancarlo Giorgetti von der Lega.

Elisabetta Trenta, die den Cinque Stelle nahesteht, wird Verteidigungsministerin, Moavero Milanesi wird Außenminister. Der Trentiner M5S-Politiker Riccardo Fraccaro wird Minister für die Beziehungen zum Parlament und für Direkte Demokratie.

Regionalministerin wird Erika Stefani, eine 47-jährige Senatorin des M5S, im Hauptberuf Anwältin.

Alfonso Bonafede vom M5S wird Justizminister.

Die Staranwältin Giulia Bongiorno (Lega) wird Ministerin für die öffentliche Verwaltung. Barbara Lezzi vom M5S wird für den Süden zuständig sein, Lorenzo Fontana von der Lega wird Familienminister. Danilo Toninenlli (M5S) wird Infrastrukturminister. Marco Busetti von der Lega wird Unterrichtsminister. Sergio Costa wird das Umweltressort verwalten. Giulia Grillo von den Cinque Stelle wird Gesundheitsministerin.

Im Kabinett Conte sitzen 18 Männer und 5 Frauen.

Am Donnerstag ging es in Rom Schlag auf Schlag.

Conte war am Donnerstag aus Florenz zurückgekehrt, um im Montecitorio-Palast an den Koalitionsverhandlungen von Cinque Stelle und Lega teilzunehmen.

Dabei ergab sich ein höchst skurriles Szenenbild: Im selben Palazzo befanden sich plötzlich ein designierter Regierungschef, der Ökonom Carlo Cotta­relli, der ebenfalls bereits dabei war, eine Ministerliste zu erstellen.

Der ehemalige Spending Review-Kommissar in der Regierung Letta, Cottarelli, war am Montag von Staatspräsident Sergio Mattarella mit der Bildung einer Übergangsregierung beauftragt worden. Doch nach der Einigung zwischen Cinque Stelle und der Lega hat Cottarelli sein Mandat am Donnerstagabend zurückgegeben.

Der ehemalige IWF-Ökonom und sein Kabinett hätten Italien lediglich zu baldigen Neuwahlen Ende Juli oder im Herbst führen sollen.

Neuwahlen – die insbesondere die vielen Neo-Parlamentarier der Cinque Stelle nicht gewollt hätten – sind nun wohl vom Tisch:

Die Regierung Conte wird am Freitag um 16.00 Uhr vereidigt.

Dies würde bedeuten, dass Mattarella der neuen Exekutive seinen Segen geben wird – und dass er insbesondere auch damit leben kann, dass Savona für den Posten des Europaministers vorgesehen ist. Offenbar ist der Staatspräsident der Meinung, dass der eigenwillige Ökonom in seinem neuen Ministerium keinen allzu grossen Schaden wird anrichten können.

Man wird dann sehen, was die Regierung Conte umsetzen kann.

Das Koalitionspapier der neuen Regierung enthält eine massive Steuersenkung, eine Senkung des Rentenalters und ein Bürgereinkommen. Allein diese Maßnahmen würden den hochverschuldeten italienischen Staat jährlich zwischen 108 und 125 Milliarden Euro zusätzlich belasten.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (10)

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  • andreas

    Eine Zweckgemeinschaft, welche nicht viel auf die Reihe bringen wird.
    Die M5Sler werden die Ausländerfeindlichkeit von Salvini nicht mitmachen und die von der Lega die Sozialromantik der M5Sler.

    Was sie erreichen könnten wäre einen Schuldennachlass, da die EU momentan sich gegen USA und China in Handelsfragen durchsetzen muss und mit größeren internen Turbulenzen ihre Verhandlungsposition geschwächt wäre.

    Und sollten die Ratingagenturen reagieren und Italien auf Ramsch setzen, dann bekommen halt die Staatsangestellten und die Pensionisten kein Geld, aber das kann uns ja egal sein, Hauptsache Salvini löst unser Hauptproblem, die Immigration.

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