Der Renten-Bluff
Der Regionalrat zahlt zehn Abgeordneten, die heuer das gesetzlich vorgeschriebene Pensionseintrittsalter erreichen, 6,6 Millionen Euro an Renten-Vorschüssen aus.
Von Matthias Kofler
Die Regionalregierung unter der Leitung von Südtirols Landeshauptmann Arno Kompatscher hat in ihrer Sitzung am 20. April beschlossen, den Regionalrat heuer mit Finanzmitteln im Ausmaß von 34,5 Millionen Euro auszustatten. Diese Summe deckt sich mit der im Dreijahresfinanzplan 2018-2020 des Regionalrats vorgesehenen Zuweisung von Mitteln zu Lasten des Haushaltes der Region.
Fast 98 Prozent der dem Regionalrat heuer zur Verfügung stehenden Gelder werden zur Finanzierung der – so heißt es im Gesetz wörtlich – „institutionellen Organe“ eingesetzt. Darunter sind in erster Linie die Kosten der Politik und der Politiker zu verstehen. So gibt der Regionalrat allein für die Aufwandsentschädigungen, Vorsorgebeiträge und die Rückerstattung der in Ausübung des Mandats bestrittenen Ausgaben der Abgeordneten sowie für die Amtsentschädigungen für die Präsidiumsmitglieder und die Beiträge an die Fraktionen stolze 10,5 Millionen Euro aus. Die Leibrenten der Altmandatare und die Hinterbliebenenrenten stehen im Finanzjahr 2018 mit Ausgaben von weiteren 7,5 Millionen Euro zu Buche. Die Vorsorgebeiträge der amtierenden Mandatare kosten den Regionalrat heuer 1,6 Millionen Euro.
Besonders brisant sind die Ausgaben für die Rentenvorschusszahlungen an die Ex-Mandatare. Im Laufe des heurigen Jahres werden zehn Abgeordnete das gesetzlich vorgesehene Renteneintrittsalter erreichen bzw. haben selbiges schon erreicht: Es sind dies Rosa Thaler Zelger, Hans Berger, Mauro Gilmozzi, Richard Theiner, Riccardo Dello Sbarba, Tiziano Mellarini, Martha Stocker, Hans Heiss, Florian Mussner und Nerio Giovanazzi. Einzig Hans Heiss hat angedeutet, auf die Leibrente zu verzichten.
Das Rentenreform-Gesetz des Regionalrats aus dem Jahr 2014 sieht vor, dass diese Abgeordneten, sofern sie bei den Wahlen im Herbst nicht erneut kandidieren sollten, eine Rentenvorschusszahlung erhalten. Der Regionalrat rechnet hierfür, inklusive Steuern, mit Ausgaben im Ausmaß von 6.615.000 Euro. Das ist mehr Geld, als der Regionalrat bislang von den Altmandataren wieder eintreiben konnte. Denn: Obwohl die Reform von 2014 (leichte) Vorschusskürzungen vorsieht, welche die betroffenen Ex-Mandatare zurückerstatten müssten, flossen bis dato erst 6,2 Millionen Euro in die Kassen des Regionalrats zurück.
Die große Reform von 2014 erweist sich immer mehr als reiner Bluff!
Unterm Strich bekommen die Abgeordneten, die nach der Verabschiedung des Gesetzes im Jahr 2014 artig ihre Vorschüsse zurückbezahlt haben, mit Erreichen des Pensionseintrittsalter fast gleich viel an Vorschüssen überwiesen wie bei der ersten Auszahlung im Zuge der Thaler-Reform von 2012. Laut Berechnungen des Präsidiums müssen die Politiker, die jetzt in Pension gehen, Kürzungen von bescheidenen fünf bis höchstens zehn Prozent hinnehmen.
Die Erklärung ist relativ einfach: Zwar wurde bei der Rentenreform 2014 die Lebenserwartung der Abgeordneten nach unten korrigiert und an die staatliche Sterbetafel „IPS55“ angepasst. Die nun etwas geringere Lebenserwartung fällt bei der Neuberechnung der Vorschüsse nur minimal ins Gewicht. Aber: Der zweite Berechnungsparameter, nämlich der Zinssatz, fällt mittlerweile niedriger – und damit deutlich günstigerer als bei der Erstanwendung – aus.
Da die Materie der Rentenvorschüsse auch steuerrechtlich äußerst komplex ist, hat das Regionalratspräsidium unter Thomas Widmann den Experten Massimo Antonio Procopio, Professor für Steuerrecht in Rom, für Beratungen engagiert. Kostenpunkt: 15.000 Euro. Zudem wurde der Risikofonds für Gerichtsspesen und allfällige Folgekosten im Zusammenhang mit den Rekursverfahren der Altmandatare vor dem römischen Verfassungsgericht mit 17 Millionen Euro ausgestattet.
Unterschreiben Sie hier die Online-Petition gegen die Renten-Vorschüsse
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