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Ungute Szenarien

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Laut dem neuen Klimareport kommt auf Südtirols Landwirtschaft eine Zeit mit großen Herausforderungen zu: größere Hitze, Wasserknappheit, frühere Blüte, mehr Schädlinge – und vermutlich mehr Frost und Hagel.

von Heinrich Schwarz

Der Klimareport der Eurac hat viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Das zentrale Ergebnis: Sinken die CO2-Emissionen nicht, steigen die Sommertemperaturen bis zum Jahr 2050 um weitere 1,5 Grad und bis 2100 um fünf Grad. Auch beim optimistischen Szenario mit einem Rückgang der Emissionen ab 2040 kommt es zu einem Temperaturanstieg.

Die TAGESZEITUNG hat sich die Auswirkungen des Klimawandels auf die Südtiroler Landwirtschaft genauer angeschaut. Laut der Eurac kommen auf die Bauern in den nächsten Jahrzehnten nämlich weitreichende Herausforderungen zu. Die Szenarien versprechen nichts Gutes.

Die Forscher Georg Niedrist und Thomas Streifeneder schreiben zur Ausgangslage: „Unter den Landwirten hat die Sensibilität bezüglich des Klimawandels deutlich zugenommen und es besteht solides Grundwissen über die Folgen von Hitze und Dürre. Auch in der Verwaltung und den landwirtschaftlichen Forschungseinrichtungen fehlt es nicht an Fachwissen, sondern allenfalls an der Umsetzung in die Praxis.“

Bereits in den letzten Jahrzehnten hatte der Klimawandel laut dem Klimareport Auswirkungen auf Südtirols Landwirtschaft. So habe sich die Apfelblüte in 40 Jahren rund zwei Wochen nach vorne verschoben (weitere Entwicklung siehe Grafik), wodurch die Fruchtgröße zugenommen und die Fruchtfestigkeit und die Lagerfähigkeit abgenommen haben. Weiters habe die Zunahme der Sonnenstunden um 20 Prozent zu mehr Fruchtschäden durch Sonnenbrand geführt.

Wie es im Klimareport heißt, verringern die zunehmend milderen Winter die Mortalität von Schadinsekten. „Zudem können durch die höheren Temperaturen im Frühjahr und Sommer zusätzliche Schädlingsgenerationen heranwachsen“, so die Eurac.

Und: „Bei genügend Feuchtigkeit verbessern sich auch die Wachstumsbedingungen für Schadpilze wie Alternaria oder Schorf. Grundsätzlich werden die meisten einheimischen Kulturpflanzen durch große Hitze geschwächt und damit anfälliger für Schädlinge.“

Auch im Weinbau wirke sich die Klimaveränderung auf den Vegetationsverlauf, die Traubenqualität und das Auftreten von Schädlingen (Kirschessigfliege, Grauschimmel, Echter und Falscher Mehltau) aus. Zudem dehne sich der Schaddruck zeitlich auf das Frühjahr aus.

Die Eurac-Forscher Georg Niedrist und Thomas Streifeneder schreiben auch: „Seit den 1990er-Jahren ist festzustellen, dass die Reben zwei bis drei Wochen früher blühen und somit auch die Weinlese entsprechend früher beginnt.“

Im Obst- und Weinbau finde bereits eine Verlagerung von Anbaugebieten in höhere Lagen statt. Mittlerweile reiche der gewerbsmäßige Apfelanbau bis auf 1.000 Meter, der Weinbau in Gunstlagen sogar auf 1.200 Meter.

Niedrist und Streifeneder kommen zum Schluss: „Im Obst- und Weinbau wird es in tiefen Lagen (Unterland, Raum zwischen Bozen und Meran) aufgrund größerer Hitze zunehmend schwierig, eine hohe Fruchtqualität zu gewährleisten, was die Umstellung auf andere Kulturpflanzen zur Folge haben kann. Steigende Versicherungsprämien werden den Trend zu Hagelschutznetzen im Obst- und zunehmend auch im Weinbau verstärken.“

Verfrühtes Austreiben mache Kulturen grundsätzlich anfälliger für Spätfröste. „Da Kaltlufteinbrüche aber seltener werden“, so die beiden Forscher, „kann man davon ausgehen, dass die Spätfrostgefahr zumindest in Lagen unter 800 Meter nicht zunehmen wird.“

Zu Hagelereignissen heißt es, dass diese mit den steigenden Temperaturen intensiver werden.

In der Grünlandwirtschaft sind laut Eurac als Folge steigender Temperaturen und längerer Vegetationsperioden in höheren Lagen Vorteile für die Produktion zu beobachten. Eine Temperaturzunahme von drei Grad könne einen Produktionszuwachs von über 50 Prozent bewirken. „In tieferen Lagen heben die höhere Verdunstung und die damit einhergehende Trockenheit temperaturbedingte Vorteile großteils wieder auf“, heißt es im Klimareport.

Ein Problem, das die gesamte Landwirtschaft betreffen wird, ist die Wasserknappheit. Dazu die Eurac: „Da weniger Wasser zur Verfügung stehen wird und sich die Verdunstung erhöht, bekommt eine angepasste und gezielte Bewässerung immer größere Bedeutung.“ Der Wasserbedarf werde insgesamt zunehmen.

Die Eurac schlägt mehrere Maßnahmen zu Klimaschutz und –anpassung vor. Darunter Einsparung von Emissionen (elektrisch betriebene Landmaschinen, regionale Vermarktung), Verlagerung von Anbaugebieten (in höhere Lagen) und Umstellung von Kulturen (etwa von Weiß- auf Rotwein), gezielte Auswahl von Sorten und Saatgutmischungen, Optimierung der Wasserversorgung (mehr Tropfbewässerung, bedarfsorientierte Bewässerung), mehr Forschung, breite Bewusstseinsbildung und politische Anreize (Förderungen).

LESEN SIE AM MONTAG AUF TAGESZEITUNG ONLINE:

Bauernbund-Obmann Leo Tiefenthaler über die weitreichenden Auswirkungen des Klimawandels auf die Landwirtschaft – und was getan werden muss.

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