Philipps Casting
Die SVP macht aus der Not eine Tugend: Wer schon immer einmal Landtagskandidat werden wollte, kann sich jetzt bei Obmann Philipp Achammer melden. Einzige Voraussetzungen: Ein Parteikartl und 5.000 Euro Einsatz.
von Matthias Kofler
Nutze die Chance – es könnte deine letzte sein! Wer schon immer davon geträumt hat, irgendwann einmal groß rauszukommen und auf der SVP-Liste für den Landtag zu kandidieren, der bekommt jetzt die einmalige Gelegenheit dazu. Obmann Philipp Achammer ruft alle an einer Landtags-Kandidatur interessierten Südtiroler dazu auf, sich bei einer der zahlreichen SVP-Ortsgruppen im Lande – oder bei ihm persönlich zu melden. Einzige Voraussetzungen für eine Bewerbung sind die SVP-Parteimitgliedschaft und ein Wahlkampf-Einsatz von bescheidenen 5.000 Euro.
Grund für den ungewöhnlichen Aufruf des Parteichefs ist die Tatsache, dass die Kandidatenkür in den einzelnen Bezirken immer mehr zu einer Farce verkommt. Nachdem die Edelweißpartei vor fünf Jahren völlig im Zeichen von Erneuerung und Basisdemokratie stand, bestreitet sie heuer ganz andere Wege. Zur Ermittlung der 35-köpfigen Kandidatenliste wird die SVP gänzlich auf eine Mitglieder-Befragung verzichten. Stattdessen werden die Kandidaten in der zweiten/dritten Mai-Woche mittels der Stimmrechte der Ortsgruppen bestimmt. Jedem der sieben Bezirke steht eine bestimmte Zahl an Kandidaten zu, die sich am Stimmenverhältnis bei den letzten Landtagswahlen orientiert. Zudem ist jeder Bezirk verpflichtet, intern die gesetzliche Frauenquote von einem Drittel zu erfüllen. 22 Kandidaten werden von den Bezirken bestimmt, die restlichen Kandidaten werden im Block von Obmann und Spitzenkandidat nominiert.
Das Problem: In den allermeisten Bezirken gibt es nur so viele Kandidaten, wie es freie Listenplätze gibt. Im Bezirk Bozen etwa kandidieren für sieben Plätze exakt sieben Kandidaten: Helmuth Renzler, Thomas Widmann, Angelika Wiedmer, Franz Locher, Reinhard Zublasing, Richard Kienzl und wahrscheinlich Ulrike Oberhammer. Eher unwahrscheinlich ist eine Kandidatur des Kastelruther Bürgermeisters Andreas Colli. „Das Interesse an einer Kandidatur ist nicht sonderlich groß“, bekennt ein Bezirksobmann. Ein Abgeordneter meint: „Wenn man sich die Kosten, den Zeitaufwand und das geringere Gehalt ansieht, so ist ein Landtagsmandat heute viel unattraktiver als vor 15 Jahren.” Für die amtierenden Landtagsabgeordneten ist das neue Prozedere deutlich vorteilhafter als eine Basiswahl. Weil es (fast) keine Konkurrenz gibt, kommen sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf die Kandidatenliste für die Wahlen Ende Oktober. Philipp Achammers Aufruf ist also eine Art Hilfeschrei. Schon vor einem Monat hat die Parteispitze an alle Ortsgruppen eine Mail versandt, in der dazu aufgerufen wird, genügend Kandidaten für die bezirksinternen Wahlen aufzustellen. Doch es scheint so, als sei die Mail aus der SVP-Zentrale im Junk-Ordner der einzelnen Ortsausschüsse versandet. Nach derzeitigem Stand haben sich nur im Pustertal mehr Bewerber gemeldet, als freie Plätze zur Verfügung stehen. Die anderen Bezirke bereiten sich hingegen auf eine Kandidaten-Kür per Akklamation vor.
Obmann Achammer hofft, mit seinem Spontan-Aufruf noch in allerletzter Minute potentielle Gegenkandidaten aus der Reserve zu locken. Vorausgesetzt werde, dass man Interesse und Freude daran habe, sich im Namen der SVP für die Interessen des Landes einzusetzen, heißt es aus der Parteizentrale. Die Parteimitgliedschaft ist zwar eine Grundvoraussetzung. Allerdings wollen Achammer und Co. hier nicht päpstlicher als der Papst sein, sondern könnten zugunsten von schlagkräftigen Kandidaten, die sich spontan einschreiben, durchaus ein Auge zudrücken: „Man soll nicht erst seit morgen, sondern am besten schon seit gestern oder seit vorgestern Mitglied sein“, heißt es aus der Partei.
Eher abschreckend dürften hingegen die finanziellen Verpflichtungen eines angehenden SVP-Kandidaten sein: Vorausgesetzt, er oder sie erhält genügend Stimmen von den Ortsgruppen, muss der Kandidat 5.000 Euro für ein Antreten aufs Konto der SVP überweisen. Schafft er im Herbst den Sprung ins Hohe Haus, sind weitere 25.000 Euro fällig. Zudem muss jeder Kandidat bei seiner Bank eine Bürgschaft von 65.000 Euro abschließen, mit der sichergestellt wird, dass der gewählte Mandatar in Zukunft auch seine Parteiabgaben bezahlt. In dieser Legislatur sträubten sich einige Mandatare vehement, dieser Verpflichtung nachzukommen. Für die persönlichen Wahlkampfkosten muss jeder Kandidat selber aufkommen.
Allerdings machte die SVP vor fünf Jahren eine Ausnahme, indem sie für die überraschend aus dem Hut gezauberte Kandidatin Marie Måwe die Spesen übernahm. Auch heuer könnte die Partei wieder dem einen oder anderen Kandidaten unter die Arme greifen: „Junge Kandidaten oder Kandidaten, die nachweislich nicht in der Lage sind, diese Kosten zu stemmen, können sich an das Wahlkampfkomitee der SVP wenden und darum ersuchen, dass die Partei für sie die Kosten übernimmt“, heißt es aus der Parteileitung. In der SVP-Fraktion im Landtag reagiert man verwundert auf den Achammer-Vorstoß: „Wer Interesse an einer Kandidatur hatte, der konnte sich ja schon vorher melden. Dass sich jemand bei den Bezirkswahlen freiwillig zum Abschluss freigibt, ist eher unwahrscheinlich.“
Kommentare (13)
Lesen Sie die Netiquette und die Nutzerbedingungen
Du musst dich EINLOGGEN um die Kommentare zu lesen.