Razzia in Oberrasen
Die Staatsanwaltschaft sucht in der Doping-Ermittlung gegen das kasachische Biathlon-Team Beweise in den beschlagnahmten Handys und Computer. Es besteht auch der Verdacht des Handels mit zwei verbotenen Substanzen.
von Thomas Vikoler
Die Liste der Tatverdächtigen ist 22 Personen lang: Athleten und Betreuer des Biathlon-Teams von Kasachstan. Am 20. Jänner, am Rande des Weltcups in Antholz, führte die Carabinieri-Sondereinheit NAS in der Residence Montana in Oberrasen, in dem die Tatverdächtigen untergebracht waren, eine Razzia durch.
Dabei fanden die Ermittler nicht die gesuchten Dopingpräparate Nikethamid und Prednisolon (das eine ein Psychostimulans, das andere ein Kortikosteroid), sondern lediglich eine Flasche Vodka und einige Präparate zur Leber-Reinigung.
Es handelt sich um eine groß angelegte Anti-Doping-Ermittlung, die von einer Anzeige des Internationalen Biathlonverbands IBU angestoßen wurde. Der Anlass: Bei der Biathlon-WM 2017 in Hochfilzen waren die Kasachen aufgrund eines konkreten Hinweises unter Dopingverdacht geraten. Doch die Ermittlung der Staatsanwaltschaft Innsbruck führte zu keinem Ergebnis.
Umso insistenter ist nun die Ermittlung der Staatsanwaltschaft Bozen. Bei der NAS-Razzia in Oberrasen wurden auch mehrere Handy und Computer von Athleten beschlagnahmt. In diesen hoffen die Ermittler Dopingbeweise zu finden.
Ermittelt wird gegen die 22 Tatverdächtigen wegen möglicher Verstöße gegen das italienische Antidoping-Gesetz aus dem Jahr 2000. Es bestehe der Verdacht, dass Nikethamid und Prednisolon vor dem 18. Jänner 2018 „ohne therapeutischer Notwendigkeit auf verschiedenen Beschaffungskanälen wie Apotheken, Spitalsapotheken und Pharmaherstellern“ verabreicht, eingenommen und – wichtiges Detail – Handel damit betrieben worden ist, wie es im Haftbefehl heißt.
Es ist also nicht nur von der Einnahme der beiden auf der Dopingliste bestehenden Substanzen die Rede, sondern von deren Verkauf. Das lässt den Schluss zu, dass der Verdacht besteht, dass Nikethamid und Prednisolon an Athleten anderer Nationen verkauft worden war.
Drei der TAGESZEITUNG namentlich bekannten Athleten wurden die Handys und Computer abgenommen.
Der Inhalt der Geräte wird nun von Nicola Chemello, Computerexperte aus Bassano del Grappa, ausgewertet. Heute wird Chemello der entsprechende Auftrag der Staatsanwaltschaft Bozen erteilt. Er soll u.a. herausfinden, mit wem die Tatverdächtigen im digitalen Kontakt standen und ob jemand als eine Art Doping-Dealer aktiv war. Muss nun der/die eine oder andere in der Biathlon-Szene zittern?
Die Tatverdächtigen weisen jeglichen Verdacht von sich, wie ihre Verteidiger Manuela Obojes und Martin Fill betonen. Sie verzichten auf die Ernennung eines eigenen Sachverständigen.
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