Betrug in der Klinik
Eine 73-jährige Patientin der Marienklinik wird am Landesgericht zu drei Jahren und vier Monaten Haft wegen Vortäuschung guter Beziehungen verurteilt. Wie sie ihrem gutgläubigen Opfer 16.000 Euro abknöpfte.
Von Thomas Vikoler
Ein psychologisches Gutachten bescheinigte dem mutmaßlichen Opfer eine nicht sehr ausgeprägte Intelligenz. Die heute 51 jährige Frau sei in Geldangelegenheiten nicht sehr geschickt, größere Einkäufe habe stets ihr Ex-Mann erledigt. Nach ihrer Scheidung habe sie mit einem geringen Einkommen von wenigen hundert Euro auskommen müssen.
Dennoch übergab die Südtirolerin einer Frau, die sie im November 2013 bei einem Besuch in der Bozner Marienklinik über eine Arbeitskollegin kennengelernt hatte, 16.000 Euro in bar in mehreren Raten.
Wofür? Die Frau, Cristina A., 73, aus Bozen, hatte ihr versprochen, ihr in einer rechtlichen Angelegenheit zu helfen: Nämlich die Wohnung in Sarnthein, die sie bis zu ihrer Scheidung mit ihrem Mann bewohnte, zur Hälfte im Grundbuch auf ihren Namen eintragen zu lassen. Der geschätzte Wert der Wohnungshälfte: 57.000 Euro.
Cristina A. berichtete der offenbar verzweifelten Frau von ihren guten Kontakten zur Politik und zu Landes- und Staatsbeamten. Allen voran: Der Quästor, der ihr bei der Abwicklung dieser Angelegenheit helfen könne. Die Frage, was der oberste Polizeichef des Landes mit Grundbuchseintragungen zu tun habe, wurde nie gestellt.
Um die Eintragung in das Grundbuch zustande zu bringen, benötige sie allerdings Geld, sagte Cristina A. zur Besucherin der Marienklinik. Zunächst 2.000 Euro, um die betreffenden Amtspersonen günstig zu stimmen.
Unglaublicherweise glaubte die Frau ihrer Gesprächspartnerin. Bis Februar 2014 übergab sie der ständigen Patientin der Bozner Marienklinik, die Zimmer Nr. 301 als ihre Anschrift angibt, nicht weniger als 16.000 Euro. Sie habe das Geld, das sie nicht besaß, überall zusammengekratzt: Von ihren Kindern, dem Ex-Mann von Freunden und Bekannten. Die ersten 2.000 Euro, so hatte Cristina A. noch versprochen, würde sie ihr umgehend zurückgeben.
Das geschah freilich nicht, das vermeintliche Opfer erstattete schließlich Strafanzeige.
Gestern ist am Landesgericht das dazugehörige Hauptverfahren nach mehreren Verhandlungen zu Ende gegangen:
Mit einem Schuldspruch und einer drakonischen Strafe.
Richterin Carla Scheidle verurteilte Cristina A. zu einer Haftstrafe von drei Jahren und vier Monaten wegen Vortäuschung von guten Beziehungen („milantato credito“). Zudem muss sie der von Anwalt Karl Pfeifer betreuten Nebenklägerin, die bei der Schlussverhandlung anwesend war, sofort 16.000 Euro Schadenersatz und 5.000 Euro Schmerzensgeld zahlen. Die Verurteilte ist einschlägig vorbestraft.
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Kommentare (2)
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andreas
Die Kinder geben der offensichtlich nicht geschäftsfähigen Mutter Geld, damit deren zufällige Bekanntschaft Beamte bestechen kann?
Wäre wohl vernünftiger gewesen sich um die Angelegenheiten der Mutter selbst zu kümmern.