„Bin maßlos enttäuscht“
Jetzt redet Cuno Tarfusser Klartext: Woran seine Freundschaft mit Guido Rispoli zerbrochen ist. Warum er im im Sonderfonds-Prozess für Alt-LH Luis Durnwalder ausgesagt hat. Und: Was er künftig machen wird.
TAGESZEITUNG Online: Herr Dr. Tarfusser, werden Sie sich mit Ihrem ehemaligen Kollegen Guido Rispoli um das Amt des Generalstaatsanwaltes in Trient duellieren?
Cuno Tarfusser: Ihr Artikel vom vergangenen Samstag über das angebliche „Duell“ zwischen mir und Rispoli hat den Weg bis nach Den Haag gefunden (lacht). Ich habe den Artikel gelesen und kann es nur immer wieder bewundern, wie Journalisten fähig sind, aus dem Nichts eine angeblich aktuelle Nachricht zu produzieren. Ich kann dazu nur sagen, dass der Artikel frei erfunden ist.
Sie werden sich also nicht für das Amt des Generalstaatsanwaltes von Trient bewerben?
Das Amt ist besetzt, und dass der derzeitige Amtsinhaber „demnächst nach Caltanissetta auf Sizilien wechselt“, ist reine Spekulation. Ein solcher Wechsel ist nämlich nur eine in weiter Ferne liegende Möglichkeit.
Fakt ist: Der Generalstaatsanwalt von Trient hat sich für das Amt in Caltanisetta beworben, so wie übrigens auch Guido Rispoli. Schließen Sie aus, sich für das Amt in Trient zu bewerben?
Ausschließen tue ich gar nichts. Aber die Frage stellte sich derzeit nicht.
Was werden Sie machen, wenn Sie von Den Haag weggehen?
Was ich nach meiner Zeit in Den Haag machen werde, weiß ich nicht, ich werde es aber selbst – sofern es überhaupt jemanden interessiert – bekannt geben wenn es soweit ist. Nur soviel: Ideen und Projekte habe ich mehrere, Gewissheiten noch keine, außer dass ich nicht ans Gericht nach Bozen zurückkehre und nicht in Rente gehe.
Was viele Beobachter im Gerichtspalast wundert: Sie und Guido Rispoli waren mal beste Freunde. Warum ist diese Freundschaft zerbrochen?
Auch ich habe über Jahre geglaubt dass ich und Rispoli Freunde seien. Von meiner Seite aus kann ich nur behaupten, dass ich Rispoli immer ein Freund war. Ob das umgekehrt auch so war, wage ich aus heutiger Sicht sehr zu bezweifeln.
Früher bester Freund, jetzt Erzeind?
Sicher ist Rispoli nicht mein Feind, schon allein deshalb, weil ich nicht in diesen Kategorien denke und fühle. Richtig ist aber, dass meine Enttäuschung über den Menschen Rispoli riesengroß ist und dass ich heute, nach einigen Monaten der Bitterkeit, ihm gegenüber nur Gleichgültigkeit verspüre.
Welche sind die wahren Gründe für den heftigen Clinch?
Es ist unwahr zu behaupten, dass zwischen mir und Rispoli seit Jahren ein heftiger Clinch tobt. Wahr ist, dass zwischen mir und Rispoli überhaupt nichts anderes herrscht als totale Funkstille, wobei sicher nicht ich den Kontakt abgebrochen habe.
Einer der Streitpunkte war, dass Sie an einem Umtrunk zum Freispruch von Alt-LH Luis Durnwalder von der Sonderfonds-Affäre teilgenommen haben.
Ich habe an keinem Umtrunk zum Freispruchs Durnwalders teilgenommen. An jenem Samstag, gerade aus Den Haag gekommen, war ich, wie so oft, mit einigen früheren Mitarbeiter, in meiner ehemaligen „Stammbar“ neben dem Gericht, als Durnwalder, nach dessen Freispruch, und seine Anwälte in dieselbe Bar gekommen sind und auch mir ein Glas Sekt angeboten haben, das ich gerne angenommen habe. Ich habe also ein Glas Sekt mit einer vom Gericht für unschuldig erklärten Person getrunken. Ja und? Nichts sonderlich Anrüchiges, wage ich mal zu behaupten.
Sie hatten Guido Rispoli schon zuvor brüskiert, indem sie im Sonderfonds-Prozess selbst als Entlastungszeuge für Alt-LH Durnwalder aufgetreten sind. Warum sind Sie Rispoli in den Rücken gefallen?
Ich bin nicht im Prozess aufgetreten, sondern ich bin vom Gericht als Zeuge vorgeladen worden. Dieser gerichtlichen Vorladung, die mir ordnungsgemäß von der Gerichtspolizei zugestellt worden ist, habe ich, meiner Pflichten als Bürger bewusst, Folge geleistet. Vor Gericht habe ich dann nach meinem besten Wissen und Gewissen wahrheitsgetreu ausgesagt. Punkt! Also ein für einen Juristen ganz natürlicher Vorgang. Sollte sich an diesem meinem Verhalten Rispoli brüskiert haben, was ich ja aufgrund der besagten Funkstille nicht weiß, so ist dies mir, einerseits völlig unverständlich, andererseits wäre dies wirklich nicht mein Problem.
Ein zweiter Streitpunkt zwischen Ihnen und Rispoli war, dass Sie im Rennen um das Amt des Leitenden Oberstaatsanwaltes in Bozen Markus Mayr unterstützt haben, währenddem sich Guido Rispoli für Giancarlo Bramante stark gemacht hat …
Warum Streitpunkt? Muss ich Bramante unterstützen, nur weil Rispoli diesen unterstützt? Ich weiß nur, dass ich, so gut ich konnte und völlig transparent, also nicht in verdeckter Form, wie Sie geschrieben haben, den Kollegen Markus Mayr für das Amt des Oberstaatsanwaltes unterstützt habe. Leider vergeblich, aus damaliger und aus heutiger Sicht. Aber offensichtlich kenne ich die Irrwege und Hinterhöfe der Macht nicht so gut wie andere und bin auch froh, dass es so ist.
Im Gerichtspalast heißt es hinter vorgehaltener Hand, dass ihre Freundschaft zu Guido Rispoli auch an dem Umstand zerbrochen sei, weil er Ihnen Hausverbot im Gerichtspalast erteilt haben soll, nachdem sie an Wochenenden oft in den Palazzo gekommen waren und sich über laufende Verfahren erkundigt haben sollen. Stimmt das?
Das höre ich nun wirklich zum ersten Mal und zu sagen, dass es lächerlich ist, wäre eine maßlose Untertreibung. Hausverbot? Dass ich nicht lache! Erkundigung über laufende Verfahren? Ja glauben Sie wirklich, dass ich nichts anderes zu tun habe, als mich in Bozen über laufende Verfahren zu erkundigen? Und übrigens, wenn jemand was zu sagen hat, dann soll er die Hand vom Mund nehmen und klar und deutlich reden!
Und jetzt haben Sie in einem Interview erklärt, im Gerichtspalast werde all das, was Sie aufgebaut haben, wieder zerstört.
Wahr ist, dass ich gesagt habe, dass ich etwas mehr als nur den Eindruck habe, dass das Amt, das ich hinterlassen habe und das als Vorzeigemodell galt, Stein um Stein von meinen Nachfolgern abgebaut wurde und dass ich es schade für die Mitarbeiter und für die Bürger finde. Ich bestätige und warte gespannt auf Widerspruch.
Können Sie diesen Abbau anhand von konkreten Beispielen untermauern?
Um diese Frage zu beantworten, genügt es, mir einige rhetorische Gegenfragen zu stellen: Seit wann wurde keine Sozialbilanz der Staatsanwaltschaft mehr veröffentlicht? Seit wann wurde die Bürgercharta nicht erneuert? Haben Sie schon mal in die Homepage der Staatsanwaltschaft Bozen hineingesehen? Seit wann ist die Qualitätszertifizierung abgelaufen? Gibt es die elektronische Managementkontrolle noch? Am allerwichtigsten ist aber die Frage nach dem Arbeitsklima an der Staatsanwaltschaft. Wie viele Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft sind gegangen oder gegangen worden und warum? Es ist wahr, ich lebe weit weg von Bozen, aber ich lebe nicht außerhalb der Welt und, was mir am wichtigsten ist, ich habe noch so einige Freunde.
Was halten Sie von Ihrem Nachfolger Giancarlo Bramante?
Ich habe Markus Mayr für den Posten als Oberstaatsanwalt unterstützt und würde das auch heute noch tun. Damit habe ich Ihre Frage beantwortet.
Würde Sie eine leitende Tätigkeit an einer Staatsanwaltschaft überhaupt noch reizen?
Ich messe den Reiz, die eine Arbeitsstelle auf mich ausübt, an den Herausforderungen ,die sie mir auferlegt und nicht daran, um welches Amt es sich handelt. Folglich würde die leitende Funktion an einer Staatsanwaltschaft mich eher dann reizen, wenn es sich um eine größere Staatsanwaltschaft handeln würde als die in Bozen. Ich bin aber nicht so hochmütig zu glauben, dass ich mir die letzte Station meines Arbeitslebens nur so aussuchen kann.
Vielen Dank für das Gespräch.
Gestatten Sie mir noch etwas Eitelkeit?
Gerne.
Ich bin nicht, wie im Artikel geschrieben, 64 Jahre alt sondern immer noch 63. Rispoli ist nicht, wie im Artikel geschrieben, 55 Jahre alt, sondern schon 56; und übrigens wird er 57, kurz bevor ich 64 werde. Was den völlig unnützen Amtstitel „Exzellenz“ betrifft, so ist es wahr, dass Rispoli sich seit etwa zwei Jahren „Exzellenz“ schimpfen darf. Ich selbst aber trage diesen völlig unnützen Amtstitel schon seit nunmehr neun Jahren, da ich den Rang eines Botschafters und Untergeneralsekretärs der Vereinten Nationen inne habe.
Interview: Artur Oberhofer
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Kommentare (9)
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guyfawkes
Zwei Anmerkungen:
1) Schon in der ersten Antwort wird grundlos das Wort „Den Haag“ untergebracht; offensichtlich damit auch noch der uninformierteste Leser mitkriegt dass Herr Tarfusser „in höheren Gefilden unterwegs ist.
2) Sich öffentlich über Funkstille in früheren Freundschaften auszulassen, ist einfach nur peinlich.
george
Peinlich, peinlich. Und schon gar die Eitelkeit, die hier an den Tag gelegt wird.
andreas
Unter Tarfusser war die Bozner Staatsanwaltschaft ein italienweites Vorbild, jetzt anscheinend nicht mehr.
Irgend etwas muss vorgefallen sein was Tarfusser dazu bewegt, Rispoli so in die Pfanne zu hauen. Aber jedenfalls nichts, was da im Artikel steht.
Wenn ich mich nicht täusche, hat Tarfusser mal gegen Durnwalder ermittelt, dies aber fallen gelassen und Rispoli hat es wieder hervor gezogen.