Land plant Diesel-Verbote
Weil die Stickoxid-Grenzwerte immer noch überschritten werden, plant das Land noch einmal ein Maßnahmenpaket. Greifen auch diese nicht, kommt es zu Diesel-Fahrverboten.
von Heinrich Schwarz
Mit der Bekämpfung der schlechten Luftqualität in Südtiroler Städten und entlang der Autobahn will die Landesregierung jetzt ernst machen: „Wir konnten unser Ziel bisher nur ansatzweise erreichen“, räumte Umweltlandesrat Richard Theiner bei einem Treffen der technischen Expertengruppe zur Luftqualität ein. Zusammen mit den Gemeinden sowie den Wirtschafts- und Umweltverbänden wurden Maßnahmen diskutiert.
Man war sich einig, dass entlang der Autobahn und in einigen Wohnvierteln in Bozen, Meran, Brixen und Leifers Handlungsbedarf hinsichtlich der erhöhten Stickstoffdioxid-Werte bestehe.
2010 hatte die EU für Stickstoffdioxid (NO2) einen Jahresgrenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter festgelegt. Im selben Jahr beschlossen Land und Gemeinden ein erstes Programm zur Reduzierung der NO2-Belastung – mit dem Ziel, ab 2015 die Grenzwerte einhalten zu können.
Zahlreiche Maßnahmen wurden umgesetzt. Darunter die Erneuerung des öffentlichen Fuhrparks, die Kontrolle der NO2-Emissionen bei Heizanlagen, der Ausbau des Radwegenetzes und die Verkehrsbeschränkungen in den Städten Bozen und Brixen (für Fahrzeuge der Abgasnormen Euro 0 und 1 sowie in Bozen auch für Euro 2 Diesel), die Einführung des KlimaHaus-B-Standards 2012 und die Einführung des KlimaHaus-A-Standards 2017 sowie die Nutzung der Abwärme der Müllverbrennungsanlage.
Die Grenzwerte werden aber immer noch nicht eingehalten. Deshalb wurden weitere konkrete Schritte für eine gemeinsame Strategie diskutiert. „Wir wollen die NO2-Belastung zum Schutz der Bevölkerung zusätzlich senken“, betont Richard Theiner. Neues Ziel ist es, den NO2-Grenzwert von 40 Mikrogramm innerhalb von fünf Jahren, also innerhalb 2023, einzuhalten. In Brixen etwa soll der neue Mittelanschluss zusammen mit einer entsprechenden Verkehrssteuerung Abhilfe schaffen.
Das große Thema beim Treffen war allerdings der Diesel. Zur Sprache kamen eventuelle zeitliche Einschränkungen für ältere Dieselfahrzeuge für höher belastete Zonen. „Diese sollten stufenweise eingeführt werden und in jedem Fall erst dann zum Einsatz kommen, wenn Maßnahmen zur Verkehrsvermeidung, -verlagerung und -verbesserung nicht ausreichen“, wird der Landesrat in einer Aussendung des Landes zitiert.
Die TAGESZEITUNG hat genauer nachgefragt. Richard Theiner erklärt: „Die Vorstellung geht dahin, Diesel-Fahrverbote für Euro 3 einzuführen. Falls auch das nicht zum Erfolg führt, wird mit Euro 4 weitergemacht. Und so weiter.“
Voraussetzung sei immer, dass das in den nächsten Wochen zu schnürende Maßnahmenpaket nicht greift. Fahrverbote als letztes Mittel also. Da aber bereits die bisherigen Maßnahmen keinen wirklichen Erfolg brachten, ist wohl mit baldigen Fahrverboten zu rechnen.
Theiner sagt denn auch: „Wir möchten das Ganze nicht lange hinauszögern. Dabei geht es mir nicht darum, unbedingt Fahrverbote durchzusetzen. Aber wenn andere Maßnahmen nicht greifen, wird es zu Fahrverboten kommen.“
In den nächsten Wochen stehen noch interne Beratungen und Prüfungen an. Ende April soll dann der Entwurf für den Aktionsplan vorliegen, der von Land und Gemeinden genehmigt werden muss.
„Es werden genaue Indikatoren festgelegt. Werden bestimmte Grenzen überschritten, ist ein Fahrverbot fällig“, erklärt Richard Theiner.
Gut möglich, dass es mit Beginn des nächsten Jahres zu ersten Verboten kommt. Zum einen lassen sich dann gute Jahresvergleiche anstellen – und zum anderen sind die Landtagswahlen schon wieder Geschichte.
Diesel-Fahrverbote kommen übrigens nur für die Ortschaften in Frage. Für die Autobahn fehlt dem Land die Zuständigkeit. Die vorgeschlagenen Maßnahmen zur NO2-Entlastung auf der A22 – unter anderem Tempo 90 bei Grenzwert-Überschreitungen – warten immer noch auf grünes Licht aus Rom.
Auf die Frage, ob der Diesel mittel- und langfristig denn eine Zukunft hat, antwortet Theiner wie aus der Pistole geschossen: „Nein!“
Ob er den Aufruf der Meraner Stadträtin Madeleine Rohrer, beim Neukauf kein Dieselfahrzeug zu wählen, unterschreibt (siehe https://www.tageszeitung.it/2018/03/09/kauft-keinen-diesel/)?
„Also ich würde mir keinen Diesel mehr kaufen. Man muss den Leuten einfach reinen Wein einschenken. Die Überlegungen von Fahrverboten gibt es ja nicht nur in Südtirol. Selbst in deutschen Städten, wo große Autokonzerne ihren Sitz haben, werden solche Vorhaben angedacht. Es wäre widersinnig, bei uns anders zu handeln. Gerade in Deutschland, wo Diesel massiv gefördert wurde – auch steuerlich – beginnt auf breiter Ebene und parteiübergreifend ein großes Umdenken.“
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Kommentare (22)
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george
Wie eigensüchtig oder wie weit entfernt von der wirklichen Situation seid ihr denn bereits, dass ihr immer vom eigentlichen Problem ablenkt. Die Bemerkungen in den Kommentaren hier liegen die meisten völlig daneben.