Der Gähn-Wahlkampf
Im mauen und themenarmen Wahlkampf tut sich die SVP schwer, die eigenen Anhänger zu mobilisieren. Der Boykott der Freiheitlichen und der Süd-Tiroler Freiheit könnte fürs Edelweiß noch „blöd“ enden.
Von Matthias Kofler
Die Situation der SVP ist mehr als skurril: Schon Wochen vor dem Urnengang am 4. März steht fest, dass das Edelweiß im neuen Parlament sicher fünf – höchstwahrscheinlich sogar sechs Abgeordnete zählen wird. Der Grund ist das neue, mehr als vorteilhafte Wahlgesetz, mit dem der Großteil der Sitze nach dem Mehrheitswahlrecht vergeben werden. Nach der Divise „The winner takes it all“ gehen die Sitze automatisch an jene Kraft, die in den Einer-Wahlkreisen die meisten Stimmen auf sich vereinen kann. Man braucht kein Wahrsager zu sein, um zu wissen, dass die Volkspartei auch bei den Wahlen im März 2018 die stimmenstärkste Partei sein wird. Auch bei der Vergabe der restlichen Sitze nach dem Verhältniswahlrecht bleiben für die Opposition nur die Brosamen übrig, weil bei der Berechnung der Mandate erneut die Stimmen aus den Einer-Wahlkreisen hergenommen werden. Für die SVP heißt das weitere zwei bis drei Mandate.
Eigentlich müsste in der Brennerstraße also bereits Feierstimmung herrschen, auch wenn sich Parteiobmann Philipp Achammer nach außen hin bescheiden zeigen muss: „Keine Wahl ist von vorneherein entscheiden, wir werben um das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger.“
Doch trotz dieser äußerst vorteilhaften Ausgangslage ist die Stimmung bei den Parlamentskandidaten gedrückt. Sie alle haben bereits die Erfahrung gemacht, wie schwer es ist, im mauen und themenarmen Wahlkampf die eigenen Anhänger zu mobilisieren. Die „Zuckerlen“ im Wahlprogramm – Übernahme des INPS-Verwaltungspersonals und primäre Kompetenzen in der Arbeitssicherheit – mögen zwar aus autonomiepolitischer Sicht wichtig sein. Den „Durchschnittsbürger“ locken diese Versprechungen aber nicht hinter dem Ofen hervor.
Sollte die Wahlbeteiligung – wie allgemeinhin befürchtet – deutlich sinken, dann droht dem Edelweiß am 4. März ein Pyrrhussieg: Die SVP heimst zwar alle angestrebten Mandate ein, verliert aber an absoluten Wählerstimmen.
Vor allem der Boykott der Freiheitlichen, der Süd-Tiroler Freiheit und der BürgerUnion kommt der Volkspartei nun teuer zu stehen: Es gibt kaum öffentliche Wahldebatten, die Schulen verzichten auf Kandidatenvorstellungen – und die Säle bei den Parteiveranstaltungen bleiben verwaist. Vor fünf Jahren war das völlig anders: Damals hatten die SVPler mit Pius Leitner noch ein echtes Kaliber als Gegenkandidaten. „Den Leitner haben wir auch nicht so leicht reinderlegt“, erinnert sich Albrecht Plangger. Die Duelle gegen das Freiheitliche Urgestein waren ein echter Zuschauermagnet. Heute muss der Vinschger Kammerkandidat mit politischen No-Names wie Norbert Klotz, David Augscheller und Vanda Carbone oder „Halbpromis“ wie den Meraner Vizebürgermeister Giorgio Balzarini begnügen.
Einige Edelweißpolitiker sind mittlerweile sogar neidisch auf den „nörgelnden“ Oswald Schiefer. „Dank der Boschi weiß im Unterland mittlerweile jeder, dass bald Wahlen sind“, lacht Abi Plangger.
Während der italienische Wahlkampf sonst überall auf die Gegensätze zwischen den Parteien ausgerichtet ist, fehlen in Südtirol wegen der Absenz der Opposition Reizthemen wie der Doppelpass komplett. Statt einem echten politischen Schlagabtausch drohen den Edelweißkandidaten nun Gähn-Abende. Auch wenn Renate Gebhard versucht zu beschwichtigen: „Unsere Leute wollen nicht, wenn gestritten wird.“
Auch das üppige Wahlkampfbudget hilft der SVP nur bedingt: Jeder Kandidat muss 30.000 Euro für den Wahlkampf beisteuern, um Flyer, Wahlplakate und Zeitungsinserate zu finanzieren. Der sogenannte Netzwahlkampf, also die Inanspruchnahme der sozialen Medien, ist für die meisten SVP-Kandidaten noch Neuland. Trotzdem soll der Wahlkampf nicht völlig in einer Papierschlacht enden.
Doch selbst beim klassischen Straßenwahlkampf gibt es bei der SVP schon kleine Wehwehchen: „Ich muss fest dahinter sein, dass meine Leute ja die Zettel austeilen und die Plakate aufhängen“, sagt Albrecht Plangger augenzwinkernd. „Denn sonst lassen sie alles im Kofferraum liegen.“
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