Razzia in Oberrasen
Die Carabinieri-Sondereinheit NAS führte am Samstag am Rande des Biathlon-Weltcups in Antholz eine Antidoping-Razzia durch. Das Ziel: Eine Unterkunft, in der das Team Kasachstans untergebracht war. Das Ergebnis: Negativ.
Von Thomas Vikoler
Die Ermittler der Carabinieri-Sondereinheit kamen in erheblicher Zahl und waren auf der Spur eines potentiellen Dopingskandals im Biathlon-Sport. Und das wenige Wochen vor den Olympischen Spielen in Pyeongchang. Die Beamten der in Trient stationierten Gesundheitsabteilung NAS waren ausgestattet mit einem Durchsuchungsbefehl der Staatsanwaltschaft Bozen und trafen am Samstagvormittag in Oberrasen, Gemeinde Rasen-Antholz auf.
Ihr Ziel: Das Residence Montana, wo das Team Kasachstans untergebracht war. Athleten, Betreuer, Trainer. Insgesamt 21 Personen, deren Namen allesamt auf dem Durchsuchungsbefehl angeführt sind. Gegen sie ermittelt die Staatsanwaltschaft formell wegen eines möglichen Verstoßes gegen das strenge italienische Antidoping-Gesetz aus dem Jahre 2000.
Die Durchsuchung in der Pension in Oberrasen dauerte mehrere Stunden und fand am Rande des viertägigen Biathlon-Weltcups in Antholz statt. Die gesamte Biathlon-Welt war dort versammelt, wie erwartet auch das Team aus Kasachstan, das nicht zu den stärksten Nationen beim Wettkampf zwischen Loipe und Schießstand gehört.
Der Internationale Biathlon-Verband IBU stand jahrelang im Verdacht, nicht genug gegen das Doping zu unternehmen. In dieser Saison verschärfte die Internationale Biathlon Union ihre Bemühungen gegen die Verwendung von verbotenen leistungssteigernden Substanzen.
In diesem Zusammenhang ist die Razzia in Oberrasen am Rande des Biathlon-Wettkampfs zu sehen. Den die Anzeige, welche zur Einleitung eines Strafverfahren gegen 21 Mitglieder des Teams Kasachstan führte, kommt vom Anwalt des Weltverbandes IBU.
Dieser ist nach Informationen der TAGESZEITUNG von der Staatsanwaltschaft Innsbruck auf ein potentielles Dopingvergehen hingewiesen worden.
Gesucht haben die NAS-Beamten in der Unterkunft der kasachischen Delegation nach zwei auf der Dopingliste stehende Substanzen: Erstens Nikathamid, ein Psychostimulans, das eine Stimulation des Atems und Kreislaufs bewirkt. Der bekannteste Dopingfall mit dem Einsatz Nikethamid. Die frühere amerikanische Sprint-Weltmeisterin Torri Edwards wurde 2004 der Einnahme von Nikethamid überführt und für zwei Jahre gesperrt.
Die zweite gesuchte Substanz heißt Prednisolon, ein entzündungshemmendes Kortikosteroid, das auch – zum Teil mit ärztlicher Erlaubnis (TUE) – von Radsportlern verwendet wird. Ohne ärztliche Verschreibung ist es für Profi-Sportler verboten. Erst vor vier Tagen wurde bekannt, dass der südafrikanische Triathlet Henri Schoeman, überraschender Gewinner der Bronzemedaille in Rio 2016, wegen eines nachträglich festgestellten erhöhten Prednisolon-Werts unter Dopingverdacht geraten ist. Öffentlich gemacht hat dies die russische Hackergruppe Fancy Bear.
Die Ermittler aus Trient gingen in Oberrasen also einem sehr konkreten Verdacht nach.
Doch der hat sich (bisher) nicht erhärtet: Das Ergebnis der Razzia war negativ. Es wurden keinerlei verbotene Substanzen gefunden. Das einzige Fundstück, das die Carabinieri zur Analyse mitnahmen: Eine ausgetrunkene Flasche Vodka.
Die kasachischen Funktionäre bestritten gegenüber jegliche Verwicklung ihrer Athleten in Doping-Aktivitäten, dies sagen auch die beiden hiesigen Pflichtverteidiger Manuela Obojes und Martin Fill.
Die Ermittlung der Staatsanwaltschaft Bozen ist damit freilich nicht abgeschlossen. Der Wink aus Innsbruck war zu konkret. Das kasachische Team ist in der Zwischenzeit freilich aus Antholz abgereist.
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