„Das nannte man faschistisch“
Die Oppositionellen Florian Kronbichler und Ulli Mair zerpflücken den neuen Pakt der SVP mit PD-Chef Matteo Renzi: Zum eigenen Machterhalt werde die Würde der Italiener „öffentlich hingerichtet“.
Von Matthias Kofler
Florian Kronbichler (Grüne): Dieses Abkommen ist ungeheuerlich, weil es den lokalen PD nicht nur ignoriert, sondern darüber hinaus auch völlig delegitimiert. Die SVP fährt nach Rom und verlangt als Gegenleistung für ihre Stimmen, dass Renzi im Unterland, dem sichersten Wahlkreis Italiens, einen Kandidaten aufstellt, der ihr passt. Und sie droht damit, ansonsten einen ihrer Leute, zum Beispiel Elmar Pichler Rolle, zu nominieren.
Die Italiener in Südtirol haben hier kein Wort mehr mitzureden. Sie werden nicht einmal gefragt, sondern alle pauschal als antiautonomistisch eingestuft. Die Italiener verlieren dadurch den letzten Rest ihrer Würde, ihr noch verbliebener minimaler Stolz wird öffentlich hingerichtet. Früher nannte man das faschistisch, für mich ist das schamloser Autonomiekolonialismus.
Für die Bozner ist Bressa schon lange ein Aufgedrängter. Da wäre es ehrlicher, gleich einen Kommissar zu ernennen. Südtirol wird zum Bunker für die zu schützenden nationalen Größen, es wird eine Art Alpenfestung für Graziano Delrio und andere für unverzichtbar erklärte Politiker. Der PD hat an die Volkspartei willfährig Geschenke verteilt. Renzi lässt dafür nun die Italiener in Südtirol bezahlen, die ohnehin schon einen Disagio verspüren. Diese große Instinktlosigkeit des Obmanns wird schwerwiegende Auswirkungen auf die Stimmung im Land haben.
Ulli Mair (Freiheitliche): Der Versuch der SVP, das Wahlabkommen mit dem PD als lokales Abkommen zu bezeichnen, offenbart sich als reine Wählertäuschung. Dass es sich um ein gesamtstaatliches Abkommen handelt, wird dadurch bekräftigt, dass mit Minister Delrio und Gianclaudio Bressa den Südtirolern zwei provinzfremde Kandidaten vorgesetzt werden. Entweder der lokale PD hat keine eigenen Leute, die PD-Kandidaten werden von der SVP bestimmt oder die Linie der SVP wird vom gesamtstaatlichen PD diktiert.
Diese Wahlen als Kampf für die Autonomie darzustellen ist fahrlässig. Die Südtiroler sollten bedenken, dass ein Pakt mit dem PD eine schwere Hypothek darstellt, spricht sich dieser doch für den ‚ius soli‘, für das Ausländerwahlrecht und für Maßnahmen aus, die niemals im Interesse einer Mehrheit in Südtirol sein können. Die Wahlen drohen zu einem demokratiepolitischen Debakel zu werden.
Das Wahlbündnis bedeutet nicht mehr und nicht weniger als die Eingliederung Südtirols in den italienischen Staat. Die persönliche Freundschaft von LH Kompatscher zu Matteo Renzi scheint auch für SVP-Obmann Achammer wichtiger zu sein, als die Eigenständigkeit des Landes. Der Weg zu einer gewöhnlichen italienischen Provinz ist durch dieses verantwortungslose Handeln vorgegeben.
Wir Freiheitlichen haben von Anfang an gewarnt, parteipolitische Abkommen zum Zweck der reinen Machterhaltung zu schließen. Südtiroler Abgeordnete haben die ausschließliche Aufgabe, die Interessen des Landes und aller seiner Bürger zu vertreten. Diese Politik führt unweigerlich zu mehr Politikverdrossenheit, weil die großen Parteizentralen in den Hinterzimmern, über die Köpfe der Bürger hinweg die römischen Vertreter bestimmen.
Ähnliche Artikel
Kommentare (7)
Lesen Sie die Netiquette und die Nutzerbedingungen
Kommentar abgeben
Du musst dich EINLOGGEN um einen Kommentar abzugeben.
stefanrab
An Frau Ulli Mair: Ich verstehe nicht warum keine der Südtiroler Oppositionsparteien bei den Wahlen kandidieren.
Es wäre für die Bevölkerung eine demokratische Möglichkeit gewesenihren Unmut gegen die SVP auszudrücken.
Es wäre sicher kein teurer Wahlkampf nötig gewesen da man ja keine Chance für Rom gehabt hätte
george
Stimmt nicht stephanrab, die Grünen Sùdtirols kandidieren ja.
josef.t
Da es keine Alternative zur SVP gibt, die Mehrheit bestätigt das, kann
sie machen was „Sie“ für richtig hält !
Eigenartig bei Pro+Contra, war sicher, dass Frau Mair so wehement
sich für die Kandidatenentscheidung einer andern Partei einsetzte, wo
an Ihrer Stelle ein Mitglied der SVP eigentlich hätte sein sollen ?
hansjoerg
Hallo prof.
Da ich auch Kandidiere freue ich mich bereits jetzt die Herausforderung gegen Elena Boschi in Bozen anzutreten zu dürfen ,auf einer Liste mit nur Südtirolern!