30 Millionen geschenkt?
Die vom Land finanzierten Busse sollten zu Jahresende gratis an die Gewinner der Neuausschreibung übergehen. Doch die SAD sieht die Busse in ihrem Eigentum – und spricht von einer Ablösesumme von 30 Millionen Euro.
von Heinrich Schwarz
Neuer Streit in Südtirols öffentlichem Nahverkehr: Hat das Land der SAD ungewollt 30 Millionen Euro geschenkt? So sieht es jedenfalls SAD-Chef Ingemar Gatterer. Seine Auffassung: Sollte die SAD die anstehende Neuausschreibung der außerstädtischen Busdienste verlieren, müssten die heutigen Busse nicht kostenlos an den neuen Betreiber abgetreten werden, sondern zum Marktwert von geschätzten 30 Millionen Euro, da der mit öffentlichen Mitteln angekaufte Buspark der SAD gehöre.
Doch der Reihe nach:
Die bestehenden Bus-Konzessionen im öffentlichen Nahverkehr verfallen im November 2018. Deshalb werden die Dienste in den nächsten Monaten neu ausgeschrieben. Das Land will die Ausschreibungsmodalitäten dabei so festlegen, dass auch kleinere Busunternehmen Chancen haben. Dadurch könnte die SAD viele ihrer heutigen Linien verlieren.
Mit dem neuen Landesmobilitätsgesetz vom November 2015 wurde geregelt, wie der Übergang von Personal, Bussen und Immobilien auf einen eventuellen neuen Betreiber zu erfolgen hat. Für die Busse ist vorgesehen, dass diese gratis übertragen werden müssen, sofern sie mit Beiträgen des Landes erworben wurden.
Bei der SAD ist es effektiv so, dass die fast 300 Busse im aktuellen Fuhrpark allesamt zu 100 Prozent mit Beiträgen des Landes finanziert wurden. Der letzte große Ankauf von Bussen für die SAD erfolgte Ende 2013, als 99 Fahrzeuge geliefert wurden (die grünen Busse).
Jetzt erklärt Ingemar Gatterer in einer Medienaussendung allerdings, die Landesverwaltung habe in den vergangenen Jahren enorme Fehler gemacht, sodass die SAD mit erheblichen Vorteilen in den Ausschreibungswettbewerb eintreten werde. Einer dieser Fehler betreffe die Busse.
Gatterer: „Der gesamte mit öffentlichen Mitteln angekaufte Buspark gehört der SAD AG. Das Land Südtirol hat SAD über Jahre hinweg Millionen an Fördermitteln für Investitionen in Busse zur Verfügung gestellt und als Gegenleistung lediglich den zweckdienlichen Einsatz dieser Fahrzeuge vorgeschrieben. Der Marktwert dieser mit Steuergeld getätigten Investitionen steht jedoch der SAD AG zu. Ein möglicher neuer Betreiber muss demnach an SAD geschätzte 30 Millionen Euro Ablöse zahlen, um den Buspark übernehmen zu können.“
Und was ist mit dem Landesgesetz von 2015, wonach die Busse, die mit öffentlichen Beiträgen angekauft wurden, kostenlos an den neuen Betreiber übertragen werden müssen?
„Das ist das neue Gesetz, das für die aktuellen Konzessionen in allen wesentlichen Teilen nicht anwendbar ist. Für die gesamten alten Förderungen zählt das Landesgesetz von 1985“, erklärt Ingemar Gatterer auf Nachfrage der TAGESZEITUNG.
Bereits im Dezember kam es zwischen Gatterer und dem Direktor der Landesabteilung Mobilität, Günther Burger, zu diesem Thema zu einer Auseinandersetzung. Nachdem Burger die SAD darum bat, eine Liste mit allen Bussen zuzuschicken, die an den Nachfolge-Betreiber übertragen werden können, antwortete Gatterer in einem ausführlichen Schreiben, warum eine kostenlose Übertragung nicht erfolgen werde.
Günther Burger war nicht erreichbar. Und Mobilitätslandesrat Florian Mussner verweist in einer schriftlichen Stellungnahme an die TAGESZEITUNG lediglich auf das Landesgesetz von 2015 (siehe auch Artikel „Rekurs gegen Mobilitätsplan“). Ansonsten schreibt Mussner nur etwas Allgemeines zum Nahverkehr: „Wir arbeiten Hand in Hand mit den Führungskräften und Mitarbeitern des Landes am Ausbau der öffentlichen Mobilität in Südtirol, um das Gesamtverkehrssystem entsprechend den klimatischen, umwelt- und energiepolitischen Erfordernissen weiterzuentwickeln und gleichzeitig den sich ändernden gesellschaftlich-sozialen und technologischen Trends Rechnung zu tragen.“
Auf Nachfrage, wie Gatterers Auffassung zu den geförderten Bussen zu bewerten sei, wonach das alte Landesgesetz gelte, antwortet Mussner: „Wir folgen einem ‚roten Faden‘, der sich neben europäischen und nationalen Gesetzen dank der Autonomie auf Landesgesetze stützt.“
Martin Ausserdorfer, Präsident der Südtiroler Transportstrukturen AG (STA), sagt: „Ich habe gelernt, dass nicht jede Suppe so heiß gegessen wie gekocht wird. Beim Datensystem für den öffentlichen Nahverkehr hatte Herr Gatterer auch behauptet, alles würde ihm gehören. Fakt ist, dass es dem Land/STA gehörte und wir das inzwischen alles geregelt haben. Das Thema Busse und Remisen (siehe eigenen Artikel, Anm. d. Red.) wird man entsprechend klären und mit Sicherheit nicht der SAD überlassen.“
Näher auf die brisanten Vorwürfe von Ingemar Gatterer eingehen will Ausserdorfer nicht. „Wir hupfen nicht wie die Verrückten, wenn der Gatterer wieder irgendwelche Behauptungen in den Raum stellt“, so der Präsident der landeseigenen STA.
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