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301 Tage warten

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Die Vormerkzeiten im Südtiroler Sanitätsbetrieb sind in vielen Abteilungen weiter angestiegen. Für eine Augenvisite im Bozner Spital muss man sich über 300 Tage lang gedulden.

von Heinrich Schwarz

In einigen Südtiroler Krankenhaus-Abteilungen konnten die Vormerkzeiten für nicht-dringende Facharztvisiten zuletzt gesenkt werden, in anderen sind sie hingegen gestiegen. Insgesamt hat sich die Situation in den letzten Jahren aber deutlich verschlechtert – trotz ständiger Versprechungen, dass das Gegenteil der Fall sein werde. Der Ärztemangel, der durch die neue EU-Arbeitszeitregelung verschärft wurde, setzt dem Südtiroler Sanitätsbetrieb zu. Insbesondere in einer Zeit, in der die Bevölkerung altert und demnach eine intensivere Betreuung braucht.

Jetzt wurde ein weiterer Meilenstein im negativen Sinne erreicht: Die Wartezeit für eine Augenvisite im Krankenhaus Bozen beträgt mittlerweile 301 Tage, wie aus der kürzlich aktualisierten Vormerkzeiten-Datenbank des Sanitätsbetriebes hervorgeht. Damit dürfte in Bozen erstmals die 300-Tage-Marke erreicht worden sein. Ein Blick auf frühere Veröffentlichungen der TAGESZEITUNG zu diesem Thema zeigt, dass es in den letzten Jahren nur in Sterzing (ebenfalls Augenvisite) eine längere Vormerkzeit gab.

Wer also derzeit im Bozner Spital einen Termin für eine Augenvisite vereinbaren will, muss damit rechnen, dass er erst im November drankommt. Die Ausweichmöglichkeiten im öffentlichen Gesundheitssystem sehen auch nicht besonders gut aus: In Brixen wartet man 243 Tage, in Meran 229, in Schlanders 187 Tage und in Sterzing (immerhin nur noch) 161 Tage. In Bruneck und Innichen wäre man mit 64 bzw. 50 Tagen verhältnismäßig gut dran. Alternativen wären auch die Sprengel von Quirein/Gries und Eppan mit unter 100 Tagen.

Zur Erinnerung: Nicht-dringende Facharztvisiten müssen innerhalb von 60 Tagen erbracht werden. Kann der Sanitätsbetrieb dies nicht garantieren, muss er dem Patienten 50 Euro vergüten, falls sich dieser an einen Privatarzt wendet und eine entsprechende Rechnung vorweist.

In Bozen ist die Situation gleich in mehreren Abteilungen prekär: für eine neurologische Visite beträgt die Vormerkzeit 245 Tage, für eine rheumatologische Visite 244 Tage, für eine endokrinologische Visite (Schilddrüse) und eine orthopädische Visite (Hand) jeweils 190 Tage. In Schlanders muss man für eine endokrinologische Visite und eine allgemeine orthopädische Visite jeweils 225 Tage warten (siehe auch Grafik).

Bei den längst angekündigten Maßnahmen zum Abbau der Vormerkzeiten wird es in diesem Jahr ernst. Neben der Fortführung der Personalanwerbungskampagne (siehe auch eigenen Artikel unten) und dem Zukauf von Leistungen externer Strukturen steht die Strafe für „Schwänzer“ vor der Einführung: Der Landtag genehmigte im Dezember einen Gesetzesartikel, wonach eine Verwaltungsstrafe von 35 Euro verhängt wird, wenn jemand einer vereinbarten Facharztvisite unentschuldigt fernbleibt.

Denn auch die Bürger haben eine Mitschuld an den langen Wartezeiten: Laut einer Schätzung des Sanitätsbetriebes werden rund 15 Prozent der Termine nicht wahrgenommen und nicht rechtzeitig abgesagt. Die Details zur Umsetzung der gesetzlichen Neuerung werden derzeit noch ausgearbeitet.

Weiters soll bald die landesweite Vormerkzentrale starten. „Wir haben dafür 20 neue Mitarbeiter vorgesehen“, teilte Generaldirektor Thomas Schael erst vor kurzem mit. Aktuell gibt es nur für die Bereiche Dermatologie, HNO, Kardiologie und Urologie eine einheitliche Vormerkstelle. Künftig sollen alle Anmeldungen zu Erstvisiten und anderen sanitären Leistungen zentral erfolgen. Die Bürger müssten sich demnach nicht mehr an die einzelnen Abteilungen oder Dienste wenden.

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