Kollektives Versagen
Vor fünf Jahren hat der Regionalrat die umstrittene Thaler-Reform verabschiedet. Das Gesetz zur Neuregelung der Leibrenten wurde auch von bekannten Oppositionspolitikern mitunterzeichnet.
Von Matthias Kofler
Die Sitzung vom 18. September 2012 gehört zweifelsohne zu den denkwürdigsten in der jüngeren Geschichte des Regionalrats. Kaum ein Abgeordneter konnte an diesem Tag schon absehen, welche Folgen die mit breiter Mehrheit vorgenommene Verabschiedung der Thaler-Reform noch nach sich ziehen würde: vor dem Landtag protestierende Bürger, eine von den „Neuen“ eilig und unter öffentlichem Druck verabschiedete Neuregelung, rekurrierende Altmandatare – und eine sich nun immer deutlicher abzeichnende Niederlage der Region vor dem römischen Verfassungsgericht.
Dabei verlief die Sitzung vom September 2012 noch so harmonisch. 58 Abgeordnete votierten (in der geheimen Abstimmung) für den Gesetzentwurf Nr. 51, lediglich drei dagegen bei zwei Stimmenthaltungen.
Bemerkenswert ist die Tatsache, dass der Entwurf mit dem Titel „Wirtschaftliche Behandlung und Vorsorgeregelung für die Mitglieder des Regionalrates der autonomen Region Trentino-Südtirol“ nicht nur von den Abgeordneten der SVP-PD-Regierung (Rosa Thaler Zelger, Florian Mussner, Hanspeter Munter und Elmar Pichler Rolle), sondern auch von bekannten Gesichtern der Südtiroler Opposition mitunterzeichnet wurde. So finden sich unter dem Gesetzentwurf die Unterschriften des Unitalia-Präsidialsekretärs Donato Seppi, der Volkstumspolitikerin Eva Klotz und des Grünen Hans Heiss, die beiden letzteren in ihrer Funktion als Fraktionssprecher. Die Freiheitlichen haben den Entwurf hingegen nicht miteingebracht – nicht, weil sie damals schon Böses ahnten, sondern weil sie – so Ulli Mair und Roland Tinkhauser in ihren Wortmeldungen – der Ansicht waren, „dass die Zuständigkeit für Gehälter und Leibrenten den beiden Landtagen und nicht dem Regionalrat zusteht“. Man werde dem Gesetz aber dennoch zustimmen, kündigten die Freiheitlichen an.
Der Grüne Hans Heiss meldete sich in der Sitzung nicht zu Wort. Eva Klotz hingegen erklärte: „Wir haben zugestimmt und ich habe als Fraktionssprecherin auch das Gesetz und die Änderungsvorschläge mitunterzeichnet, weil ich weiß, dass dann zumindest etwas sofort geschieht. Ich bin die Erste, die auch bereit ist, auf etwas zu verzichten, auch was die Pensionsregelung anbelangt.“
Den Oppositionspolitikern wie auch den Abgeordneten der Mehrheit ist im nachhinein zugute zu halten, dass der mit breiter Mehrheit verabschiedete Entwurf keinen Passus enthält, der explizit die Auszahlung von Vorschüssen in Millionen-Höhe an die Leibrenten-Empfänger vorsieht. Vielmehr heißt es, dass es dem Regionalratspräsidium obliegt, eine Durchführungsverordnung zu diesem Gesetz auszuarbeiten, mit dem der „laufende Wert“ der Leibrente ermittelt wird. Dass die Abgeordneten bei der Ausarbeitung der entsprechenden Durchführungsverordnung nicht genügend aufgepasst haben, steht auf einem anderen Blatt Papier.
Kommentare (7)
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