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Das besondere Dorf

Lungiarü

Mitten in einem Tal, das Scharen an Touristen anlockt, hat der Alpenverein ein Bergsteigerdorf gefunden. Lungiarü als Insel der Ruhe und Abgeschiedenheit im Gadertal: Geht das überhaupt?

von Silke Hinterwaldner

Der Alpenverein hat mittlerweile eine stattliche Ansammlung an Bergsteigerdörfern zusammengestellt. Unter den 26 Ortschaften, die diese Bezeichnung offiziell führen dürfen, ist seit einem Jahr auch Matsch im Vinschgau. Jetzt kommt noch ein zweiter Weiler aus Südtirol dazu: Mit August 2018 soll Lungiarü – zu Deutsch Campill – im Gadertal Bergsteigerdorf werden. Aber geht das überhaupt? Kann es mitten in einem touristisch erschlossenen Gebiet wie dem Gadertal so etwas wie sanften Tourismus geben?

Das fragten sich auch die Vertreter des AVS, als sie den Anruf aus Lungiarü bekamen: Voraussetzung für den Titel „Bergsteigerdorf“ ist die Abgeschiedenheit, die Ruhe und der Erholungsfaktor. Aber gerade im Gadertal locken in der Wintersaison zahllose Skilifte eine enorme Zahl an Gästen an, im Sommer kommen mittlerweile beinahe genauso viele. AVS-Präsident Georg Simeoni ließ sich ebenso eines Besseren belehren wie die Vertreter des österreichischen Alpenvereins. Nachdem das Prüfverfahren nun abgeschlossen ist, gilt es nur mehr als Formalität, dass Lungiarü ab August 2018 offiziell in die Riege der Bergsteigerdörfer aufgenommen wird.

„Lungiarü“, sagt Christoph Alfreider, „ist tatsächlich eine Insel der Abgeschiedenheit mitten im Gadertal. Hier gibt es weder Skilifte noch große Hotels.“ Er ist Teil einer Arbeitsgruppe in Lungiarü, die sich seit einem Jahr intensiv damit beschäftigt, aus dem Dorf ganz offiziell etwas Besonderes zu machen.

„Die Touristen haben sich bisher nicht allzu oft hierher verirrt“, sagt er. Das sollte im Grunde auch so bleiben, schließlich gibt es gerade im Gadertal genügend Orte, in denen die Grenze der Belastbarkeit längst erreicht ist.

Die Entwicklung der Boomjahre im Tourismus hat man in Lungiarü verschlafen, das haben die Dorfbewohner in Vergangenheit immer wieder bedauert. Jetzt aber soll gerade diese Schwäche zur Stärke werden. „Hier bei uns“, erklärt Christoph Alfreider, „sind alle ganz begeistert von der Idee, ein Bergsteigerdorf zu werden. Der Grundgedanke dahinter ist für uns nicht die Werbung, sondern vielmehr der Schutz vor dem Massentourismus. Zu uns sollen Gäste kommen, die Ruhe und Abgeschiedenheit suchen.“

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (3)

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  • andreas

    Und wenn Gäste kommen, was ja anscheinend gewünscht ist, unterscheiden sie sich wie genau von einem anderen Dorf?
    Oder ist das Ziel edle Bergsteiger anzuziehen und den Pöbel fern zu halten?

    • guyfawkes

      Sehe ich genauso.
      Die Italiener würden so etwas „ipocrisia“ nennen: Man schafft eine „Marke“ für Ortschaften wofür ein geringer touristischer Erschliessungsgrad Voraussetzung ist, um diese Ortschaft in einer bestimmten Form kommunikationsmäßig (=Werbung) zu positionieren. Letzenendes sollen wohl Übernachtungen generiert werden, was dann einen höheren touristischen Erschliessungsgrad bewirken wird.
      Die „Marke“ soll wohl einen für Alle zugänglichen „Geheimtipp“ darstellen.

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