Ohne Parteikartl
Seit seinem 16ten Lebensjahr war Martin Fischer SVP-Mitglied. Nun ist der Bürgermeister von Kurtatsch aus der Partei ausgetreten. Im Interview erklärt er, warum er der Partei den Rücken gekehrt hat.
Tageszeitung: Herr Bürgermeister, vergangene Woche beim Kongress für mehr Demokratie hat Ihre Aussage, dass Sie kein SVP-Mitglied mehr sind, einige Anwesende überrascht. Warum sind Sie aus der SVP ausgetreten?
Martin Fischer: Im Frühjahr 2016 fanden sich zwei Themen auf der politischen Tagesordnung: die Abstimmung über den Flughafen und die Ernennung der Mitglieder des Autonomiekonvents. Die Volkspartei hat sich in der Diskussion um den Flughafen eindeutig auf die Seite der Befürworter gestellt und das hat mich geärgert. Zweitens hat die Volkspartei nicht die Größe und das Feingespür aufgebracht, sich aus der Bestellung der Mitglieder für den Konvent herauszuhalten. Dass die Initiative, die als Bürgerinitiative gestartet wurde, nicht den Bürgern überlassen wurde, hat das Fass zum Überlaufen gebracht. Ich hätte mir von der doch sehr verjüngten und durchaus vielversprechenden Parteiführung mehr Mut und Bürgernähe erwartet.
Als Konsequenz sind Sie aus der Partei ausgetreten?
Ich habe meine Entscheidung, meine Mitgliedschaft nicht mehr zu erneuern, damals schriftlich meinem Ortsobmann, dem Parteiobmann, dem Präsidenten des Rates der Gemeinden (dem ich angehöre) und dem Abgeordneten des Unterlandes Oswald Schiefer mitgeteilt. Die Ratsmitglieder wurden bei der nächstmöglichen Sitzung informiert. Danach hat mich niemand mehr gefragt.
Sie wurden als SVP-Bürgermeisterkandidat gewählt und sind praktisch kurze Zeit nach der Wahl ausgetreten. Wussten Sie schon vor der Wahl, dass Sie mit dem Vorgehen Ihrer Partei nicht ganz einverstanden sind?
Ich war und bin in verschiedenen Bürgerinitiativen aktiv vertreten, die sich um eine neue Art von Politik und Verständigung bemühen. Ich sah allerdings kein Hindernis, weiterhin bei der Sammelpartei zu bleiben und diese Ideen auch dort einzubringen. Zudem hat die Dorfpolitik ohnehin nichts oder wenig mit diesen gesellschaftspolitischen und ideologischen Überlegungen zu tun.
Sie sind der einzige Bürgermeister im Land, der als SVP-Mitglied gewählt wurde, dann ausgetreten ist, aber weiterhin Bürgermeister bleibt. Gab es deswegen Probleme mit der Volkspartei?
Ich habe keine Probleme mit der Volkspartei und soviel ich weiß, hat die Volkspartei keine mit mir. Ich bezahle weiterhin meinen Obolus, weil ich es versprochen habe und zu meinem Wort stehe.
Wie haben Ihre SVP-Kollegen im Gemeinderat auf Ihre Entscheidung reagiert?
Die Gemeinderäte von Kurtatsch, wie im übrigen die meisten Menschen in den Gemeinden, sehen die Parteipolitik und die Parteizugehörigkeit weder als Voraussetzung noch als Hindernis für eine vernünftige Gemeindepolitik.
Wie geht es jetzt weiter? Befürchten Sie, dass man Sie absetzt?
Ich fürchte mich überhaupt nicht und ich kenne die demokratischen Spielregeln der Gemeindepolitik.
Wie sieht die Zukunft Ihrer politischen Arbeit aus? Werden Sie noch einmal für den Gemeinderat kandidieren? Mit einer eigenen Liste?
Ich habe meine Amtszeit grundsätzlich auf zwei Perioden ausgelegt. Ich halte nichts von eigenen Listen, die nur Unfrieden und Streit in die Dorfgemeinschaft bringen. Mein Wunsch wäre eine Einheitsliste unter neutraler Kontrolle, auf welcher jeder interessierte Bürger aufgestellt werden kann.
Interview: Lisi Lang
Ähnliche Artikel
Kommentare (12)
Lesen Sie die Netiquette und die Nutzerbedingungen
Kommentar abgeben
Du musst dich EINLOGGEN um einen Kommentar abzugeben.
andreas
Die SVP ist offensichtlich auf jeden angewiesen und vermeidet, wie schon bei Veith, öffentliche Diskussionen.
Der Laden wird mir immer unheimlicher….. 🙂
morgenstern
Den Ball möglichst flach zu halten scheint eine gängige und erfolgversprechende Praxis zu sein, verständlich, denn was das Stimmvieh nicht weiß macht es nicht heiß.
besserwisser
glückliches kurtatsch. schade dass nicht andere vertreter des unterlandes auch so viel format haben und eigene positionen vertreten.
george
„…… eine Einheitsliste unter neutraler Kontrolle, auf welcher jeder interessierte Bürger aufgestellt werden kann“. Diese Idee habe ich schon vor mehr als zwanzig jahren geäußerst und nur wenige haben sich bisher darauf eingelassen. Ich habe immer schon gesagt, dass es auf Gemeindeebene und auch auf Bezirksebene keine Parteikartenverwalter braucht und die Bevölkerung der Gemeinden eigentlich souverän eine bestimmte Anzahl an Kandidaten nach ähigkeiten, Kompetenzen und Einsatz nennen sollte, aus denen dann ganz einfach durch Ankreuzen des Namens gewählt wird. und der Meistgewählte, soweit er sich bereitstellt, sollte Bürgermeister oder Bezirksvorsteher werden, unabhängig von jeglicher Parteizugehörigkeit. Aber solange soviele an den von der Regierungsparttei oder anderen mächtigen Lobbys verteilten Posten hängen und aus deren Suppentopf siich abspeisen lassen, wird wohl nicht viel daraus werden, wenn die Bürger-innen dieser Idee nicht einen starken Boden verleihen..
andreas
Der Vorschlag war vor 20 Jahre Mist und ist es auch heute noch. Was genau wolltest du also mitteilen?
george
„Mist“-Kerl ‚andreas‘, überheblicher. Es kann ja nicht gut sein, was nicht von dir kommt, aber dafür stinkts dir ordentlich.
sepp
super solche leute braucht Südtirol unterlandler wehrts enk und wählt des pack nett Beispiel schiefer sunscht fürn flughafen und itz markt schreier für diebauern will er an treten solchen leuten wird as woll glei oans in orsch stossen
pingoballino1955
Kann Herrn Martin Fischer für seine Entscheidung und Geradlinigkeit nur GRATULIEREN!!!