Bissig und amüsant
Als Queen Victoria ist Judi Dench großartig. Im wirklichen Leben ziert das Tattoo „carpe diem“ die Innenseite ihres Handgelenks.
von Renate Mumelter
Selten habe ich mich bei einem Kostümfilm so amüsiert. Mag sein, dass das am etwas verqueren Sinn für Humor liegt, den nicht alle teilen. Ich wünschte jedenfalls, meine Lacher wären auch für andere nachvollziehbar. Der britische Regisseur Stephen Frears erzählt in „Victoria and Abdul“ die Geschichte von Abdul Karim, einem indischen Muslim, den die Urgroßmutter von Elisabeth II., Queen Victoria (1819-1901), zu ihrem Hauslehrer machte. Das Missfallen des Hofstaates war ihr sicher. Hinter vorgehaltener Hand wurde Abdul als „syphilitisches, indisches Arschloch“, bezeichnet. Dabei tat er nur das „was alle Welt tut. Er hofft, befördert zu werden“, wie es bei Frears heißt. Keiner der speichelleckenden Höflinge wagte es jedoch, mit offenen Worten die eigene Position zu riskieren.
Frears Film lädt dazu ein, auf zwei Ebenen gelesen zu werden, einer historischen und einer aktuellen. Daraus entsteht das Bitterböse. Er spielt auf den britischen Kolonialismus und dessen Folgen genauso an wie auf den aktuell schlechten Gesundheitszustand des Königreichs. Frears zeigt, dass Gutmenschen vor allem von denen gefürchtet werden, die Angst davor haben, Privilegien zu verlieren, auch das sehr aktuell, und er stellt Wackelpudding in den Bildvordergrund. Queen Judi Dench ist mit ihren 82 Jahren eine echte Leinwandqueen.
Victoria and Abdul (GB/USA 2017), 112 Min., Regie: Stephen Frears. Bewertung: Doppelbödig, rund
Was es sonst noch gibt: „Weit“, „Atmen“ (MI 20h, sehr zu empfehlen), „La ragazza nella nebbia“ mit Regisseur Carrisi (MI 20.30h), CinèVenerdì immer freitags im CinèMuseum mit Gästen und Essen „The Others“ (FR 18.30)
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