„Vom Denkmal zum Mahnmal“
Am Sonntag wurde auf dem Gerichtsplatz in Bozen im Rahmen einer schlichten Feier und im Beisein von 300 Personen die Lichtinstallation am Mussolini-Relief erstmals erleuchtet.
„In der ersten Novemberwoche wird weltweit der Verstorbenen gedacht, besonders auch der Opfer von Kriegen und Gewalt: Vor diesem Hintergrund haben wir den 5. November ausgewählt, um die nun fertiggestellte Lichtinstallation am Piffrader-Relief auf dem Finanzgebäude am Bozner Gerichtsplatz zu enthüllen und erstmals zu beleuchten“, sagte LH Arno Kompatscher am Sonntagabend nach der feierlichen Veranstaltung, zu der rund 300 Personen gekommen waren.
„Mit der schlichten Feier ohne offizielle Ansprachen sollten das Leiden und die Opfer in Erinnerung gerufen werden, das totalitäre Regime in vielen Ländern verursacht haben“, so der Landeshauptmann.
Das Relief am Finanzgebäude in Bozen war als „Haus des Faschismus“ nach den Plänen der Architekten Paolo Rossi und Luis Plattner errichtet und 1942 fertiggestellt worden.
An der Stirnseite befindet sich das monumentale Relief des Klausner Künstlers Hans Piffrader, das den Leitspruch der italienischen Faschisten „Credere, obbedire, combattere“ wiedergibt.
Auf der Grundlage eines vom Land Südtirol 2011 ausgelobten Ideenwettbewerbs wurde das Relief nun neu gestaltet.
Unter knapp 500 Vorschlägen entschied sich die Jury für das Projekt der beiden Künstler Arnold Holzknecht und Michele Bernardi.
Sie wollen mit ihrem Projekt und der Lichtschrift mit dem Zitat von Hannah Arendt das faschistische Relief umdeuten.
Diese Neugestaltung und Umdeutung des Denkmals wurde am Sonntag gefeiert.
Jugendliche der drei Sprachgruppen trugen bei der Feier am Gerichtsplatz Passagen aus „Schöne Welt, böse Leut“ von Claus Gatterer, aus „Unvergessen“ von Franz Thaler, aus „Se questo è un uomo“ von Primo Levi sowie das Hannah-Arendt-Zitat, das nun vor dem Relief leuchtet, vor.
Nach einer Schweigeminute wurde – unter den Klängen des Haydn-Orchesters – der Schriftzug beleuchtet. Am Gerichtsplatz steht nun zudem eine Stele mit Informationen zu Denkmal und Geschichte.
Nach der Einrichtung des Museums am Siegesdenkmal sei mit der Lichtinstallation am monumentalen Mussolini-Relief des Südtiroler Bildhauers Hans Piffrader ein weiterer Meilenstein für eine gemeinsame und verbindende Aufarbeitung der Geschichte Südtirols gesetzt worden.
„Das Relief ist damit von einem faschistischen Denkmal zu einem Mahnmal gewordrn, das an die Folgen bestimmter Ideologien erinnert und die Werte der Menschlichkeit, der Freiheit und der Demokratie hochhält“, so der LH.
Die Erinnerungsfeier am Sonntagabend habe den Anwesenden zudem die Entwicklung vor Augen geführt, die sich in diesem Land vollzogen habe.
Der Landeshauptmann verwies außerdem auf die Bedeutung des Hannah-Arendt-Zitats als zentrales Element der neuen Lichtinstallation:
„Dieses Zitat steht im Widerspruch zum faschistischen Credo ‚Glauben, gehorchen, kämpfen‘ auf dem Mussolini-Relief. Die jüdisch-deutsche Intellektuelle Hannah Arendt fordert dazu auf, an die Stelle des blinden Gehorsams die freie, bewusste Entscheidung zu stellen, die auf Verantwortungsbewusstsein aufbaut und schließt den blinden Gehorsam als Rechtfertigung aus.“
Das Hannah-Arendt-Zitat, unterstrich Landeshauptmann Kompatscher, solle der Bevölkerung der Landeshauptstadt und ganz Südtirol eine traurige Zeit ins Gedächtnis und ins Bewusstsein rufen, mit dem Ziel, die Erinnerung auch unter den nachfolgenden Generationen wachzuhalten. Die Umwandlung des faschistischen Denkmals in ein Mahnmal solle dem Vergessen vorbeugen.
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