Arnos Mission
Abtei und Corvara wollen keine Flüchtlinge aufnehmen. Bei Bürgerversammlungen wollte der Landeshauptmann Überzeugungsarbeit leisten. Bisher mit mäßigem Erfolg.
von Silke Hinterwaldner
Der Bürgermeister von Abtei kennt keine Angst. „Das ist zum Schämen“, sagt Giacomo Frenademetz rundheraus und blickt dabei Kopf schüttelnd auf die Mehrheit im seinem eigenen Gemeinderat.
Denn: Dort hat man gegen seinen Willen entschieden, sich nicht am so genannten Sprar-Programm zu beteiligen. Abtei will sich vehement dagegen wehren, dass auf dem Gemeindegebiet Flüchtlinge untergebracht werden. „Wir haben hier“, sagt der Bürgermeister immer noch fassungslos, „eine Million Übernachtungen, da kann mir niemand erzählen, dass es keinen Platz für zwölf Flüchtlinge gibt. Das kann ich nicht so einfach schlucken.“ In der touristischen Saison kommen zahllose Arbeitskräfte aus dem Ausland, um im Gastgewerbe gut zu verdienen. Damit scheinen die Bürger in Abtei keine Probleme zu haben. Aber Flüchtlinge, die auch arbeiten möchten, aber vielleicht hier wohnen bleiben, will man nicht haben. Auch wenn er selbst keine Angst kennt, so bekümmert den Bürgermeister doch die Angst der anderen, die immer mehr geschürt wird. „Sicherlich“, sagt er, „bringt die Flüchtlingskrise viele Probleme, aber wir müssen versuchen, sie zu lösen. Es werden noch sehr viele andere Probleme auf uns zukommen.“
Die politische Konstellation im Gemeinderat von Abtei ist nicht leicht zu durchschauen: Da gibt auf Seiten der Opposition die Ladins Dolomites, aber vor allem die SVP-interne Opposition macht dem Bürgermeister zu schaffen. So hat sich die Gruppe um Rätin Marina Crazzolara auch bei der Abstimmung zum Sprar-Programm auf die Seite der Oppositionspartei geschlagen. Sehr zum Leidwesen des Bürgermeisters – und des Landeshauptmannes.
Arno Kompatscher war am Donnerstagabend nach Abtei gekommen, um im Rahmen eines Bürgerabends Überzeugungsarbeit zu leisten. „Er hat“, sagt Frenademetz nach der Versammlung, „einen dringenden Appell an uns gerichtet, doch noch dem Sprar-Programm zuzustimmen. Ich hoffe, dass es jetzt bei vielen Ratsmitgliedern doch noch ein Umdenken geben wird.“
Giacomo Frenademetz will noch einmal über die Aufnahme von zwölf Flüchtlingen in Abtei abstimmen lassen. Ganz anders Robert Rottonara. Der Bürgermeister von Corvara winkt ab und sagt: „Jetzt eine neuerliche Abstimmung im Gemeinderat zu wagen würde bedeuten, dass das Ergebnis wieder negativ ausfällt.“ Daran hat offensichtlich auch der Besuch von Kompatscher nichts geändert.
LESEN SIE MEHR ZUM THEMA IN DER WOCHENEND-AUSGABE DER TAGESZEITUNG.
Kommentare (11)
Lesen Sie die Netiquette und die Nutzerbedingungen
Du musst dich EINLOGGEN um die Kommentare zu lesen.