Die unmögliche Forderung
Am Landesgericht fällt das Urteil zu einem ziemlich absurden Streit um 87 Meter unterirdischer Wasserleitung durch ein privates Grundstück in Pens. Der Sarner Bürgermeister Franz Locher wurde vom Vorwurf der rechtswidrigen Bauführung freigesprochen.
Von Thomas Vikoler
Protokolle von Vollversammlungen erscheinen zuweilen eine überflüssige Formalie, doch manchmal können sie sogar prozessentscheidend in einem Strafverfahren sein. Das Elektrokonsortium Ganner, das zur 47,5 Prozent der Elektrogenossenschaft Pens, zu 47,5 Prozent dem Unternehmer Franz Gruber und zu fünf Prozent der Gemeinde Sarntal gehört, fasste vor einigen Jahren einen Beschluss zur Zusammenlegung und Erweiterung der drei E-Werke Dickl, Johann Aster und Gruep Soug.
Heraus kam die Errichtung eines mittelgroßen Kraftwerkes mit einer mittleren Leistung von 530,35 Kilowatt, das seit 2010 in Betrieb ist.
Laut dem Sitzungsprotokoll hatte ein Grundeigentümer, Johann Josef Mair, dem Konsortium (an dem er über die EG Pens indirekt beteiligt ist) erlaubt, die 1,2 Meter dicken Eisenrohre von der Wasserableitung zum Kraftwerk auf seinem Grundstück zu verlegen.
Das Sitzungsprotokoll präsentierten die Anwälte von Konsortiums-Obmann Franz Gruber, seinem Vize Vigil Stiglmair und des Sarner SVP-Bürgermeisters Franz Locher in einem Strafverfahren am Landesgericht als entlastendes Beweiselement. Das sie am Ende von einer Verurteilung wegen rechtswidriger Bauführung („abuso edilizio“) bewahrte.
Denn Grundeigentümer Mair hatte bei laufenden Verlegungsarbeiten auf seinem Grundstück bei der Carabinieri-Sondereinheit NOE Strafanzeige gegen die Konsortiums-Verwalter und dem Sarner Bürgermeister erstattet.
Das Strafverfahren nahm seinen Lauf, das Hauptverfahren erstreckte sich über fünf Verhandlungen und endete mit einem vollen Freispruch für alle drei Angeklagten.
Was wurde ihnen vorgeworfen? Die Staatsanwaltschaft ging aufgrund des NOE-Berichts davon aus, dass das Konsortium ohne Erlaubnis des Grundeigentümers auf einem Abschnitt von genau 87 Metern die Eisenrohre für das Kraftwerk verlegt hatte.
Marco Mayr, Anwalt der Angeklagten Gruber und Stiglmair, sowie Alfred Mulser für Bürgermeister Locher argumentierten hingegen, dass ja – gemäß Sitzungsprotokoll – die mündliche Zustimmung von Johann Josef Mair vorlag. Und eine reguläre Baukonzession, ausgestellt von Bürgermeister Locher. Erst nachträglich sollten, wie für die anderen betroffenen Grundeigentümer, die Durchfahrtsrechte notariell festgeschrieben werden.
Doch wie sich im Strafprozess zeigte, hatte der Grundeigentümer seine Meinung geändert. Er verlangte, bevor er Strafanzeige erstattete, vom Konsortium Ganner eine stattliche Ausgleichszahlung für die Querung seines Grundstücks. Genau 450.000 Euro für den Zeitraum von 30 Jahren, also 15.000 Euro pro Jahr. Eine unmögliche Forderung, auf welche das Konsortium nicht eingehen wollte. Benno Karbacher, Rechtsexperte des Bauernbundes, bestätigte als Zeuge der Verteidigung vor Gericht, dass hierzulande eine derart hohe Entschädigung nicht gezahlt werde.
Die Urteilsbegründung von Richter Carlo Busato zum Freispruch steht noch aus – aber offenbar wertete Busato die Anzeige des Grundeigentümers als Versuch, mehr Geld herauszuholen. Womit er nun endgültig gescheitert ist.
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