Die Milch macht’s
Nachdem er „Das Venedig-Prinzip“ untersucht hat, schaut Andreas Pichler jetzt auf „Das System Milch“.
von Renate Mumelter
Cremona im Oktober: Die Haare am Kuhschwanz werden toupiert, der punkige Kamm am Kuhrücken mit Spray fixiert, das Riesen-Euter mit den maschinenfreundlichen Zitzen auf Hochglanz gefettet – das Kuh-Bodybuilding auf der Internationalen Milchkuhmesse kann losgehen. Das Gehen fällt der Kuh nicht leicht. Egal. Sie hat Milch zu geben. Für den Markt. Und der wächst. Denn der Milchlobby ist es gelungen, sogar die Chinesen davon zu überzeugen, dass man nur mit Milch groß und stark werden kann. Dieselbe Lobby bringt in kleine bunte Plastiktüten verpacktes Milchpulver bis nach nach Afrika. Milchpulver wird überall in Europa hergestellt. Auch in Südtirol.
In „Das System Milch“ schildert Andreas Pichler den weltweiten Ist-Zustand zum Thema Milch. Er zeigt neben Politikern, Lobbyisten, Industrien auch drei „Bauern“, die von der Milch leben: ein dänisches Großunternehmen mit 750 Kühen, einen 250-Kühe-Familienbetrieb im deutschen Donzdorf und den Malser Biobauern Alexander Agethle.
Andreas Pichler wertet nicht, er lässt Gewährspersonen erzählen, beispielsweise davon, dass Milchpulver-Exporte die Landwirtschaft in Afrika ruinieren und die Menschen übers Mittelmeer treiben, dass Milch nicht zwangsweise gesund sein muss und dass im letzten Jahr 600 französische Bauern Selbstmord begangen haben. Und er zeigt eine Landwirtschaft, die der Malser Biobauer Agethle „beseelt“ nennt. Kein leere Floskel übrigens.
Pichlers Film ist distanziert und glaubwürdig, er ist unbequem und unangenehm, weil er sagt, was niemand wahrhaben will: Die weltweite Milchwirtschaft richtet Schaden an, und die billigste Milch aus dem Regal tut der Gesundheit der Welt gar nicht gut.
Das System Milch (D/I 2017), 95 Min., Regie: Andreas Pichler. Bewertung: Sehenswert für Konsumenten, Produzentinnen, Unternehmen. Autorenabend mit Andreas Pichler SA 7.10 Filmtreff Kaltern
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