Die geheimen Bus-Pläne
Offiziell lässt sich das Land für die anstehende Milliarden-Ausschreibung der öffentlichen Busdienste noch alle Optionen offen. Doch die Strategie steht so gut wie fest. Und von SAD-Chef Ingemar Gatterer werde man sich nicht einschüchtern lassen.
von Heinrich Schwarz
Dass SAD-Chef Ingemar Gatterer die Landesregierung regelmäßig öffentlich angreift, ihr de facto vorschreiben will, was sie zu tun hat, und ständig mit Schadenersatzforderungen in Millionenhöhe droht, könnte sich am Ende als Schuss ins eigene Knie herausstellen. Freunde macht sich Gatterer sicher keine – und das Interesse, auf die Vorschläge der SAD einzugehen, sinkt gegen Null, wird aus Gesprächen mit Mobilitätsverantwortlichen klar.
„PPP steht für öffentlich-private Partnerschaft. Aber bei der SAD kann man wohl kaum von einem verlässlichen Partner sprechen“, war zuletzt zu vernehmen.
Zum besseren Verständnis: Im Hinblick auf die anstehende Neuausschreibung der außerstädtischen Busdienste – ab November 2018 werden die Linien nicht mehr über Konzessionen, sondern über Dienstleistungsaufträge vergeben – hat die SAD zusammen mit dem Konsortium LiBUS ein PPP-Projekt eingereicht. Damit könnten sich die aktuellen Konzessionäre bei der Ausschreibung ein Vorkaufsrecht sichern.
Aller Voraussicht nach wird das PPP-Projekt von der Landesregierung erneut abgelehnt. Man wolle die Spielregeln als öffentliche Hand selbst festlegen. „Es kann nicht das Ziel sein, privaten Unternehmen große Gewinne zu bescheren. Ziel ist es, den Bürgern einen qualitativ hochwertigen Dienst zu garantieren“, so das Credo.
Um die Argumentation gegen ein PPP-Projekt bekräftigen zu können, kommt dem Land ein Beschluss der Antikorruptionsbehörde ANAC gelegen, wonach solche Projekte im öffentlichen Nahverkehr nicht anzuwenden sind.
Was sind die alternativen Optionen? Entweder beschließt das Land eine Inhouse-Vergabe, also einen direkten Dienstleistungsauftrag an eine öffentliche Gesellschaft, oder startet eine offene, europaweite Ausschreibung.
Eine Inhouse-Vergabe wird es geben – allerdings nur für die städtischen Busdienste an die SASA. Diese gehört derzeit den Gemeinden Bozen, Leifers und Meran. Damit die SASA zu einer Inhouse-Gesellschaft wird, muss noch das Land einsteigen. Die entsprechende Gesetzesgrundlage wurde bereits vom Landtag genehmigt.
Für die außerstädtischen Busdienste kommt eine Inhouse-Vergabe hingegen nicht in Frage. Bleibt also die offene Ausschreibung, die auf europäischer Ebene erfolgen muss. Demnach können auch die großen Buskonzerne – etwa aus Deutschland, Frankreich oder Osteuropa – teilnehmen.
„Es ist die Aufgabe der Politik, die Rahmenbedingungen so zu definieren, dass der Südtiroler Qualitätsstandard erhalten bleibt bzw. weiter verbessert wird. Die Grundsatzfrage lautet, was das Sinnvollste für den Steuerzahler und für die Qualität der Dienste ist“, heißt es aus dem Umfeld der Landesregierung.
Trotz der großen Differenzen mit der SAD hat das Land sehr wohl ein Interesse daran, dass die lokalen Betriebe als Sieger aus dem Wettbewerb hervorgehen. Dass vor wenigen Jahren der Behindertentransport an eine Firma aus Lecce ging und die „Lebenshilfe“ bzw. die „Arbeitsgemeinschaft für Behinderte“ ihre Aufträge verloren, war eine Lehre. Bei der anstehenden Ausschreibung, die auf zehnjährige Verträge ausgelegt ist, geht es immerhin um eine Gesamtsumme von über einer Milliarde Euro.
Die TAGESZEITUNG kennt die aktuellen Pläne des Landes.
So soll das Landesgebiet in mehrere Einzugsgebiete unterteilt werden, die bei der Vergabe einheitliche Ausschreibungslose darstellen. Ursprünglich sollten es im außerstädtischen Bereich vier Lose sein, jetzt könnten es einige mehr werden.
„Die Lose müssen eine kritische Größe erreichen, damit sie für auswärtige Unternehmen nicht interessant sind“, sagt ein Insider im Hintergrundgespräch.
Von zentraler Bedeutung seien danach die Qualitätskriterien – angefangen beim Personal über Fuhrpark, Sauberkeit, Pünktlichkeit und Sicherheit. Lokal verankerte Betriebe, so die Vorgabe, müssen hier punkten können.
Angedacht wird nach Informationen der TAGESZEITUNG darüber hinaus eine Klausel, wonach eine Firma nicht bei allen Losen ein Angebot einreichen darf. Diese Grundsatzidee, die auf den ersten Blick nach einer Einschränkung des Wettbewerbes aussieht, sei noch zu vertiefen. Andererseits weiß das Land, dass die Konkurrenzsituation zwischen SAD und Trenitalia im Bahnsektor zu einer höheren Qualität geführt hat.
Bei den Busdiensten wünscht man sich dasselbe – aber zwischen den Südtiroler Betrieben. Die Trenitalia-Tochtergesellschaft Busitalia ins Land zu holen, was Ingemar Gatterer dem Land immer wieder vorwirft, sei nicht das Ziel.
Im Laufe des Herbstes wird das Land noch am Mobilitätsplan feilen, der die Grundlage für die anstehende Ausschreibung ist. Die Entscheidung über den Vergabemodus soll dann voraussichtlich im Januar fallen.
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