Ranzige Volksmusik
„Quellmalz“ von Mike Ramsauer erzählt davon, wie Alfred Quellmalz im Auftrag der Nazis in Südtirol Volksmusik sammelte.
von Renate Mumelter
Die Eröffnung des Oktoberfests 2017 hat es wieder einmal gezeigt. Nicht alle Volksmusik ist politisch korrekt. Unbelehrbar oder schlicht uninformiert bliesen Zillertaler Musikkapellen auf der Wiesn den Standschützenmarsch von Sepp Tanzer. Tanzer hatte ihn 1942 für Gauleiter Hofer geschrieben.
Ramsauers „Quellmalz“ kommt also grad zur rechten Zeit ins Kino. Der Dokumentarfilm erzählt von der Entstehung der Quellmalz-Sammlung. Die hat zwar auch ihre wertvollen Seiten und wird heute noch genutzt, sie trägt aber deutliche Spuren ihrer Entstehung. Alfred Quellmalz hatte den Auftrag, angesichts der Umsiedlung südtirolweit deutsches Volksgut vor dem Verschwinden zu bewahren. Auftraggeber war die nationalsozialistische Forschungsgemeinschaft Deutsches Ahnenerbe. Direkter Auftraggeber war Wolfram Sievers, der später bei den Nürnberger Prozessen wegen tödlicher Menschenversuche verurteilt wurde.
Regisseur Ramsauer lässt Alfred Quellmalz selbst reden, und das wirkt. Alle Zitate stammen aus Aufzeichnungen und Briefen. Sie sprechen eine eindeutige, erschreckende Sprache. „Quellmalz“ erzählt also nicht nur vom Sammeln von Liedgut sondern auch vom Sammler und von der Stimmungslage in Südtirol zwischen 1940 und 1942.
Für uns Nachgeborene ist „Quellmalz“ eine gute Gelegenheit, aus der Vergangenheit zu lernen. Und eine Gelegenheit zu überlegen, was wir selber damals gemacht hätten, und was wir heute besser nicht tun sollten.
Quellmalz (I 2017), 68 Min., Regie: Mike Ramsauer. Bewertung: Informativ, spannend, aktuell
Was es sonst noch gibt: Filme vom Filmfestival Venedig (MO, DI), „Amelie rennt“, „Die Verführten“, „Die Einsiedler“ (Kaltern)
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