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„Müssen uns politisch einsetzen“

Bischof Ivo Muser

Der Bischof fordert die Gläubigen auf, sich politisch einzusetzen. Und er sagt: „Es sind nicht die anderen sind, die unsere christliche Identität gefährden“.

„Zeugnis geben ist unsere einzige, schlagkräftigste Waffe“ – mit diesem Zitat des seligen Josef Mayr-Nusser hat Bischof Ivo Muser bei der Seelsorgetagung in der Cusanus Akademie in Brixen seinen Vortrag begonnen und 12 Schwerpunkte aufgezählt, die in diesem pastoralen Arbeitsjahr zum Tragen kommen sollen.

Im Lichte der Diözesansynode wird das diözesane Jahresthema für fünf Jahre mit dem Bekenntnis beginnen „Auf Dein Wort hin“ (Lk 5,5). „Christus und sein Wort sind nicht die statische Mitte unserer Kirche, sondern der Weg und die treibende Kraft in unserer Kirche“, sagte Bischof Ivo Muser und dankte allen, die Bibelrunden anbieten oder Wort-Gottes-Feiern vorstehen. In diesem Kontext wiederholte er die Entscheidung, bei Wort-Gottes-Feiern auf den Kommunionempfang zu verzichten, regte gleichzeitig aber an, die Vielfalt liturgischen Betens und Feierns zu entdecken und zu pflegen.

Als zweiten Schwerpunkt nannte der Bischof, die Schwachen und Hilfesuchenden an die erste Stelle zu setzen. „Christlicher Lebensstil beginnt mit der Erkenntnis der tiefen Solidarität unter allen Menschen“, so der Bischof, der anregte: „Jede Pfarrei sollte in diesem Arbeitsjahr zumindest einen nachhaltigen Schritt der Erneuerung setzen, damit das Vorbild Christi in unseren Gemeinden besser sichtbar wird.“

Einen besonderen Stellenwert nimmt für den Bischof die Flüchtlingshilfe ein. Er dankte allen, die sich offensiv, kreativ und offenherzig dieser Herausforderung stellen. „Die biblische Haltung der Gastfreundschaft ist nicht zu beschränken auf finanzstarke Touristen“, merkte der Bischof an und gab zu bedenken, dass „es nicht die anderen sind, die unsere christliche Identität gefährden“.

Als Schwerpunkt nannte der Bischof auch den politischen Einsatz im Wahljahr. „Politische Bildung und politischer Einsatz haben mit dem Evangelium zu tun“, sagte Muser und betonte, dass die Kirche – nicht nur ihre Amtsträger, sondern das ganze Volk Gottes – nicht schweigen dürfe, wenn es um die großen Fragen menschlichen Lebens, menschlicher Unterdrückung und menschlichen Zusammenlebens geht. „Die Stimme unserer kirchlichen Verbände ist hier ganz besonders gefragt und wichtig!“, so der Oberhirte.

Ein weiterer Schwerpunkt ist für Bischof Muser ein Thema, das er seit seinem Amtsantritt immer wieder als zentral hingestellt hatte: der christliche Sonntag. „Er ist heute sicher von außen bedroht, aber noch viel mehr von innen. Der Sonntag wird uns nur dann erhalten bleiben, wenn wir ihn als Christen feiern, halten und gestalten.“

Dann kam der Bischof auf die Seelsorge in gemeinsamer Verantwortung zu sprechen. „Der Weg ist noch steinig“, gab der Oberhirte offen zu, ermutigte aber zum gemeinsamen Voranschreiten. Dazu gehören auch die Seelsorgeeinheiten. Zu „mehr Miteinander“ regte der Bischof an, was auch die Pflege der Zusammenarbeit unter den Pfarreien und die gegenseitige Hilfe und Unterstützung mit einschließt. Er gab in diesem Kontext zu bedenken, dass heute in vielen Bereichen Laien Aufgaben übernehmen, die bisher dem Priester zugeordnet waren: als Leiter und Leiterinnen von Wort-Gottes-Feiern, als Pfarrverantwortliche, bald auch als Leiterinnen und Leiter von Begräbnisfeiern.

„Es muss ein zentrales Anliegen von uns allen sein, uns gegenseitig zu ermutigen und zu bestärken. Nur das bringt uns weiter! Zur Zusammenarbeit von Priestern und Laien gibt es keine Alternative – nicht, weil wir von den Umständen dazu gezwungen werden, sondern weil wir daran glauben“, so der Bischof, der zu bedenken gab: „Wenn heute in der Beziehung zwischen Priestern und Laien einer unbedingt gewinnen will, verlieren beide.“

Der Bischof kam dann auf jene Arbeitsgruppe zu sprechen, die das Firmkonzept der Diözese überarbeiter. „Eine Firmvorbereitung, wie sie in den vergangenen Jahren in vielen Pfarreien unserer Diözese praktiziert wurde, wird es in Zukunft so nicht mehr geben“, sagte der Bischof. Künftig werde es um eine verstärkte inhaltliche Auseinandersetzung mit den Themen der Firmung gehen und um eine neue Achtsamkeit für Jugendliche auf ihrem Glaubensweg. Aus diesem Grunde wird die Vorbereitung auf die Firmung mindestens ein Jahr lang dauern.

„In unserer Diözese werde ich eine Zeit des Nachdenkens ausrufen, in der wir uns mit dem Firmkonzept beschäftigen werden und die Gestaltung der Firmvorbereitung auf allen Ebenen gut planen. In allen Pfarreien der Diözese wird deshalb in den Jahren 2020 und 2021 keine Firmung gefeiert – mit Ausnahme der Erwachsenenfirmungen und mit Ausnahme der Firmungen, die im Zusammenhang der Erwachsenentaufe gespendet werden“, so Bischof Muser .
Dann ging der Bischof auf die Kurienreform ein. Um das Zusammenleben der Sprachgruppen zu fördern, wird seit einem Jahr jedes Amt am Bischöflichen Ordinariat durch eine einzige Person geleitet – so hat es die Diözesansynode entschieden und so hat es der Bischof gewollt.

Der vorletzte Schwerpunkt in den Ausführungen von Bischof Muser war die Bischofssynode zum Thema „Jugend, Glaube und Berufungen“, die im Oktober 2018 abgehalten wird. Es geht für Bischof Muser darum, nach Wegen zu suchen, wie Jugendliche mit dem Evangelium so konfrontiert werden können, dass es für sie zur Lebensorientierung werden und ihnen helfen kann, in ihrem Leben die Gegenwart Gottes zu entdecken.

Den letzten Punkt überschrieb der Bischof mit „Der Blick auf das Wesentliche“ und ermutigte zu einer „Seelsorge des Alltags“. „Weniger Eventmentalität, vor allem bei Taufen, Erstkommunionfeiern, Firmungen, Trauungen, Beerdigungen, und mehr Substanz und Inhalt“, war sein Anliegen, denn „Kirche darf sich nicht zu viel mit sich selbst beschäftigen! Kirche hat nicht nur eine horizontale Dimension, sondern zuerst und vor allem eine vertikale“.

Abschließend dankte Bischof Muser für die Unterstützung, die Mitarbeit, das gemeinsame Unterwegssein im Glauben und ermutigte zum Zeugnis-Geben: „Josef Mayr-Nusser helfe uns, Zeugen zu sein. Das ist ,unsere einzige, schlagkräftigste Waffe‘. Das ist unser Auftrag. Dafür braucht es uns – jeden und jede, und uns alle gemeinsam.“

Nach dem Vortrag des Bischofs folgten die Ehrungen für Verdienste in der Diözese Bozen- Brixen.
Margherita Maria Vikoler hat von Bischof Ivo Muser die Diözesanmedaille und eine Ehrenurkunde erhalten für ihren langjährigen treuen Dienst im Haushalt und dann in der Pflege von Bischof Karl Golser sowie für ihre Verdienste für die Berufsgemeinschaft der Pfarrhaushälterinnen.

An Michael Vescoli wurde die Diözesanmedaille und eine Ehrenurkunde für seine 19jährige Mitarbeit im Vorstand der Katholischen Männerbewegung, die Mitgründung der Männerberatungsstelle und den Einsatz in der diözesanen Familienkommission verliehen. Der Priester Ezio Andermacher erhielt die Diözesanmedaille und eine Ehrenurkunde für seinen 19jährigen Dienst als Vizedirektor des diözesanen Missionsamtes, für seine 25 Jahre als Referent für die Altenseelsorge, seine 21 Jahre als Diözesanbeauftragter der F.A.C.I. (Federazione delle Associazioni del Clero in Italia) sowie für seinen Einsatz in der Pastoral und im Religionsunterricht.

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