Wutbürger und Falotten
Schon heute stimmt der Senat über eine Dringlichkeitsbehandlung des Leibrenten-Gesetzes ab. SVP-Senator Karl Zeller hält das Gesetz zwar für verfassungswidrig, weiß aber noch nicht, wie seine Fraktion heute votieren wird.
Von Matthias Kofler
Auf Wunsch des Movimento 5 Stelle wird der römische Senat heute über die Dringlichkeitsbehandlung des Gesetzes zu den Leibrenten abstimmen. Der Richetti-Entwurf war erst in der vergangenen Woche von der Abgeordnetenkammer gutgeheißen worden. Sollte eine Mehrheit für den Grillini-Antrag stimmen, würde die für die Behandlung des Gesetzes in der Kommission vorgesehene Zeit von 60 auf 30 Tage reduziert.
Unklar ist, ob eine Mehrheit heute für den Antrag stimmen wird. Denn PD, Lega und Movimento 5 Stelle, die in der Kammer für das Gesetz votiert haben, verfügen im Senat über keine eigene Mehrheit.
Das Zünglein an der Waage könnte die Autonomiefraktion von Karl Zeller sein, die in der zweiten Parlamentskammer 19 Mitglieder zählt. Auf Nachfrage der TAGESZEITUNG sagt der SVP-Senator aber, dass er noch nicht wisse, wie sich seine Fraktion bei der Abstimmung verhalten werde – zumal es hier noch nicht um den eigentlichen Inhalt des Gesetzes gehe, sondern um eine rein technische Frage zu den Behandlungszeiten. „Das wird lustig. Es ist klar, dass die Grillini die Chance nutzen wollen, die ihnen der PD geboten hat. Sie wollen damit die Mehrheit in Schwierigkeiten bringen. Wie auch immer die heutige Abstimmung ausgehen wird: Am Ende gewinnt immer Grillo“, ärgert sich Zeller.
Der SVP-Senator ist überzeugt, dass das Gesetz zu den Leibrenten in der aktuellen Fassung verfassungswidrig sei. Abänderungen am Gesetzestext seien dringend notwendig. Ansonsten werde seine Fraktion „sicher dagegen stimmen“.
Zeller verweist auf zwei jüngere Urteile des Verfassungsgerichts, die am Beispiel von höheren Staatsbediensteten festlegen, wann rückwirkende Kürzungen an den Pensionen rechtmäßig sein können: So müssen diese, erstens, für alle gelten, zweitens zeitlich begrenzt sein und sich drittens dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit unterordnen. Eine generelle Kürzung der Leibrenten um 40 bis 80 Prozent, wie sie der Gesetzentwurf vorsieht, sei demnach sicher verfassungswidrig, meint der SVP-Politiker. Zudem sei eine Neuberechnung der Leibrenten nach dem beitragsbezogenen System schwer umzusetzen, da die Daten zu den eingezahlten Sozialbeiträgen teilweise nicht mehr vorliegen würden.
Deshalb plädiert Zeller für eine grundlegende Umformulierung des Gesetzentwurfs: Alle heute schon ausbezahlten Leibrenten sollten mit einem Solidaritätsabschlag von zehn bis 20 Prozent versehen werden. Für die künftigen Parlamentarier soll hingegen dasselbe Pensionssystem wie für die Europa-Abgeordneten gelten. Das heißt: 1.400 Euro netto pro Legislatur mit einer Obergrenze von 5.000 Euro bei mehreren Legislaturen. „Wir Senatoren müssen jetzt die Fehler am Gesetz ausbügeln, die die Abgeordnetenkammer gemacht hat“, kritisiert der Fraktionssprecher, der in diesem Zusammenhang auch von einem „Bruch des Solidaritätspakts“ und des „Vertrauensverhältnisses“ zwischen älteren und neuen Parlamentariern spricht.
„Alles, was nicht mit Maß und Ziel angegangen wird, endet in der Blöße“, sagt Zeller. Er könne aber verstehen, dass sich die neue Generation um LH Arno Kompatscher 2014 geärgert habe, „dass die Alten ihre Schäfchen ins Trockene gebracht hatten, sie nun nichts mehr bekommen und dennoch ihren Kopf hinhalten müssen“.
Der SVP-Politiker ist überzeugt: „Egal wie viel gekürzt wird. Für die Wutbürger bleiben wir immer Falotten, auch wenn wir nur mehr 2.000 Euro verdienen. Weil das immer noch mehr ist als ihr Gehalt.“
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