Wohnung ohne Wert
Südtiroler kaufen lieber ein Haus in Innsbruck oder am Gardasee als ihr Geld im Land zu investieren – weil viele Immobilien hier den strengen Regeln der Konventionierung unterliegen.
von Silke Hinterwaldner
Für Karlheinz Ausserhofer von der Südtiroler Maklervereinigung ist das mehr als ein markiger Spruch. Provokativ fragt er: „Wird das Privateigentum in Südtirol abgeschafft?“ Seine eigene Antwort darauf: „Wenn es nach dem Willen und den langfristigen Plänen der derzeitigen Landesregierung geht, dann scheint es so. Und niemand unternimmt etwas dagegen.“
Das Problem, das der Immobilienmakler anspricht, betrifft in erster Linie Leute, die Geld haben – Investoren, aber auch Private, die ihr Erspartes lieber in Immobilien anlegen, als es auf einem Bankkonto liegen zu lassen. Nur: Sie tun sich zunehmend schwer, innerhalb von Südtirol eine passende Wohnung zu finden. Alles scheint der Konventionierung zu unterliegen – das heißt, diese Immobilien sind nur unter bestimmten Voraussetzungen und nach einem vorgeschriebenen Mietzins zu vermieten und auch Kauf oder Verkauf sind streng geregelt. „Aber“, sagt Ausserhofer, „kaum jemand will sich vorschreiben lassen, was er mit dem Wohnungseigentum zu tun hat und kauft deshalb gleich lieber etwas in Innsbruck oder am Gardasee.“
Der Hintergrund: Historisch gesehen waren rund 20 Prozent einer Wohnbau-Erweiterungszone in den Gemeinden frei verkäuflich, der Rest blieb dem konventionierten Wohnbau vorbehalten. Mit der Vertragsurbanistik hat die Politik aber ein Instrument geschaffen, das Investoren ursprünglich hoffen ließ, dass es mehr frei verkäufliche Immobilien geben werde. Das Gegenteil ist passiert. Gemeinden weisen über Vertragsurbanistik neue Wohnbauzonen aus, streichen auf diesem Weg 30 Prozent des Wertes für die neuen Baugründe für ihre Haushaltskasse ein „und lassen das gesamte Volumen auf immer und ewig konventionieren“, bemängelt der Immobilienmakler.
„Hier muss endlich jemand Klartext reden und erklären, was das für die Wirtschaft bedeutet“, fügt Ausserhofer hinzu, „das Geld fließt in die Nachbarländer ab und der Südtiroler Politik scheint das egal zu sein.“ Betroffen von diesem Trend sind freilich weniger kleine Gemeinden wie Prettau, sondern vielmehr Stadtgemeinden, in denen neue Wohnungen immer gesucht werden. Die ewige Konventionierung sollte dabei ein Schutz für einheimische Wohnungskäufer sein, die die neue Immobilie als Erstwohnsitz nutzen. Aber Ausserhofer ist überzeugt davon, dass begehrte Kubatur in den großen Gemeinden ohnehin an den Handwerker oder die Frisörin von nebenan verkauft oder vermietet würden. Und überhaupt: Warum sollte sich ein Südtiroler nicht selbst ein Ferienhäuschen in Völs anschaffen können, insofern er sich das leisten kann?
Probleme damit hätte man ausschließlich in einigen wenigen Tourismusgemeinden wie Corvara, wo Investoren von Auswärts auf den Markt drängen. „Die große Masse an Gemeinden aber“, sagt Ausserdorfer, „sollte den willigen Käufern mehr attraktive Immobilien bieten, damit diese nicht anderswo ihr Geld anlegen.“ Karlheinz Ausserhofer kommen immer wieder Klagen von Südtiroler Investoren zu Ohren, die nach passenden Wohnungen im Land suchen. Aber nicht fündig werden.
Deshalb seine Forderung: „Wohnungseigentum ohne Bedingungen und ohne Bindung an die Vorgaben des Landes muss wieder ermöglicht werden.“
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