Die Unschuldigen
Anne Fontaine hatte ihren aufwühlenden Film „Les Innocentes“ genannt. Findige Verleiher änderten den Titel in ein blasses „Agnus Dei“ um.
von Renate Mumelter
In „Die Unschuldigen“ geht es um etwas simpel Grausames, das nicht blumig umschrieben sondern nur benannt werden muss. Es geht um Klosterfrauen, denen widerfährt, was vielen Frauen weltweit widerfährt, wenn Männer (nicht alle) ihre Machtbesessenheit ausleben. Dann wird die Hosentür aufgerissen, der Penis herausgeholt, und der nächstbesten Frau gegen ihren Willen in den Leib gerammt. Das befriedigt – schwer nachvollziehbar – irgendwelche Triebe. Den Herdentrieb vielleicht, denn meist sind „Kollegen“ dabei, da will einer schon seinen Mann stehen.
Dass in Kriegszeiten die Frauen des Feindes geschändet werden, war und ist unerträglich. Heute spielt sich dieses Drama tagtäglich entlang der weltweiten Fluchtrouten ab. Vielen der Frauen kommt nicht einmal der Segen der Abtreibung zu, sie müssen das Kind austragen, eine schwere Last auch für das ungewollte Kind.
Anne Fontaine erzählt in ihrem überzeugend zurückhaltend gestalteten Film von einer wahren Begebenheit, die sich 1945 in Polen zugetragen hat. Nonnen wurden von den einmarschierenden Soldaten vergewaltigt, sieben von ihnen geschwängert. Die dicken Bäuche ließen sich noch hinter Klostermauern verbergen, als die „Schande“ aber offenkundig ist, wird sie zu einer tödlichen Gefahr für Frauen und Kinder. Eine mutige Rotkreuz-Ärztin hilft unter Lebensgefahr bei den Entbindungen. Aber die katholische Oberin scheut nicht davor zurück, die Babys umzubringen. Wegen der Schande. Strenge Gläubigkeit bringt nichts Gutes. Aber die Klugen unter den Frauen finden eine Lösung.
Agnus Dei – Die Unschuldigen (FR/PL, 2016), 115 Min., Regie: Anne Fontaine. Bewertung: sehenswert
Was es sonst noch gibt: „Free Lunch Society“ Doku über das bedingungslose Grundeinkommen. Open-Air-Kino im UFO (DI und DO). „Jahrhundertfrauen“ (DI und MI, Kaltern)
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