Die unsichtbare Gefahr
Die Informationsschwelle für Ozon wurde in den vergangenen Tagen mehrmals überschritten. Luca Verdi klärt auf, welche Auswirkungen die Ozonbelastung auf die Gesundheit hat und wie man sich schützen kann.
TAGESZEITUNG Online: Herr Verdi, zum wiederholten Male wurde die Informationsschwelle für Ozon in den letzten Tagen überschritten. Womit hängt das zusammen?
Luca Verdi (Labor für physikalische Chemie): Ozon ist ein Schadstoff, der typischerweise im Sommer aufkommt. Es ist kein primärer Schadstoff, das heißt Ozon wird nicht direkt über Verbrennungsprozesse verursacht. Es handelt sich um einen sekundären Schadstoff, das heißt, es müssen gewisse Bedingungen gegeben sein, dass sich Ozon bilden kann.
Wie sehen diese Bedingungen aus?
Es müssen primäre Schadstoffe, wie organische Kohlenwasserstoffe und Stickstoffdioxide anwesend sein. Diese Gase sind im Laufe des Jahres mehr oder weniger immer da. An heißen Sommertagen kommen aber noch die hohen Temperaturen und starke UV-Strahlung (ultraviolette Strahlung) dazu. Wenn das passiert, starten gewisse photochemische Reaktionen ausgehend von diesen primären Schadstoffen, die Ozongas bilden können. Diese meteorologischen Bedingungen sind alle Jahre vorhanden. Die Kernzeit ist normalerweise zwischen Mitte Mai und Mitte Juli. Wegen der langen Sonneneinstrahlung in dieser Zeit sind diese Bedingungen relativ stabil und langfristig gegeben. Dieses Ozon-Problem haben wir nicht nur in Südtirol, sondern überall in Norditalien, vor allem im Alpenvorraum. Erst durch Regenfälle können die Ozonwerte wieder abnehmen.
Warum treten erhöhte Ozonwert immer am Spätnachmittag und am Abend auf?
In der Poebene werden diese primären Schadstoffe in gewaltigem Ausmaß produziert und im Laufe des Nachmittags werden viele nach Norden transportiert. Aus diesem Grund haben wir meist in den Abendstunden die höchsten Ozonwerte.
Wie schädlich ist eigentlich Ozon?
Ozon ist ein sehr reaktionsfreudiges Gas. Eigentlich ist Ozon Sauerstoff, aber im Gegensatz zu Sauerstoff besteht es nicht aus zwei Sauerstoffatomen, sondern aus drei. Weil es sehr reaktiv ist, wirkt es sich beim Menschen auf die Schleimhäute und auf besonders sensibles Gewebe aus. Statistisch gesehen leiden vor allem ältere Leute, Kleinkinder und Personen mit Atemproblemen unter erhöhten Ozonwerten. Bei diesen Personen sind die Atemwege von vornherein schon sensibler, weshalb dieses reizende Gas vor allem langfristig schlimmere Folgen haben kann.
Kann es auch auf gesunde Menschen Auswirkungen haben?
Im Prinzip schon, das lässt sich nicht ausschließen. Aber das Risiko ist natürlich wesentlich geringer.
Die Ozonwerte werden meist in bestimmten Gebieten überschritten. Sind die erhöhten Werte auch für Bürger in anderen Gemeinden schädlich?
Die am schwersten betroffenen Gebiete sind das Unterland, die umliegenden Hängen bis in den Talkessel von Bozen und die Hochplateaus wie Ritten oder die Seiser Alm. Richtung Meran nehmen die Ozonwerte ab, obwohl wir in den letzten Jahren auch dort Spitzenwerte verzeichnet haben. In den anderen Tälern sind die Werte viel geringer und die Informationsschwelle wird dort nie erreicht.
Was genau bedeutet dieser Begriff „Informationsschwelle“ und welche anderen Schwellen gibt es sonst noch?
Von dieser Informationsschwelle spricht man bei einem Stundenmittelwert von 180 Mikrogramm pro Kubikmeter. Vorgesehen ist bei einem Überschreiten dieses Wertes Informationen darüber auszugeben, damit die Menschen sensibilisiert werden, die Gefahr erkennen und ihr Verhalten dementsprechend anpassen. Es gibt über diesem Wert noch eine zweite vom Gesetz vorgesehene Stufe. Diese wird als Alarmschwelle bezeichnet. Sie liegt bei einem Mittelwert von 240 Mikrogramm über drei Stunden. In Südtirol haben wir aber noch keinen Fall erlebt, bei dem dieser Wert überschritten wurde. Da es schwer ist langfristige Maßnahmen zu setzen, könnte man auch nicht mehr machen, als beim Überschreiten der Informationsschwelle.
Ab wann wird es für den Menschen gefährlich?
Das ist schwer zu sagen. Die Schwellen von 180 und 240 Mikrogramm pro Kubikmeter sind zum Schutz der Gesundheit da und somit geht durch das Überschreiten schon eine gewisse Gefahr aus.
Wie kann man sich effektiv schützen?
Es gilt immer der Ratschlag, körperliche Aktivitäten wie Turnen oder Laufen in den Abendstunden zu vermeiden. Idealer wäre es, wenn man diese sportlichen Aktivitäten morgens ausüben würde. Die meisten Leute betreiben aber Sport am Abend, was natürlich nicht ideal ist. Eine körperliche Belastung in diesen Stunden kann die Atemwege beeinträchtigen. Als einzelner Mensch kann man aber kaum Vorkehrungen treffen. Auf globaler Ebene müsste bei den Produktionsprozessen angesetzt werden – was zum Teil auch getan wird – um die Emissionen zu minimieren. So etwas muss politisch passieren und von Europa gesteuert werden und nicht etwa von Bozen.
Interview: Florian Niedermair
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